Es wäre töricht, nicht mit Wissenschaftlern zu sprechen

Vier Fragen an… Sebastian Mondial

Sebastian Mondial (Foto: Raphael Hünerfauth)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Die aktuelle Herausforderung könnte darin liegen, dass es zwar immer mehr Daten gibt, aber viele Datenjournalisten aus ökonomischen und strukturellen Gründen den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Also sich um Themen kümmern, bei denen die Daten einfach erschließbar sind. Ich persönlich arbeite seit 2007 im Journalismus und habe es häufiger erlebt, dass die einfacheren Themen mehr Spaß machen und man aus dem Unterbewusstsein heraus die Schwierigen liegen lässt. Das ist ein Phänomen, mit dem man sich auseinandersetzen sollte: Ob es sich nicht doch lohnt, auch Sachen zu machen, die nicht so gemütlich sind. Weiterlesen

Deutschland in der Nachholphase

Vier Fragen an… Patrick Stotz

Patrick Stotz (Foto: Benjamin Richter)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Zuallererst: die Verfügbarkeit von Daten. Es gibt in Deutschland im internationalen Vergleich nicht allzu viele offene Datensätze – die USA und Großbritannien sind zum Beispiel hier viel weiter. Außerdem fehlen in Deutschland häufig Vorkenntnisse, und die Infrastruktur in den Redaktionen ist noch nicht da, beziehungsweise im Entstehen. Es gibt Journalisten, die das Thema für sich entdeckt haben. Sie sehen sich dann vielen Tools gegenüber, haben aber nur geringe Erfahrung in ihrem Umgang. Gesellschaftlich habe ich nicht das Gefühl, dass die Leute Datenjournalismus stark nachfragen – insbesondere nicht jenen, der über die Standardkarten und -grafiken hinausgeht. Insgesamt ist Deutschland in einer Nachholphase. Man muss gucken, was in den anderen Ländern passiert und davon lernen. Weiterlesen

Im Land der unbegrenzten Daten

Vier Fragen an… Jennifer LaFleur, Senior Editor Center of Investigative Reporting

Jennifer LaFleur (Foto: Raphael Hünerfauth)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland – auch im Unterschied zu den USA?
Nicht alle Daten, die einmal erhoben wurden, sind öffentlich verfügbar. Grund dafür ist vor allem Datenschutz. Es ist verständlich, dass die Leute ihre privaten Daten schützen wollen. Aber uns bindet das die Hände. Eine vollständige Recherche ist unter diesen Bedingungen kaum möglich. In Deutschland ist das noch schwieriger als in den USA, aber ich denke, das wird sich bessern. Technisch gibt es kaum noch Grenzen: Man braucht nicht mehr als einen Laptop und ein einfaches Programm und jeder kann Daten analysieren – auch ohne teure Software. Weiterlesen

Die Diskussion nach Snowden weitertragen

Vier Fragen an… Kristian Kersting, Informatik-Professor an der TU Dortmund

Kristian Kersting (Foto: Benjamin Richter)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Eine Herausforderung ist die Beschaffung der Daten. Das ist aber ein generelles Problem, das nicht nur in Deutschland auftritt. Technisch gesehen muss ein Datenjournalist auf zwei Hochzeiten tanzen: Er muss sowohl das journalistische Handwerk beherrschen als auch vor Daten und deren Analyse keine Angst haben. Das sind Themen, die Journalisten in einer Ausbildung nicht unbedingt lernen. Ich kann mir außerdem vorstellen, dass die Probleme der Datenbeschaffung nicht immer bekannt sind. Dafür, dass sowas schon mal dauern kann, könnten einige Redaktionsleiter zum Beispiel kein Verständnis haben. Weiterlesen

Schluss mit „jeder gegen jeden“

Panel „Neue Netze, alte Seilschaften – Wie Freie kooperieren können“ mit Marco Heuer, Marcus von Jordan, Moderator Benno Stieber, Kathrin Breer und Tamara Anthony (v.l.n.r., Foto: Wulf Rohwedder)

Konkurrenz ist in die DNA des Journalismus eingeschrieben. Trotzdem vernetzen sich im Internetzeitalter immer mehr Journalisten und arbeiten zusammen. Vier Projekte zeigen, wie das funktionieren kann.

Über Ländergrenzen hinweg Recherchepartner finden oder bei anderen Journalisten übernachten? Wie das geht, führte Tamara Anthony mit der Internetplattform hostwriter vor. „Die Grundidee ist Zusammenarbeit statt Konkurrenz“, sagte sie. Sie ist eine der Gründerinnen der Plattform. Sie hält nichts vom Kampf um jede Information: “Journalisten können gut zusammenarbeiten und sich beispielsweise über bereits gemachte Interviews austauschen.“ Mittlerweile gebe es schon Partnerorganisationen in verschiedenen Ländern, die das Projekt unterstützen. Eine Hürde hat hostwriter allerdings: Bevor weltweit Kontakte gesucht und Geschichten geteilt werden können, muss sich jedes Mitglied als Journalist akkreditieren. Auf diese Weise wollen sie verhindern, eine reine PR-Plattform zu werden. Weiterlesen

„I want to show it“

Panel „Echter als echt“ mit Jan Feindt und Josh Neufeld (Foto: Franziska Senkel)

Echter als echt: Comics als Medium für harte Geschichten.

„Comics Journalism“ – der Name ist Programm. In Deutschland sind in einem Comic verpackte journalistische Recherchen bisher allerdings kaum zu finden. Anders in Amerika: dort taugt das Format sogar zum Bestseller.

Ende August 2005 richtete der Hurrikan Katrina in den USA erhebliche Schäden an. Die Auswirkungen auf fünf Bürger New Orleans hat Josh Neufeld in einem ungewöhnlichen Format erzählt: in einem journalistischen Comic. Für „A.D.: New Orleans After the Deluge“ sammelte der Amerikaner Fakten rund um „Katrina“. Anhand von Berichten aus Zeitungen, Magazinen und Blogs rekonstruierte er die Geschehnisse in der Stadt; er sprach ausführlich mit den späteren Protagonisten seines Comics und bekam von ihnen Fotos. Zudem hatte er als freiwilliger Helfer in den Wochen nach dem Sturm auch seine eigenen Erfahrungen vor Ort gemacht. 2007 begann Neufeld dann, diese Informationen in Zeichnungen festzuhalten. Diese wurden zunächst als Web-Comic im Smith Magazine (http://www.smithmag.net/afterthedeluge/) veröffentlicht, 2009 dann auch als Buch herausgebracht. Weiterlesen

Die große Schwester der Krautreporter

Monika Bäuerlein (Foto: Wulf Rohwedder)

Journalistin aus Leidenschaft: Die Münchenerin Monika Bäuerlein steht an der Spitze von „Mother Jones“. Das US-Magazin ist seit 1976 das, wovon viele deutsche Journalisten noch träumen: ein gemeinnütziges Print- und Online-Journal auf solider finanzieller Basis. Wird so auch in Deutschland die Zukunft des Journalismus aussehen?

Die Beerdigungsglocken haben geläutet, der Grabstein war in Arbeit. Als in den vergangenen Jahren eine Zeitung nach der anderen starb, schien der Journalismus am Ende. Doch die Nachrufe auf den Recherche-Journalismus wurden zu früh geschrieben, da ist sich Monika Bäuerlein sicher. Die Chefredakteurin des US-Magazins „Mother Jones“ (www.motherjones.com) glaubt an die Wiedergeburt der Recherche. Weiterlesen

Rückblick nr-Jahreskonferenz 2014

Dokumentation & Projekte:

Blog14: nrch.de/blog14
Konferenzzeitung “Nestbeschmutzer”: nrch.de/nestbe14
Mitschnitte: isarrunde.de/nr14
nr14-Pad: nrch.de/pad14
Frag den Dienst – nr-Generator für Auskunftsersuchen bei Geheimdiensten: nrch.de/fragdendienst
nr-Auskunftsrechte-Datenbank “Urteile zu Landespressegesetzen”: nrch.de/auskunftsrecht
E-Book “Datenjournalismus ’14 und weitere Schwerpunkte der nr-Jahreskonferenz”

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Wem gehören die Medien? …und wer kontrolliert sie?

Panel „Wem gehören die Medien?“ mit Fritz Wolf, Tabea Rößner, Nikolaus Brender, Moderatorin Ingrid Scheithauer, Karl-E. Hain und Uwe Grund (v.l.n.r.; Foto: Sebastian Stahlke)

Macht und Einfluss in den öffentlich-rechtlichen Sendern: Die Diskussion ist noch lange nicht vorbei.

Einer der Anlässe der viel diskutierten Frage bot sich im im November 2009. Der Vertrag des damaligen ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender wurde nicht verlängert, da sich der Verwaltungsrat quer stellte. Die Mitglieder des Gremiums gehören mehrheitlich der CDU an. Im März dieses Jahres forderte das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil eine „inhaltliche Vielfaltssicherung“ und mehr „Staatsferne“ seitens der Aufsichtsorgane.

Dem stimmt Nikolaus Brender zu. Die Frage,welche gesellschaftlichen Gruppen im Rundfunkrat repräsentiert sein sollten, muss ihm zufolge neu ausgehandelt werden, denn es gebe weder Migranten noch Arbeitslose in dem Gremien. Es werde so getan, als habe sich die Gesellschaft in den letzten 50 Jahren nicht geändert. Weiterlesen

Die Möglichmacher

Panel „Stipendium zur Geschichte“ mit Egmont R. Koch, Kristina Milz und Michael Billig (v.l.n.r.; Foto: Sebastian Stahlke)

Drei Geschichten, drei Förderungen: Durch das Stipendium von Netzwerk Recherche verwirklichten diese Journalisten ihre Ideen.

Mal eben nach Quatar fliegen und sich die Wohnsiedlungen der Arbeiter anschauen, die dort für deutsche Firmen schuften? Das schien der Journalistin Kristina Milz zuerst unmöglich. Als Praktikantin des Magazins „Zenith“ musste sie sich deshalb etwas einfallen lassen, um ihre Recherche zu finanzieren. Sie bewarb sich für ein Stipendium von Netzwerk Recherche – und saß nur wenige Wochen später im Flieger.

Unbürokratisch und unmittelbar soll die Unterstützung für Journalisten sein. Kristina Milz sagt: „Ohne das Stipendium hätte ich die Menschenrechtsverletzungen in Quatar nicht so konkret mit Beispielen belegen können.“ Nr-Stipendienbeauftragter Egmont Koch geht es dabei nicht nur um Geld. Er stellt Recherchierenden auch Mentoren an die Seite, die helfen, beraten und begleiten. Wann immer eine Geschichte eine neue Wendung nimmt oder überraschende Recherchehindernisse auftauchen, ist der Mentor da. Weiterlesen

Nestbeschmutzer

Die Tagungszeitung „nestbeschmutzer“ kann hier als PDF heruntergeladen (Größe 7,7 MB) oder online eingesehen werden.

Der Cybersoldat im Cyberkrieg

Panel „Was hat Snowden mit uns gemacht? – Und was machen wir mit Snowden?“ mit Luke Harding, Katja Gloger, Elmar Theveßen, Georg Mascolo und Moderatorin Annette Dittert (v.l.n.r., Foto: Raphael Hünerfauth)

Ein gutes Jahr ist nach Edward Snowdens Enthüllungen vergangen, ein Jahr in dem das Thema die Berichterstattung so bestimmt hat wie kein anderes. Unter Leitung von Moderatorin Annette Dittert diskutieren Journalisten zum Thema „Was hat Snowden mit uns gemacht? – Und was machen wir mit Snowden?

Georg Mascolo, Leiter des Rechecherverbundes von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung, sagt: Journalisten haben durch Snowdens Enthüllungen festgestellt, dass „jede Email, jeder Anruf ein Risiko ist“. Dies sei ein „Zustand, der untragbar ist“. Das System der NSA sei kein Einzelfall, denn es „ist ein Prinzip, dass alle Staaten anwenden – nicht nur die USA“.

Für die USA ist Snowden kein Whistleblower. Elmar Theveßen, stellvertretender Chefredakteur des ZDF sagt: „Aus Sicht der USA ist Snowden ein Fahnenflüchtiger“. Fahnenflüchtiger? Das klingt nach Krieg: „Edward Snowden ist ein Cybersoldat im Cyberkrieg der USA, ein Munitionssammler im Netz“, fügt Georg Mascolo hinzu. Weiterlesen

„Wir glauben zu sehr an die Worte alter Männer“

Panel „Streitfall Ukraine – Was läuft schief in der Berichterstattung?“ mit Natascha Fiebrig, Uwe Klußmann, Jörg Eigendorf, Katja Gloger und Moderator Volker Weichsel (v.l.n.r., Foto: Sebastian Stahlke)

Was ist schief gelaufen an der Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt? Über diese Frage wurde im Panel heftig diskutiert. Natascha Fiebrig (1+1, ukrainischer TV-Sender), Uwe Klußmann (Spiegel), Jörg Eigendorf (Welt) und Katja Gloger (Stern) offenbarten in der Runde vor allem eins: Dass man schlecht gemeinsam über die Berichterstattung sprechen kann, wenn die Interpretation der Ereignisse ganz Unterschiedliche sind.„Wir werden Fakten diskutieren müssen“, begann Moderater Volker Weichsel (Herausgeber von „Osteuropa“) die Debatte. Doch genau hier lag das Problem: Die Faktenlage ist offenkundig alles andere als eindeutig. Das labile Machtgefüge zwischen der schwachen Zentralgewalt in Kiew und den pro-russischen Gebieten im Osten lässt eine Vielzahl von Interpretationen zu. Und so wurden zunächst vier Sichtweisen auf den Konflikt vorgestellt.

„Auf dem Maidan fand eine Revolution der Würde statt“, begann Natascha Fiebrig. Dann habe Russland die Krim annektiert und heize seitdem den Konflikt an. Fiebrig kritisierte die mangelnde Unterstützung der Belange der Ukraine von Seiten der EU.

Der Exot unter den Anwesenden war Uwe Klußmann – zumindest, was seine Einschätzung der Situation anbelangt. Klußmann ist Historiker, schreibt für den „Spiegel“ und war für das Nachrichtenmagazin zehn Jahre lang Korrespondent in Moskau. Seine These: „Der ukrainische Staat wurde von den Nationalisten auf dem Maidan außergerichtlich hingerichtet.“ Für Aussagen wie diese steckte er eine Menge Kritik ein. Aber es störte ihn nicht. „Damit kann ich leben.“ Weiterlesen

Journalismus aus dem Vogelhaus

An der Brille, im Post-Paket oder im Röhrenfernseher: Immer häufiger setzen Journalisten bei der Recherche technische Geräte wie versteckte Kameras oder GPS-Tracker ein. Auch Mirko Mikelski und Christian Salewski setzen auf Gadget-based reporting. Sie berichten von ihren Erfahrungen und erklären, worauf man achten muss.  Weiterlesen

Mobile Reporting – eine Anleitung zum trimedialen Arbeiten mit dem Smartphone

Panel „Mobile Reporting – Trimedial arbeiten mit dem Smartphone” mit Marcus Bösch (Foto: Sebastian Stahlke)

Wie kann ich mit dem Smartphone Fotos, Audios und Videos aufnehmen? Welche Programme gibt es? Welche Schnittsoftware sollte ich verwenden? Marcus Bösch gibt Antworten.Marcus Bösch ist Mr. Mobile Reporting. Nach einem trimedialen Volontariat bei der Deutschen Welle arbeitet er als freier Redakteur, Autor und Dozent. Er ist Geschäftsführer des Game-Studios „The Good Evil“ und entwickelt News Games. Seine Empfehlungen in aller Kürze:

Die Voraussetzungen:

  • Externe Akkus verwenden und Batterien, um dauerhaft Energie zu haben
  • Strom checken
  • Internetempfang
  • Auf Datentarif achten
  • Zwei Smartphones sind besser als eines.

Die Qualität: Weiterlesen

Tausche Couchplatz gegen Kontakte – hostwriter.org

Panel „Hostwriter – Weltweit kooperieren“ (Foto: Raphael Hünerfauth)

Die junge Plattform hostwriter.org will weltweit Journalisten vernetzen und so Rechercheallianzen ermöglichen.

Freie Journalisten haben heute viele Probleme, aber auch eine große Chance. Wie diese aussehen könnte, erläuterten Sandra Zistl, Tabea Grzesyk und Tamara Anthony, Journalistinnen und Gründerinnen von hostwriter.org auf ihrer Info-Veranstaltung. Auf der Internetplattform möchten sie Journalisten dazu ermutigen, miteinander zu kooperieren – und dabei nicht nur Schlafplätze für Recherchereisen zur Verfügung zu stellen. Wenn es nach den drei Gründerinnen geht, dann könnte in Zukunft ein großes globales Netz entstehen. In diesem greifen Journalisten bei ihren Recherche-Projekten auf Wissen und Kontakte lokal ansässiger Kollegen zurück und helfen sich bei Fragen gegenseitig weiter – gewinnen sollen dabei alle. Kooperation statt Konkurrenz lautet die Maxime hinter der stiftungsgeförderten Plattform. Weiterlesen

„Natürlich scanne ich alles“ – Sonja Peteranderl

Panel „Social Criminals – Dealer, Gangs und Kartelle im Internet“ mit Moderator Albrecht Ude und Sonja Peteranderl (Foto: Wulf Rohwedder)

Die Journalistinnen Sonja Peteranderl und Julia Jaroschewski haben mit ihrem Projekt BuzzingCities.net die Favelas von Rio in den Fokus genommen. Auch in ihrer sonstigen journalistischen Arbeit stehen für sie meistens genau die Orte auf dem Plan, die andere wohl eher meiden – wie zum Beispiel die als „gefährlichste Stadt der Welt“ in die Schlagzeilen gekommene Ciudad Juarez in Mexiko. Deren Kartellbosse sind genau wie die Bewohner der Favela immer öfter auch im Internet zu finden. Im Gespräch berichtet Peteranderl von der Sicherheit im Netz und auf den Straßen der Favelas. Jaroschewski liegt mit akutem Jetlag im Bett, erst am Vortag sind die beiden in Deutschland angekommen.

Frau Peteranderl, Sie wohnen zusammen mit Frau Jaroschewski in Rocinha, dem größten Favela in Rio de Janeiro. Außerdem recherchieren Sie online, wie Kriminelle im Internet kommunizieren, Drogengeschäfte abwickeln oder mit Waffen posieren. Haben Sie keine Angst? Weiterlesen

„Erst Mensch, dann Journalist“ – Michael Obert

Panel „Im Reich des Todes” – Die Recherchen des Leuchtturm-Preisträgers 2013 mit Michael Obert und Moderatorin Katharina Finke (Foto: Sebastian Stahlke)

Michael Obert hat mit Folterern in Ägypten und Terroristen von Boko Haram in Nigeria gesprochen. Seine Reportagen sind preisgekrönt, vor kurzem feierte er sein Regiedebüt. Ein Porträt über einen Mann, der schon komplett in einer anderen Welt eingetaucht war und erst spät seine wahre Profession gefunden hat.

Es ist ein Schlag ins Gesicht gewesen und ein harter Bruch. So beschreibt Michael Obert das Aufwachen eines Morgens in Paris im Jahr 1993.

Er hatte das, wovon viele Betriebswirte träumen: einen gutbezahlten Job, Dienstwohnung und Dienstwagen – das Leben eines erfolgreichen Managers. Doch dann kam die traumatische Erfahrung, in der Michael Obert realisierte, dass er ein interessenloser Mensch war, der mehr in seinen Beruf rein gerutscht war, als ihn zu wählen. Statt wieder jeden Tag ins Büro zu fahren, buchte er sich ein Flugticket nach Südamerika. Zwei Jahre lang tourte er durch den Kontinent und erkannte dort, was er wirklich wollte: Geschichten erzählen. Weiterlesen

You’ll never walk alone – Recherchekooperationen

Altes Prinzip im neuen Gewand: Das „Experiment“ Recherchekooperation – Redaktionsübergreifende Recherche ist derzeit en vogue. Aber ist sie wirklich journalistisches Neuland? Bericht aus zwei Veranstaltungen

Podium: „Mafia-in-Deutschland.de -eine Recherchekooperation von Spiegel, WAZ, WDR und IRPI“

Panel „Mafia-in-Deutschland.de – Eine Recherchekooperation von Spiegel, WDR, WAZ & IRPI“ mit Anna Maria Neifer, Cecilia Anesi, Jörg Diehl, David Schraven und Moderator Jochen Becker (v.l.n.r., Foto: Wulf Rohwedder)

Stellen zwei Journalisten unterschiedlicher Medien bei ihrer Recherche fest, dass sie am selben Thema dran sind, haben sie zwei Möglichkeiten: gegeneinander arbeiten, oder miteinander. Jörg Diehl und David Schraven haben sich entschlossen, die Geschichte „Mafia in Deutschland“ miteinander zu machen – „weil wir uns so gut kannten“, sagt Jörg Diehl, Chefreporter bei Spiegel Online. Beide Journalisten waren in der Recherche schon weit fortgeschritten. Gemeinsam mit WDR-Volontärin Anna Neifer hat Schraven im Recherchepool der Funke-Mediengruppe ein Dokument mit Mitgliedern und Kontakten der Mafia in Deutschland zusammengestellt. Diese Datenbank hat der Spiegel ausgewertet. Gemeinsam mit dem WDR-Format „die story“ konnten Neifer, Schraven und Diehl ihre Geschichte um die Mafia in Deutschland auf allen Kanälen streuen – im Internet, im Spiegel, im WDR. Als sich die Recherchen nach Italien ausweiteten, holte man Cecilia Arnesi von „Investigative Reporting Project Italy“ (IPRI) dazu.
„Mafia in Deutschland“ ist das Ergebnis einer einmaligen Kooperation zwischen befreundeten Journalisten, die zufällig am gleichen Thema dran waren. Die Komplexität der Geschichte forderte mehrere Köpfe, die exklusive Geschichte sollte multimedial aufbereitet werden. Weiterlesen

Die undankbare Arbeit der Stringer

Panel „Handlanger und Lebensretter – Über die gefährliche Arbeit von Stringern in Krisengebieten“ mit Ahmed Jimale, Moderator Lutz Mükke und Joanna Itzek (v.l.n.r., Foto: Raphael Hünerfauth)

Mogadischu, 1992 – In Somalia herrscht Ausnahmezustand: Ein Großteilteil der Bevölkerung ist vom Hungertod bedroht, während sich die verfeindeten Clans erbitterte Kämpfe liefern und sich das Scheitern der UN-Mission abzeichnet. In einem solchen Chaos kann sich ein ausländischer Journalist nur mit der Unterstützung eines Einheimischen zurecht finden – den Stringern. Ahmed Jimale war einer von ihnen.

Sein erster Kontakt zur westlichen Medienwelt kam durch einen Zufall zustande: Albrecht Reinhardt, damaliger Leiter des ARD-Studios Nairobi war vor Ort und auf der Suche nach Mietwagen für sich und sein Filmteam. Ein Freund Jimales war Autovermieter, sprach allerdings kein Englisch. Also bat er Jimale, für ihn als Dolmetscher in den Verhandlungen mit den ARD-Journalisten auszuhelfen. Nach Abschluss des Autogeschäfts fragte ihn Reinhardt, ob er nicht noch bleiben und für ihn arbeiten wolle. Nachdem sich Jimale als vertrauenswürdiger Ortskundiger erwiesen hatte, wollte er  selbst filmen – und bekam spontan eine Kamera in die Hand gedrückt. „Dabei wusste ich leider überhaupt nicht, wie man so ein Ding bedient“, sagt er und lacht. Nur Wochen später sollte sein Filmmaterial von den Kämpfen in Mogadischu um die Welt gehen. Weiterlesen

Die Quotenfrau

Panel „Jung, weiblich, digital – Bestimmen Frauen die Online-Zukunft?“ mit Frauke Böger, Barbara Hans, Anita Zielina (v.l.n.r., Foto: Franziska Senkel)

Ginge es nach Frauke Böger von taz.de, hieße das Arbeitsmotto der deutschen Redaktionen: „Qualität statt Quote“. Fragt man dagegen Annette Bruhns von „ProQuote“, gäbe es schon lange eine verbindliche Frauenquote in deutschen Redaktionen.

Die beiden Frauen, jung, weiblich und digital unterwegs, bilden Gegenpositionen in einer Debatte, die seit über zwei Jahren Deutschland polarisiert: die Frage nach der Quotenfrau. Die auch vor dem Journalismus nicht Halt macht. Nicht vor Print-Redaktionen. Nicht vor Online-Redaktionen.

„Die Debatte um die Frauenquote an sich ist wichtig“, sagt Barbara Hans. „Man muss sich heutzutage rechtfertigen, wenn man keine Frauen beschäftigt.“

Trotzdem sind Frauke Böger (taz.de), Barbara Hans (Spiegel Online) und Anita Zielina (stern.de) gegen eine Frauenquote nach Bruhns‘ Vorstellungen. Mehr Frauen in Führungspositionen, das ja, aber bitte ohne „Alibi-Quote“, wie Anita Zielina sie nennt. Stattdessen müssten bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es Frauen ermöglichen, Beruf und Familie zu vereinen. Weiterlesen

Grüße aus Sotschi

Arnold van Bruggen (Foto: Raphael Hünerfauth)

Zwei Niederländer berichten seit fünf Jahren über Sotschi und die angrenzenden Länder. Anstatt nur auf Spenden zu setzen, konzipierten sie Bücher und Fotoalben, um ihr Projekt nachhaltig zu finanzieren. Ihren treuen Lesern schickten sie Postkarten.

Arnold van Bruggen und Rob Hornstra kamen gerade aus Abchasien zurück, da verkündete Vladimir Putin, in Sotschi würden 2014 die Olympischen Winterspiele ausgetragen. Die beiden Reporter konnten sich nur wundern. Sotschi? Ein Bezirk in unmittelbarer Nähe zu Abchasien und Georgien, einer Pulverfassregion, geringer Lebensstandard, kaum Industrie.   Inmitten in einer umstrittenen Region. Das wollten die beiden Niederländer weiterverfolgen. Das war 2007. Es war der Startschuss für „The Sochi Project“, dem ersten Crowdfunding Projekt in den Niederlanden, das 2009 begann und noch nicht beendet ist. Weiterlesen

Rechtsschutz vor dem Ruin

Panel „David gegen Goliath – Welchen Schutz brauchen Blogger und freie Journalisten?“ mit Mats Schönauer, Stephan Zimprich, Moderator Benno Stieber und Hubert J. Denk (v.l.n.r., Foto: Raphael Hünerfauth)

Blogger und freie Journalisten haben keine Rechtsabteilung eines Verlages im Rücken, um sich gegen aggressive Anwälte und deren Klagen zu schützen. Das kann in Extremfällen zum finanziellen Untergang führen – doch es gibt Wege, sich zu wehren.

Die journalistische Nahtoderfahrung des Hubert Denk begann mit dem Brief einer Anwaltskanzlei. Betreff: Unterlassungsklage. Ein bayerischer Unternehmer wollte Denk juristisch dazu verdonnern, dass sein Artikel über eine Parteispende nicht mehr verbreitet wird. Der freie Journalist aus Passau bat die Redaktion einer bayrischen Zeitung um Hilfe, die den Text veröffentlicht hatte. „Doch die unterschrieben die Unterlassungserklärung einfach und damit war das Thema für die erledigt“, erinnert sich Denk. Rechtliche oder finanzielle Unterstützung für den langjährigen freien Mitarbeiter? Fehlanzeige. Denk musste sich selbst einen Anwalt nehmen und verlor den ersten Rechtsstreit. Doch er wollte es darauf ankommen lassen, ging in die Revision – und riskierte seinen Ruin. „Ich hatte kein Geld für ein Hauptverfahren, das waren Kosten von über 8000 Euro.“ Nur dank der Hilfe von einigen betuchten Passauern konnte Denk um sein Recht kämpfen. „Wenn das nicht geklappt hätte, wäre ich existenziell vernichtet.“ Das Gericht gab ihm am Ende recht, der Unternehmer verlor und musste die Kosten tragen. Weiterlesen

Verschlossene Auster

Laudator Alfons Kifmann, ehemalige ADAC-Sprecher (Foto: Sebastian Stahlke)

Die „Verschlossene Auster“, der traditionellen Preis für den Informations­blockierer des Jahres, geht 2014 an den ADAC. Die Journalistenorganisation Netzwerk Recherche würdigt damit das Verhalten des Automobilclubs nach den Enthüllungen über Manipulationen beim „Gelben Engel“, dem vom ADAC ausgelobten Autopreis.

„Selten hat ein Preisträger so ‚überzeugend‘ auf kritische Berichterstattung reagiert wie der ADAC nach den ersten Berichten über Missstände beim ‚Gelben Engel‘“, so Netzwerk Recherche in der Begründung. Anstatt aufzuklären, habe der ADAC nach den ersten Enthüllungen in der „Süddeutschen Zeitung“ die Medien pauschal diffamiert. Bei der Preisverleihung des „Gelben Engels“ im Januar 2014 hatte der damalige ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair die Recherchen eine „Schande für den Journalismus“ genannt.

„Als solche robusten Dementi nicht länger haltbar waren, hat sich die ADAC-Führung zwar entschuldigt, Fehler und Defizite wurden aber weiterhin nur scheibchenweise eingestanden“, heißt es in der Begründung weiter: „Bis heute ist von der angekündigten Transparenz bei Deutschlands größtem Verein noch nicht viel zu spüren.“ Weiterlesen

„Glauben Sie nie dem Archivar“

Panel „Recherchen im Gestern – Wie man historische Themen anpackt“ mit Henning Sietz, Moderator Egmont R. Koch, Rosalia Romaniec und Ingolf Gritschneder (v.l.n.r., Foto: Sebastian Stahlke)

Wie wühlt man sich durch unsauber archivierte Akten, wie kommt man an Zeitzeugen? „Recherche im Gestern“ ist kein angestaubtes Thema, sondern aktuell und gefragt wie nie. Die freien Journalisten Ingolf Gritschneder, Rosalia Romaniec und Henning Sietz berichteten von ihren Recherchen zur Zeitgeschichte.

Fast wäre seine Recherche schon am Archivar gescheitert. „Alle zwei Jahre kommt ein Journalist und fragt danach. Haben wir aber nicht“, hieß es beim Staatsarchiv in München, in dem eigentlich Akten über ein Attentat auf Adenauer im Jahr 1952 lagern sollten. Henning Sietz, als freier Journalist vor allem für die FAZ und DIE ZEIT unterwegs, war in einer Jahreschronik auf eine Notiz über das Attentat gestolpert. „Man wusste nichts darüber und das hat natürlich mein Interesse geweckt“, erzählt Sietz.

Er wälzte alte Zeitungen. Die Berichterstattung über die für Adenauer bestimmte Paketbombe, die im Polizeipräsidium München beim Versuch der Entschärfung explodierte und den Sprengmeister in den Tod riss, war nur kurz ein Thema. Sietz suchte nach den Ermittlungsakten zum Fall. Doch im Staatsarchiv München konnte man ihm nicht helfen, auch aus dem Adenauer-Haus in Bonn kam zunächst nichts Verwertbares. Doch nachträglich trudelte ein Brief ein mit einem Dokument, auf dem der Name des damaligen Ermittlungsleiters stand. Sietz machte ihn ausfindig – und der wiederum wusste noch genau, wie er die Akte damals beschriftet hatte: nicht mit „Attentat auf Adenauer“, sondern mit „Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz“. So kam Sietz doch noch an die Polizeiakte und machte aus dem Fall ein Buch. „Glauben Sie dem Archivar nie, wenn er sagt, dass er die Akte nicht hat“, resümiert Sietz. Im Staatsarchiv München treffe an manchem Tag gern mal ein ganzer Möbelwagen neuer Akten ein. „Die meisten Archivare können gar keinen Überblick über ihre riesigen Bestände haben.“ Weiterlesen

Was ist uns Recherche wert? USA und Deutschland im Vergleich

Vor einigen Jahren bereits wurde in den USA und in Deutschland der Tod des Investigativjournalismus‘ vorhergesagt. Bis Wikileaks und die Snowden-Dokumente veröffentlicht wurden. Heute liegt im Investigativen Journalismus die große Hoffnung der Journalismus. Vier Größen beider Länder blicken zurück und nach vorn.

Panel „Was ist uns Recherche wert? – USA und Deutschland im Vergleich“ mit Georg Mascolo, Seymour Hersh, Moderatorin Brigitte Alfter, Monika Bäuerlein und Andrew Lehren (Foto: Wulf Rohwedder)

Deutsche Investigativjournalisten haben einen guten Ruf als die ‚vierte Macht‘, sind untereinander aber gnadenlos. Dagegen heisst es von den US-Amerikanern, sie wühlten im Dreck und hinterließen verbrannte Erde – allerdings würden sie untereinander stärker zusammenhalten. So weit die Vorurteile.

Trotz der verschiedenen Kulturen war die Tendenz in beiden Ländern lange Zeit eindeutig: Wer investigativ arbeiten wollte, musste es entweder in seiner Freizeit tun oder seine Arbeit im Hamsterrad verringern, um recherchieren zu können. Wegen Geldmangels und großer Orientierungslosigkeit verblasste der Recherchejournalismus neben vermeintlich ertragreicheren Gattungen. Sowohl in Deutschland, als auch in den USA lagen die Grabreden für den „research journalism“ bereits in den Schubladen. Weiterlesen

„Verschlossene Auster“ 2014 geht an den ADAC

Die „Verschlossene Auster“, der traditionellen Preis für den Informations­blockierer des Jahres, geht 2014 an den ADAC. Die Journalistenorganisation Netzwerk Recherche würdigt damit das Verhalten des Automobilclubs nach den Enthüllungen über Manipulationen beim „Gelben Engel“, dem vom ADAC ausgelobten Autopreis. „Selten hat ein Preisträger so ‚überzeugend‘ auf kritische Berichterstattung reagiert wie der ADAC nach den ersten Berichten über Missstände beim ‚Gelben Engel‘“, so Netzwerk Recherche in der Begründung. Anstatt aufzuklären, habe der ADAC nach den ersten Enthüllungen in der „Süddeutschen Zeitung“ die Medien pauschal diffamiert. Bei der Preisverleihung des „Gelben Engels“ im Januar 2014 hatte der damalige ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair die Recherchen eine „Schande für den Journalismus“ genannt. Weiterlesen

Dienstleister oder Newsmaker

Panel „Datenfeuerwerke: So gelingen Weltklasse-Visualisierungen“ mit Gregor Aisch, Moritz Stefaner, Sylke Gruhnwald und Benjamin Wiederkehr (v.l.n.r., Foto: Benjamin Richter)

Geht es nach Gregor Aisch, sind Grafiker nicht länger Dienstleister: Früher ließen sich Redakteure Infografiken für ihre fertigen Geschichten bauen, heute entstehen aus Infografiken Geschichten. „Das ist anders als bei einem Fotografen, der vielleicht doch primär die Aufgabe hat, ein Foto zum Text zu liefern“, sagt Aisch. Grafikredakteure wie Gregor Aisch sind selbstständiger und kreieren eigene Stories. Anders als der klassische Journalist starten sie nicht immer mit einer Recherchehypothese: Sie finden ihre Geschichten in den Daten. Weiterlesen

Was machen wir hier eigentlich?

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Aktivismus ist unter Journalisten offenbar nicht gerne gesehen. Trotzdem ist er für deren Arbeit vielleicht unerlässlich. Fünf Aktivisten diskutieren über Journalismus – oder umgekehrt.
Wer auf dem Netzwerk Recherche-Podium in der Mitte sitzt, ist der Journalist unter Journalisten. Derjenige, der moderiert und also moderat bleibt. Neutral. Für eine Moderatorin war Anja Reschke sehr engagiert. Fiel aus ihrer Rolle und hatte ja doch – übrigens! – auch noch etwas zu sagen, was eigentlich eher auf die andere Seite gepasst hätte, auf die der Diskutanten. Genau um dieses geht es ja auf dem Podium.
Denn ein Journalist ist nicht bloß Beobachter. Er hat als Berichterstatter etwas zu einem Thema zu sagen. Schließlich sollen Journalisten zur Meinungsbildung beitragen. Der Begriff „Aktivist“ ist jedoch eher verpönt, auf dem Podium wie im Plenum. Dafür sorgt Reschke mit einer klaren Einordnung zu Beginn, mit Hanns Joachim Friedrichs vielzitiertem Satz: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache.“
Wo Aktivismus beginnt, ist eine Frage der Definition. Reschke fängt an: „Aktivist bin ich, wenn ich eine Veränderung der Dinge als Ziel habe.“ Günter Wallraff muss es wissen: Wenn er Missstände aufdeckt, möchte er doch auch, dass sich etwas ändert. Wozu sonst die Mühe? „Wenn ich Menschen zu ihrem Recht verhelfe, ist das für mich Genugtuung“, sagt Wallraff. Betont aber: „Dann bin ich kein Journalist!“ Macht Leidenschaft also Aktivisten?
Diese Leidenschaft gehört für Stefan Niggemeier sogar unbedingt dazu: Ohne eigene Meinung zum Thema gehe ein Journalist doch gar nicht an die Arbeit.
War Wallraff stets neutral? „Ich weiß ja vorher auch nicht, was mich erwartet“, sagt er über seine Undercover- Einsätze. Aber ist das wirklich noch ergebnisoffene Berichterstattung?, fragt Reschke, und nicht, welcher Reporter geht ohne Hypothese an die Arbeit?
Journalistische Beiträge völlig frei von persönlichen Einschätzungen gibt es gar nicht, so der Tenor auf dem Podium. Wo denn nun die Grenze verläuft, zwischen dem, das ohnehin nicht neutral ist und dem, was Aktivisten machen, vermag aber niemand zu sagen. Annette Bruhns hat noch eine Definition: „Ein Aktivist kämpft für die eigene Sache.“ Was war dann der Spiegel-Titel, der fordert: „Asyl für Snowden“? Klarer Fall für Bruhns: „engagierter Journalismus“. Bruhns zeigt sich also als Aktivistin für den Spiegel.
Oliver Schröm meint: „Vielleicht sollten wir uns einfach alle Journalisten nennen und gut is.“ Leider ist es nicht das Schlusswort. Das bleibt die Moderatorin dem Plenum schuldig. Haben Aktivisten denn ein Schlusswort? Oder lassen die am Ende alles offen?

„Sie wissen bestimmt, worum es geht“

Panel „Überwachte Journalisten – Wenn Geheimdienste Pressefreiheit und Informantenschutz bedrohen“ mit Stefan Buchen, Andrea Röpke, Marie Delhaes und Moderatorin Julie Kurz (v.l.n.r., Foto: Raphael Hünerfauth)

Wenn Behörden Journalisten zum Zeugen machen wollen – abgehörte Reporter erzählen

Der Anruf kam im September und auf Rügen. Andrea Röpke stapfte gerade durch den Sand und suchte eigentlich den Museums-Eingang zum NS-Koloss Prora. Dann war da diese Nummer auf ihrem Display. Am anderen Ende der Leitung: Maren Brandenburger. Eine halbe Stunde redete sie, die Verfassungsschützerin aus Niedersachsen, mit ihr, der anerkannten Expertin für Neonazismus. Am Ende des Telefonats wusste die Journalistin Andrea Röpke, dass sie überwacht worden war. Eine Stunde blieb ihr da noch, um die richtigen Entscheidungen für ihre journalistische Zukunft zu treffen. Weiterlesen

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