Ermittlungsverfahren gegen 17 Journalisten wegen des Vorwurfs des Geheimnisverrats sind eine Farce

Politik und Ministerialbürokratie wollen mit solchen Reaktionen Informanten einschüchtern und Informationskanäle blockieren

Als eine „Farce“ hat die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche (nr) die groß angelegten Ermittlungen gegen 17 Journalisten bezeichnet. „In den Verfahren geht es nicht um die Ermittlung eines Geheimnisverrats, sondern um die Aufdeckung und Einschüchterung von Informanten“, sagte nr-Vorsitzender Thomas Leif. „Manche Politiker und Ministerialbürokraten wollen vermeintliche Geheimnisse durch ihre Geheimherrschaft schützen und schießen deshalb mit Kanonen auf Spatzen.“ Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 45, 01.08.2007

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 44, 21.06.2007

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Haltungen, Popper und Moneten – Tom Schimmeck (2007)

Rede von Tom Schimmeck zur Jahreskonferenz des netzwerks recherche, 16. Juni 2007

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen!

Als mich der gefürchtete Enthüllungsjournalist Dr. Thomas Leif anrief, um zu fragen, ob ich hier heute das erste große Fass anzapfen, die Auftaktrede halten würde, war ich sehr verblüfft. Genauer gesagt, ich habe gedacht: Die spinnen.

Ich bin wahrlich kein “Alphajournalist”, wie das neuerdings heißt, bestenfalls ein Gamma-Tierchen. Ein Studienabbrecher, der den Beruf nie formell korrekt gelernt hat. Der nie einen Preis bekommen hat – nicht einmal die „Verschlossene Auster“. Der nie im Fernsehen war.

Vielleicht liegt schlicht eine Verwechselung vor. Man habe sich entschlossen, hieß es in einem der Ankündigungstexte zu dieser hochwohlmögenden Versammlung, mit der schon traditionellen Medienschelte am Samstagmorgen diesmal keinen „alten Hasen“, sondern mal einem „jungen Kollegen“ zu betrauen. Das geht einem nach 28 Berufsjahren wirklich runter wie Butter. Aber man muss doch erkennen: Auch beim Netzwerk Recherche wird das Geburtsdatum nicht immer nachgecheckt.

Die freundlichste Deutung ist, dass einigen Obernetzwerkern womöglich die Texte gefallen haben, die ich in letzter Zeit über den Zustand unseres Metiers verfasst habe. Der erste, ein langgezogener Schmerzensschrei mit dem wenig ausgewogenen Titel „Arschlochalarm“, befasste sich mit jenem verschmockten, völlig inhaltsleeren, dafür umso aufgeblaseneren Zirkus, der sich selbst gerne „Hauptstadtjournalismus“ nennt. Vermutlich in Abgrenzung zur ordinären Dorfschreiberei.

Ein Akt purer Seelenhygiene meinerseits. Entstanden in jenem Wahlkampf, an dessen Ende ein verkorkster Abgang des Kanzlerdarstellers Schröder, ein lausiges Ergebnis seiner inzwischen quartalsweise umjubelten Nachfolgerin und vor allem der Bankrott dessen stand, was in besseren Zeiten politischer Journalismus hieß. Ich erinnere, wie ich eines tristen Tages der Kandidatin Merkel und ihrem neuen Star Kirchhoff lauschte – just auf Mutter Erde herabgepurzelt, um den Menschen Heil und Erlösung zu bringen. Es war ein Riesenschmarren, da vorne auf der Bühne der CDUParteizentrale. Der eigentlich schockierende Moment aber kam, als ich mich umdrehte. Und in die Gesichter einer gewaltigen Zahl von Menschen schaute, die wild entschlossen schienen, den ungelenken Firlefanz auf der Bühne mit ihren Blöcken, Mikrofonen und Kameras zum politischen Großereignis zu verdichten, mit Terabytes von Wörtern, Tönen und Bildern zu zelebrieren. Und sie taten es. Unerschrocken. Wochenlang. Bis einer wie im Märchen rief: Der hat ja gar nichts an! Da war plötzlich „die Geschichte durch“, wie man in Berlin sagt. Nun schrieb man mit gleichem Elan das Gegenteil. Was haben wir uns früher über das „Raumschiff Bonn“ lustig gemacht. Dieses provinzmiefige Provisorium, diesen absurden Quadratkilometer voller Schauspieler, Saufnasen und Seilschaften. In Berlin, das war die Hoffnung, würde ein großstädtischer Wind den Kleingeist wegpusten. Würde endlich wahre, wertige, wuchtige Politik gemacht, geistvoll, gehaltvoll, gut für die Menschen. In Berlin, hurra, würde auch deren Betrachtung und Analyse neue Tiefenschärfe finden. Würde endlich ein Journalismus wachsen, wie er uns kaum je vergönnt war: Genau, galant, scharf, human, humorvoll. Die Weimarer Zeit war zu kurz, die Hitlerei lochte die Talente ein, trieb sie ins Exil oder ermordete sie. Das piefige Bonn bot wohl nie recht den Humus dafür. Von Berlin Ost mal ganz zu schweigen.

Pustekuchen! Was wir bekamen, war die „Berliner Republik“. Viele Scheinwerfer, wenig Schatten. Verglichen mit den Meinungs- Nussschalen, die heute über die Spree tänzeln, hatte manch Bonner Haudegen den Tiefgang eines Tankers. Das klingt wohl ein wenig nach „früher war alles besser“. Was einem „jungen Kollegen“ natürlich gar nicht zusteht. Vielleicht sage ich es mit einem Ausruf des großen, just verstorbenen Stinktiers Lothar Günther Buchheim, der einmal, sich über einen Kollegen echauffierend, rief: „Der nennt sich Publizist – und ich höre immer nur Pups.“

In Berlin passt der Satz gelegentlich sehr gut..

Vieles ist an dieser Stelle schon gesagt worden. Frank A. Meyer hat hier im vergangenen Jahr die Hybris der gleichgeschalteten Meinungsmacher beleuchtet, die totale Geschwätzigkeit und die Galageile Selbstweihräucherungslust unserer sich immer hermetischer abriegelnden Kaste. Er kam dabei übrigens zu einem ganz ähnlichen Schluss wie ich in meinem ersten Wutausbruch: Dass sich viele Medienleute nicht mehr als Mittler zu den Menschen, sondern als Mitinhaber von Macht begreifen. Ihre Währung heißt Wichtigkeit. Sie suchen die Nähe anderer „Wichtiger“, möglichst im Fernsehen. Denn sie haben verstanden: Wer notorisch auf der Mattscheibe herumfuhrwerkt, wird quasi automatisch groß. Die Perpetuierung der eigenen Visage generiert Bedeutung.

Jürgen Leinemann sprach hier vor zwei Jahren sehr aufrichtig über seinen eigenen Schmerz mit unserer Profession, über die Allüren und Lebenslügen der Medienfuzzis, dieses eitle Schaulaufen der journalistischen Selbstvermarkter, das man jetzt häufig bestaunen kann, wenn unsereins zusammenkommt. Seine Rede gipfelte in der Schlussfolgerung, die journalistische Freiheit unserer Republik sei heute – Zitat – “viel weniger durch obrigkeitsstaatliche Pressionen bedroht als durch die weiche Knechtschaft einer eitlen Selbstverliebtheit.” Leinemann ist viel zu loyal, um dies explizit auf seinen “Spiegel” zu beziehen. Wir wissen auch so, wen er meint.

Ich gebe zu: Ich bin kein klassischer Tagungsteilnehmer. Beim letzten Journalistenkongress, den ich freiwillig besucht habe, war ich 16 und Schülerzeitungsredakteur. Ich erinnere, dass er in Frankfurt stattfand, dass er sich gegen “Zensur und Repressalien” richtete. Und dass an der Eingangstür kräftig gebaute Ordner einer DKP-nahen Jugendorganisation standen, die keinen durchließen, der ihnen politisch nicht in den Kram passte. Wir sind gleich alle empört abgereist. Was bedeutet: Ich war eigentlich noch nie freiwillig auf einem Journalistenkongress.

Ich bin lieber unterwegs. In der weiten Welt. Am besten da, wo möglichst wenig andere Journalisten sind. Nicht weil ich ein Snob wäre, sondern weil alle Reportererfahrung lehrt: Je weniger Medienmenschen an einem Ort anwesend sind, desto besser kann sich dort Wirklichkeit entfalten, normalmenschliche Realität. Am schlimmsten ist es, wenn das Fernsehen kommt. Dann bricht alles authentische Leben jäh zusammen. Dann kann man eigentlich nach Hause gehen. Weil im Scheinwerferlicht alle nur noch Huhu und Haha machen, irgendwie wirken wollen und dabei komplett ballaballa werden. Ist einfach so. “Kann man nicht gegenan”, sagt der Hamburger.

Die Reden von Leinemann und Meyer habe ich also nachgelesen. Und mich gefragt: Wie kann man das weiterspinnen? In eine Richtung, die nicht alle schon hundertmal gehört haben. In Leinemanns Rede kam viermal eine Vokabel vor, die ich in letzter Zeit, wenn ich über den Zustand des Gewerbes jammere, auch gerne verwende: Haltung. Nicht im Sinne von Körperhaltung, oder gar Habacht- Stellung. Sondern im guten Duden-Sinne von “Grundeinstellung, die jemandes Denken und Handeln prägt”.

Haltung. Ich glaube, dass viele in unserem Metier mit diesem Wort rein gar nichts mehr anfangen können. Dass es ihnen fremder klingt als Desoxyribonukleinsäure. Aus einer Reihe von Gründen.

1. Die Ausbildung. Da gedeiht ein Dschungel neuer Medienstudiengänge – für junge Menschen, die, wie das heute so schön heißt, “irgendwas mit Medien” machen wollen – TV, PR, Werbung, am besten alles zusammen. Die Zahl der Studenten, meldet der Wissenschaftsrat, habe sich binnen zehn Jahren auf rund 55 000 verdoppelt. Hinzu kommt eine Fülle von Journalistenschulen, über die ich wenig sagen kann, da ich sie höchstens mal als Gelegenheitsdozent von innen gesehen habe. Manche haben große Talente hervorgebracht. Doch der Verdacht bleibt: Dass Geschmeidigkeit hier oft mehr zählt als Charakter.

2. Die Hackordnung. Wer ewig am unteren Ende der Leiter steht, durch einen nie endenden Tunnel von Praktika gezwungen wird, lernt bald, dass Überzeugungen und Prinzipien im Zweifel stören. „Ach, die Jungen“, seufzte neulich die kampferprobte Redakteurin eines öffentlich-rechtlichen Senders, als ich nach dem geistig-moralischen Zustand des Nachwuchses fragte. Dann rührte sie in ihrem Kantinenkaffee und sprach: „Die gucken immer gleich nach, ob noch Platz im Darm ist.“

3. Die Berufsverhältnisse. Der aktuell arbeitende Journalist schuftet, zumal in der Hauptstadt, unter mehrfach durchrationalisierten Stressbedingungen. Jeder einzelne ist von – gefühlt – drei Dutzend PR-Akrobaten, Spindoktoren, Verbandslautsprechern und Pressebeschwörern umstellt, deren bloße Kakophonie ihn schon am Denken hindern könnte. Sofern er überhaupt Zeit dafür hätte.

4. Der Zeitgeist. Da bin ich Experte. Schon weil ich vor 20 Jahren einmal kurzfristig Redakteur eines damals neuen „Zeitgeist-Magazins“ mit dem flotten Namen „Tempo“ war. Seither verfolge ich die Wirrungen des so genannten „Popjournalismus“ mit einer gewissen Faszination. Betrieben wird er meist von Söhnen und Töchtern aus gutem Hause, die viel Freude an Markenprodukten und der narzisstischen Umkreisung des eigenen Bauchnabels haben. Sie unterscheiden streng zwischen “in” und “out”. Ersteres sind in der Regel sie selber, letzteres alle anderen, insbesondere “Prolls”, “Alt- 68er” und alle dieses irgendwie albern engagierte Volk. Politisch endet der Popjournalist nach allerlei Pirouetten verlässlich und sehr pragmatisch irgendwo zwischen Guido Westerwelle und Roland Koch. Sein Feind ist der „Gutmensch“ im schlecht sitzenden Anzug. „Gutmensch“ ist überhaupt eines seiner liebsten Schimpfwörter. Weil er nämliche jede Art von Haltung zutiefst verachtet.

Die Stärke dieser Subspezies Journalist ist ihr üppiges, zuweilen ins Großkotzige changierende Selbstvertrauen. In panischer Angst, einen Trend zu verpassen, am Ende gar die Jugend zu verlieren, haben viele deutsche Chefredakteure solche nassforschen Popper eingekauft. Warum auch nicht? Die sind in der Regel emsig und stören nicht, und deshalb heute in allen Zeitungen und Zeitschriften von Rang vertreten. Manch fruchtbaren Textacker haben sie komplett umgepflügt. Freien Autoren, wie ich einer bin, fällt das regelmäßig auf, wenn sie sich mal wieder fragen: Wo nur bringe ich diese große Reportage noch unter? Oder gar einen richtig analytischen Text? Das ist sehr, sehr schwierig geworden.

 

Das Magazin der „Zeit“, für das ich einst schrieb, ist schon lange tot. Neuerdings findet sich hier ein buntes „Leben“, in dem Helmut Schmidt raucht. Der Herausgeber. Interviewt vom Chefredakteur. Das ist von großer, wenn auch unfreiwilliger, Komik. Das Magazin der FAZ ist auch längst weg, das der „Süddeutschen“ stürzte vor Jahren schon ins kunterbunte Nichts. Auf dem Höhepunkt seiner Pop-Karriere, wir erinnern uns, gab es den hübschen kleinen Skandal um Tom Kummer, diesen tollen Interviewer, der seine schrillen Gespräche mit den Stars leider frei erfunden hatte. Als er erwischt wurde, taufte er den Betrug „Borderline-Journalismus“.

Die beiden SZ-Verantwortlichen, Ulf Poschardt und Christian Kämmerling, wurden furchtbar bestraft. Poschardt durfte bei der “Welt am Sonntag” als cooler Rechtsaußen antreten, Kämmerling beim Radikalumbau der einst seriösen Schweizer “Weltwoche” unter Roger Köppel mithelfen, der nach vollbrachter Tat bekanntlich Chef der deutschen “Welt” wurde. Nun hört man, Kämmerling beschäftige sich mit einem möglichen Neustart des FAZ-Magazins und einer Zeitschrift namens “Heroes”. Ulf Poschardt lenkt derweil das deutsche “Vanity Fair”. Noch so ein Blatt, wo wir alle noch viele kluge Texte unterbringen werden. Auch der Verlag Gruner und Jahr, eine andere bewährte Bastion des Qualitätsjournalismus, schenkt uns ja ständig neue Sturmgeschütze der Aufklärung. “Park Avenue” zum Beispiel. Ich bin eine Spur zu jung, um ein echter 68er zu sein. Aber ich frage mich immer öfter, warum die Generation der geschmeidigen Macher direkt nach mir, diese “Generation Mini-Golf”, wie ein Kollege mal spottete, die 68er derart hasst. Gewiss: Das ganze Generationengerede taugt nur bedingt. Und trotzdem hat jede Zeit ihre Stimmen und Stimmungen, ihren Geschmack, ihre Helden – ihre Haltung. Sie kennen das vielleicht: Wenn man Musik aus der Zeit hört, die einen geprägt hat, kommt das Lebensgefühl wieder. Meine 70er etwa waren eine schrille, oft absurde Zeit voller Widersprüche, Zweifel, Experimente, auch voller Unfug. Aber sehr lebendig, sehr suchend und intensiv. Immerhin haben wir damals die “taz” geschaffen.

Neulich dachte ich: Die armen Popper haben nichts eigenes, die kennen nur “hip” und “retro”, nur Zitate, kein Empfinden. Vielleicht sind sie einfach unendlich neidisch, langweilen sich schrecklich, müssen gähnen beim Anblick ihrer eigenen, ereignislosen Biographie. Immer nur cool gewesen und gut angezogen. Nichts erlebt, nichts ersehnt, nie enttäuscht worden. Wo soll da bitte Haltung herkommen? “Medienalarm” lautet die lärmende Überschrift, die Leif & Co dieser Rede gegeben haben. Also treten wir kurz einmal zurück und betrachten die Lage unserer Medien. Gehen wir zu einem gut sortierten Bahnhofskiosk. Wir sehen: Endlose Meter Zeitungen und Zeitschriften. Sagenhaft. Und dann suchen wir mal jene Publikationen zusammen, in denen wir den feinen Journalismus zu finden hoffen, den wir vom noblen Netzwerk Recherche gerne hoch halten. Welch ein elendes Häuflein.

Ein ähnliches Erlebnis haben Sie alle schon an jenen scheußlichen Abenden gehabt, an denen die Finger auf der Fernbedienung vor lauter vermeintlicher Vielfalt nicht zur Ruhe kommen. Zapp zapp, durch alle Kanäle. Blut, Kitsch und Paris Hilton. Da entsteht oberhalb von C0 schnell echter Unterdruck. Ich, als typischer Tatort-und- Tagesthemen-Konsument, bin fassungslos, wenn ich die Statistiken sehe: 202 Minuten guckt angeblich jeder Durchschnittsdeutsche tagtäglich in die Röhre, zusätzlich hört er 186 Minuten Radio. Zeitungen und Zeitschriften liest er auch noch. Wenn er das nicht alles gleichzeitig macht, kommen dabei rund sieben Stunden Medienkonsum pro Tag heraus. Wann schlafen die Leute eigentlich? Wahrscheinlich vor dem Fernseher.

Als Fernsehmensch würde ich in die Kirche gehen und göttlichen Beistand erflehen. Stellen sie sich einmal diese Verantwortung vor: 82,459 Millionen Einwohner, und ein jeder glotzt 1229 Stunden pro Jahr. Das macht 100 Milliarden Stunden per annum allein in Deutschland. Welch ein geradezu astronomischer Zeitdiebstahl. In Japan – 251 Minuten Tagesdosis – und den USA – 271 Minuten – sind die Verhältnisse noch krasser.

Die wichtigere Frage bleibt die inhaltliche: Was wird gedruckt? Und was quillt aus Deutschlands 43 Millionen angemeldeten Radios und den 37 Millionen angemeldeten Fernsehgeräten? Wenn ich einen masochistischen Tag habe, schalte ich morgens um 5:35 Uhr im Deutschlandfunk die Presseschau aus deutschen Zeitungen ein. Da tröten die hohlen Phrasen der deutschen Meinungs-Armada, die ganze Blechbüchsenarmee der Platitüden scheppert einem durch den noch wehrlosen Kopf. Und weckt diese späte Sehnsucht, endlich doch noch einen anständigen Beruf zu ergreifen. Der Kommentar ist wahrlich nicht die Königsdisziplin in diesem Land. Der “Spiegel” etwa drückt sich hier seit dem Tod Rudolf Augsteine komplett. Die Ideologie quillt wohl zwischen den Zeilen hervor. Eine klar formulierte Meinung aber ist wahrscheinlich Chefsache. Und der Chef hat keine. Können wir da nicht mal etwas tun? Meinung hat ja idealerweise auch etwas mit Haltung zu tun.

Wenn wir weiter an der Radioskala drehen, kommen viele Sender, auf denen “echte Hits” mit aufdringlich fröhlichen Worten verrührt werden. Besonders perfide: Die Sprüche sind immer gleich, werden aber alle paar Sekunden als “echte Abwechslung” angepriesen. Wir müssen hier gar nicht groß auf “die Privaten” schimpfen. Etliche öffentlichrechtliche Programme gehorchen heute der gleichen Dumm-dumm- Rezeptur. Zum Beispiel bei der heute gastgebenden Anstalt NDR, die so bescheiden von sich behauptet, „das Beste am Norden“ zu sein. Auf NDR 2 etwa, dem Sender meiner Jugend, der früher Informationen und Debatten satt lieferte und abends den “Club”, ist Dudeln heute Pflicht. Längst ist der Kanal zum, ich zitiere „attraktiven Begleitprogramm für die jüngere und mittlere Generation” umgemodelt worden. Komplett durchformatiert, harmlos, zahnlos, nur noch gut, um Zeit tot zu schlagen. Kein Journalismus mehr, der beim Netzwerk Recherche Gefallen fände.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist eine wirklich großartige Erfindung. Doch viele seiner Oberen und die sie umgebenden politischen Kräfte, lieber Herr Wulff, scheinen seit vielen Jahren danach zu streben, das zahlende Publikum von jeder tiefer gehenden Einsicht fernzuhalten. Die gründlich ausgeforschte und typisierte Kundschaft wird aufgespalten. Hier die kleine Schar der Unverbesserlichen, die Futter für ihr Hirn verlangen, der „modernen Kulturorientierten“, wie das im Fachjargon heißt. Die bekommen ein paar Info- und Kulturkanäle. Dort die große Restmasse, denen nur mehr sedierende Zerstreuung eingeträufelt wird. Frohsinn und Musik, zwo, drei, dazu ein bisschen Wetter und Verkehr.

Ich war zufällig dabei, als man hier, im ehemaligen „Rotfunk“, Anfang der 80er begann aufzuräumen. Ein Herr Räuker war Intendant. Wer als studentische Hilfskraft auch nur auf den Knopf des Kopierers drücken wollte, musste mindestens im RCDS sein. Ich habe diese Hinrichtung journalistischen Esprits damals in Artikeln so liebevoll beschrieben, dass der Intendant vor versammelter Belegschaft einen Tobsuchtsanfall hinlegte. Den ich, dreist wie ich damals wohl war, hinter der letzten Sitzreihe kauernd, still genoss. Wenig später war ich “Freier” beim NDR. Die Ära fiel sehr kurz aus. Falsche Haltung.

 

Kommen wir zum Kern. Reden wir über’s Geld. Da ist ein „Freier“ Experte. Ahnt irgendjemand hier, wie viel von ihren rund 7,3 Milliarden Euro die öffentlich-rechtlichen Anstalten für guten Journalismus ausgeben? Ein Fernsehautor erzählte mir diese Woche, seine Honorare würden sich auf dem Niveau von vor 20 Jahren bewegen. Bei den Zeitungen, das kann ich halbwegs überblicken, ist nach den Sparrunden der vergangenen Jahre kaum mehr Geld da. Die honorieren in aller Regel dürftig und nach Zeile, was Recherchen geradezu bestraft. Reisespesen sind Glückssache. Selbst ein Hochglanzmagazin wie Geo hat Tagespauschalen längst gestrichen. Für viele freie Autoren ist die Lage bedrückend. Ihnen bleibt kaum Raum für anständigen Journalismus. Manchmal ist es auch eine Frage der Würde. Ein persönliches Beispiel: Nachdem vor fünf Jahren mein Stammblatt „Die Woche“ pleite ging, arbeitete ich unter anderem für die „Süddeutsche Zeitung“. Drei Jahre lang lieferte ich jede Woche zwei Texte, egal, ob ich Fieber hatte oder auf Reisen war. Das machte sogar Spaß. Obendrein war es ein festes Einkommen.

Eines Tages klingelte das Telefon. Der Ressortleiter war dran. „Du, hier läuft ein Typ von Roland Berger rum“, raunte er, „Ende 20, mit Fliege, hochmotiviert.“ „Ja und?“, fragte ich. „Wir müssen Dein Honorar um 25 Prozent kürzen.“ Spontan schlug ich vor, es gleich um 100 Prozent zu kürzen. Ich würde dann einfach aufhören, sagte ich. Weil das kein Umgang mit guter, stets gelobter Arbeit sei. „Das kannst Du doch nicht machen“, brummte er. Wir verabschiedeten uns hastig. Am nächsten Tag rief er wieder an. „Ich hab mir das noch mal überlegt“, sagte er, „wir kürzen das Honorar nur um 12,5 Prozent.“ Das fände ich eigentlich noch schlimmer, antwortete ich. „Warum denn das?“, fragte er. „Weil das keine echte Einsparung mehr ist, sondern nur noch der symbolische Akt, mich über das Roland-Berger- Stöckchen springen zu lassen.“ Dann sehe er keinen Spielraum mehr, sprach der Ressortleiter und legte auf. Die Mitarbeit endete sofort. Monate später schrieb der Chefredakteur eine Email, dass das ja irgendwie blöd gelaufen sei. Seither nichts mehr aus München. So läuft freier Journalismus heute. Vogelfreier Journalismus.

Man schlägt sich so durch. Und ich will nicht larmoyant werden. Mir geht es gut. Ich mache, was ich will. Und das mit Wonne. Welcher Journalist kann das von sich sagen? Ich habe viel zu tun. Nächste Woche fliege ich in die USA, für ein Radiofeature über Kriegsveteranen in der amerikanischen Gesellschaft – „Die Narben des Uncle Sam“. Der Deutschlandfunk, mein Lieblingssender, will das senden, und nicht um 0.45 Uhr, sondern um 19.15 Uhr. Nur die vollen Reisekosten kann auch er nicht tragen. Ich habe versucht, dafür eine Koproduktion einzufädeln. Aber glauben Sie nicht, man könne auf eine Antwort zählen, wenn man einer ARD-Redaktion ein ausführliches Exposé samt persönlichem Anschreiben schickt. In diesem Fall: Kein Ton. Funkstille beim WDR, beim SWR, beim NDR. Ich vermute, jeder Freie kennt das. Manchmal fehlt es eben nicht nur an Mitteln, sondern auch an Manieren.

Wie also rettet man sein Feature-Projekt? In diesem Fall durch einen Bruch mit den hehren Prinzipien des Netzwerks Recherche. „Journalisten machen keine PR“, sagen wir. Ich habe das heftig verteidigt, mit flammendem Wort und erigiertem Zeigefinger. Doch dann meldete sich neulich ein alter Bekannter an und fragte, ob ich für seine Firmenzeitschrift eine USA-Reportage schreiben würde. Kurz durchdacht: Das würde die Reisekosten decken. Mein Feature wäre gerettet. Ich müsste eine nette kleine Rundum-Reportage schreiben, eigentlich nichts ehrenrühriges. Trotzdem ist es natürlich PR; für eine Firmenzeitung; in einem Werbeumfeld. Steinigt mich dafür, wenn Euch danach ist. Oder verratet mir eine Alternative.

 

Ich fasse zusammen:

1. Im heiklen Wechselspiel der „Leitmedien“ und Gleitmedien, der politischen Akteure und der sie umkreisenden Journalisten hat vor allem der politische Journalismus gelitten. Selbst in einst seriösen Zeitungen geht es oft nur mehr um die Frage, welcher Akteur gerade wie dasteht und wie gut sein Sakko sitzt. Die distanzierte Demut des Beobachters weicht dabei der Geltungssucht des Mitmischers, der Menschen und Themen nach Gusto herauf- und herunterschreibt. Reale politische Konflikte werden zunehmend als hässliches Gezänk gespiegelt, die vermeintlichen Sieger und Verlierer täglich neu und oft willkürlich festgelegt. Die Macht professioneller Einflüsterer ist deutlich gestiegen.

2. Mit dem Niedergang ihrer Urteilskraft sinkt auch das Image der medialen Mittler. Am deutschen Film, besonders am deutschen Fernsehkrimi, kann man das gut ablesen. Dort hat sich der Journalist als verlässlich mieser Antityp etabliert, stets schmierig und penetrant. Ein Widerling, der meist im Rudel auftritt.

3 Je unsicherer man ist, desto stärker wird das Bedürfnis nach Selbstvergewisserung. Die Binnenwelt der Medien gibt sich gerne glamourös, gebiert aus dem Nichts Stars, die sich bei Galas über rote Teppiche schieben. Man zeigt, interviewt, feiert und lobt sich gegenseitig, hängt sich allerlei Medaillen um. So entsteht ein klebriges Miteinander. Dabeisein ist die Währung. Könige sind jene Fernsehgesichter, die durch Dauerpräsenz einen Extra-Marktwert zu schaffen verstehen, oft mit Hilfe öffentlich-rechtlicher Anstalten und ihrer Gebührenzahler. Um solche Prominenz alsdann in klingende Münze umzuwandeln – schon weil sie ab einem bestimmten Wiedererkennungswert als Werbeträger taugen. Journalisten verwandeln sich hier in käufliche Kaufleute. Während das Publikum in Billigformaten zunehmend kannibalisiert, sich selbst zum Fraße vorgeworfen wird.

4. Mut und Eigensinn der Journalisten müssen gestärkt, ihre Arbeitsmöglichkeiten dürfen nicht durch immer knapper werdende Ressourcen eingeschränkt werden. Qualitätsjournalismus brauch guten Raum: Einfallsreiche Programme und Publikationen. Mit jedem Girlie-Blättchen, jedem Shoppingkanal, jedem Dudelsender hingegen verabschieden sich wieder Millionen unterforderte Gehirnzellen in den Vorruhestand.

5. Alljährlich produziert unser Bildungssystem tausende Nachwuchskräfte für unser Metier. Sie landen in einem grellen Medienmarkt, der für analytischen, investigativen, kritischen Journalismus nur noch in Ausnahmefällen Platz und Mittel hat. Denkbar wäre ein Ausbildungsmoratorium für Journalisten. Gekoppelt mit dem Neustart einer Verlegerausbildung. Denn mutige Verleger sind Mangelware. In den Stamm-Verlagen sitzen nur noch Marketingleute, die auf Charts starren und Schickimicki-Ballaballa machen. Keiner, der sich etwas trauen, der sagen würde: Wir schaffen etwas richtig Gutes, das Neugier und Geist und Haltung zeigt. Wir nehmen Geld in die Hand und schicken Talente los, die sich unser Land und die Welt wieder gründlich und von allen Seiten angucken.

 

Zum Schluss: Wir wollen hier nicht zu düster malen. Es gibt eine Menge Leute, die in der Dunkelheit ein Licht anzünden. Nicht nur die arrivierten Damen und Herren vom Netzwerk Recherche, die die Fackel der Wahrheit bekanntlich ja nie aus der Hand legen. Sondern auch viele Journalisten, die etwa in ihrem Lokalblatt einfach aufrichtig über Menschen und Sachverhalte schreiben. Abseits der medialen Büffelherden, die Wucht nur durch bewegte Masse erzeugen. Jeder Tag bringt gute Artikel und Sendungen. Wir leben in einem stabilen, demokratischen Land. Manchmal scheint unser Missmut drückender als die realen Probleme. Deutschland, schrieb Timothy Garton Ash dieser Tage, sei „eines der freisten und zivilisiertesten Länder dieser Erde“. Die Bürgerrechte würden hier besser geschützt als in den USA oder seiner Heimat Großbritannien. Und rühmte dann die „paradoxe“ deutsche Großleistung: „In diesem guten Land haben die Professionalität seiner Historiker, die investigativen Fähigkeiten seiner Journalisten, die Ernsthaftigkeit seiner Parlamentarier, die Großzügigkeit seiner Geldgeber, der Idealismus seiner Priester und Moralisten, das schöpferische Genie seiner Schriftsteller und, ja, die Brillanz seiner Filmemacher sich verbunden, um in der Vorstellungskraft der Welt die unauslöschlichste Verbindung Deutschlands mit dem Bösen zu zementieren.“

Ich finde, trotz etlicher Abstriche im Detail: Das stimmt. Lassen wir uns also unsere Medien nicht versauen. Wie sagte neulich unsere Kanzlerin, bei der Feier zum 80. von Alfred Neven DuMont? „Kaum ein anderer Bereich unserer Gesellschaft prägt Haltungen und Lebensentwürfe ganzer Generationen so stark, wie die Medien dies vermögen.“

Haltungen! Sie sehen: Auch Frau Merkel hat verstanden.

 

Neuer nr-Vorstand / Leitlinien Recherche-Journalismus

Die Mitglieder der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche haben auf ihrer Versammlung am Freitagabend (15.06.2007) einen neuen Vorstand gewählt. Der erste Vorsitzende, Dr. Thomas Leif (Chefreporter Fernsehen, SWR Mainz) und der zweite Vorsitzende, Hans Leyendecker (Leitender Redakteur, Süddeutsche Zeitung) werden auch in den nächsten beiden Jahren an der Spitze der Journalistenorganisation stehen. Ebenfalls in den Vorstand wiedergewählt wurde Christoph M. Fröhder (Freier TV-Journalist). Neu in den Vorstand gewählt wurden Julia Salden (Freie Journalistin), Thomas Schnedler (Journalist, Kommunikationswissenschaftler, Uni Hamburg), Brigitte Alfter (Korrespondentin „Information“, Brüssel), Steffen Grimberg (Redakteur, taz) und David Schraven (Freier Journalist).

Auf ihrer Versammlung verabschiedeten die Mitglieder des Netzwerk Recherche „Leitlinien für einen wirksamen Recherche-Journalismus“. Darin fordern die Mitglieder insbesondere, die Verantwortlichen in den Medienunternehmen in die Pflicht zunehmen, die für den Journalismus grundlegende Recherche zu ermöglichen, institutionell abzusichern und auszubauen. Auch in den Köpfen der Journalisten müsse die Recherche wieder stärker verankert werden.

Medienfreiheit als Voraussetzung für Demokratieentwicklung? – Gesine Schwan (2007)

Medienfreiheit als Voraussetzung für Demokratieentwicklung?

Vortrag von Prof. Dr. Gesine Schwan anlässlich der netzwerk-recherche- und n-ost-Konferenz am 15. Juni 2007 in Hamburg.

I. Einleitung

Vor einigen Wochen teilte ich mit einigen Journalisten eine Taxi-Fahrt vom Flughafen zu einer Konferenz. Ihr lebhaftes Gespräch – sie waren alle in sog. kritischen Medien tätig – drehte sich durchweg um Quoten und Aufmacher. Dabei ging es durchaus differenziert um ästhetische Fragen und um den Zusammenhang zwischen Aufmacher und Quote – und je höher sie war, desto mehr leuchteten die Augen und desto mehr wuchs der kollegiale Respekt. Das Gespräch wirkte sehr professionell, und man bezog sich auf einen breiten Fächer empirischer Veranschaulichungen. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Priorität der Quote und der demokratischen Verantwortung der Medien stellten sich die Journalisten nicht, sie hätte auch in diesem Zusammenhang ziemlich deplatziert gewirkt – zu grundsätzlich, abstrakt, theoretisch abgehoben. Die Diskrepanz zwischen dem, was diese ganz und gar sympathischen Journalisten offensichtlich vorrangig bewegte und was mich selbst umtrieb, die Diskrepanz nämlich zwischen den Bedingungen des täglichen Erfolgs, der zum individuell-professionellen wie zum institutionellen Überleben der Medien notwendig ist, und dem, was ich als die zentrale und überaus wichtige Verantwortung der Medien in der Demokratie halte, beschäftigt mich nicht erst seit dieser Flughafenfahrt.

Denn kein Mensch würde bestreiten, dass die Medien in der Demokratie eine überaus wichtige Rolle spielen. Aber können sie sich darum angesichts der harten Konkurrenz auf dem Markt überhaupt noch kümmern? Müssen sie nicht in erster Linie eben auf jene Quoten und Absatzzahlen achten, um sich zu behaupten? Sind dazu nicht alle Mittel, die wir im Kampf der Medien beobachten, erforderlich? Kann man infolgedessen die Kluft zwischen der allgemein akzeptierten Grundannahme ihrer demokratischen Verantwortung und den Bedingungen des Geschäfts überhaupt noch überwinden? Oder sollten wir das schöne demokratische Postulat einfach beiseite legen und uns statt dessen auf die insbesondere ökonomisch erfolgreiche Bewältigung des Medienalltags konzentrieren?

Jedenfalls geht das nicht, wenn man danach fragt, ob Medienfreiheit als Voraussetzung von Demokratieentwicklung zu begreifen ist – und dies im Kontext der Erfahrungen in den sog. Transformationsländern Mittelosteuropas. Diese Frage aber habe ich als thematische Aufgabe aufgetragen bekommen. Ich will versuchen, sie zu beantworten, indem ich zunächst den normativen demokratietheoretischen Maßstab zeichne, anhand dessen ich argumentieren möchte. In einem nächsten Schritt skizziere ich die wesentlichen Gefahren, gegen die sich Demokratie fördernde Medien behaupten müssen, um schließlich mit einigen Schlussfolgerungen zu enden.

II. Demokratietheoretische Überlegungen

Die moderne Demokratie entstand – auf der Grundlage eines vorher entwickelten Rechtsstaates – nicht als direkte Demokratie, sondern bedurfte seit dem 19. und erst recht im 20. Jahrhundert der Vermittlung durch Medien, die für eine breitere Öffentlichkeit Informationen und Diskussionen von politischen Vorstellungen und Parteien aufbereiteten und verbreiteten. Das hat einen technisch-erkenntnistheoretischen und einen demokratietheoretischen Aspekt.

Der technische liegt in der Notwendigkeit, Kommunikation auch zwischen den Bürgern herzustellen, die sich nicht direkt miteinander austauschen können. Vermittlung ist also aus rein praktisch-empirischen Gründen notwendig. Solche Vermittlung ist aber nicht als neutral-transparente Übergabe denkbar, sondern wirkt notwendig auf den Inhalt und die Art der Kommunikation ein. Denn genauso wie es keine Erkenntnis als sog. objektive Wiedergabe einer sog. objektiven Wirklichkeit gibt – die Lenin’sche Widerspiegelungstheorie, die verbal immer noch in manchen Köpfen spukt, gehörte zu den erkenntnistheoretisch vielleicht naiven, aber jedenfalls philosophisch unhaltbaren Elementen eines totalitären Kommunismus -, genauso gibt es keine „objektive“ Kommunikation, Mitteilung, Weitergabe von Nachrichten oder Meinungen. Eine Auswahl aus der prinzipiell unendlichen Zahl von Nachrichten und eine damit einhergehende Perspektivität mit wertenden Implikationen über ihre Wichtigkeit bzw. Bedeutung ist unvermeidbar.

Dieses Dilemma kann in einer modernen pluralistischen Demokratie, die nicht nur faktisch eine Vielfalt von Interessen enthält, sondern sie auch als legitim akzeptiert, nicht prinzipiell überwunden, sondern nur demokratiekonform gestaltet werden. Die Grundmaxime dafür liegt in der Forderung, das Spektrum der Interessen breit zu halten, ihr Gewicht vor Einseitigkeit zu schützen und den Raum für eine kontroverse Diskussion zu sichern. Sie bietet die Chance, die einzelnen Interessen und Prioritäten mit Kriterien des Gemeinwohls zu vergleichen, etwa gemäß dem Habermas’schen Kriterium der Verallgemeinerbarkeit der Interessen, und damit zugleich argumentativ die Vielfalt der Lösungsmöglichkeiten und gewollten bzw. ungewollten Folgen und Implikation möglicher Entscheidungen auszuloten, was der Solidität und der Gemeinwohlorientierung der Entscheidung zugute kommen soll. Damit führt bereits der technische Aspekt der Vermittlungsaufgabe von Medien zum zweiten demokratietheoretischen, d.h. zur demokratischen Verantwortung der Medien.

Denn wenn Demokratie die gleichberechtigte Teilhabe aller Bürger an der Politik bedeutet und Politik im wesentlichen die Vorbereitung und Durchführung von Entscheidungen – oder auch Nicht-Entscheidungen bzw. Blockaden – in Bezug auf Angelegenheiten meint, die kontrovers beurteilt werden und alle Bürger betreffen und binden, dann haben gemeinwohlorientierte Ziele nur eine Chance, wenn sich die Bürger darüber verständigen, wenn sie möglichst erschöpfend darüber argumentieren und die Implikationen von Entscheidungen offen legen können. Öffentlichkeit wurde so Jahrzehnte lang demokratietheoretisch als eine Art Filter angesehen, der partikularistische oder willkürliche Politik herauszufinden hilft und das demokratische Gemeinwohl befördert. Immanuel Kant hat es ganz im gleichen Sinne als eine Art Test für die Gerechtigkeit von Entscheidungen bezeichnet, wenn sie zu ihrer Verwirklichung der Öffentlichkeit bedürfen, wozu gehört, dass die Öffentlichkeit dem zustimmen und eine gerechte Interessenabwägung durchführen kann. Wenn man dagegen im Dunkeln munkelt, bleibt die Gerechtigkeit leicht auf der Strecke.

Damit ist zugleich gesagt, dass Demokratie, wie ich sie hier verstehe, nicht einfach ein wertmäßig neutrales Entscheidungsverfahren meint. Vielmehr begreife ich sie als eine normativ gestaltete politische Verfassung und Lebensform. Entsprechend ihrer ideengeschichtlichen wie grundgesetzlichen Bestimmung dient sie dem Ziel, die gleiche Würde aller Menschen im Sinne ihres gleichen Rechts und ihrer gleichen Pflicht zur Freiheit, d.h. zur selbstbestimmten und verantworteten Lebensführung und solidarischen Teilhabe am Gemeinwesen, zu verwirklichen. Zu ihrer Realisierung und Festigung braucht es nicht nur Gesetze und organisierte Institutionen, sondern auch eine politische Kultur, die die die angemessene Handhabung der Institutionen unterstützt. Wir kennen die Maxime, dass Gesetze ihrem Geiste und Buchstaben gemäß angewendet werden sollen. Wir wissen auch, dass man sie immer missbrauchen oder pervertieren kann, weil sich die Wirklichkeit, auf die sie angewendet werden sollen, in kein Gesetz ganz einfangen lässt. In Bezug auf die Gerechtigkeit hat Aristoteles deswegen in seiner berühmten Nikomachischen Ethik am Ende seiner Ausführungen zur Gerechtigkeit das „Gütige“ als ihren Gipfel gerühmt. Es besteht darin, auf ein eigenes Recht zu verzichten, wenn seine Einforderung eine größere Ungerechtigkeit nach sich ziehen würde. Das Gütige als Grundhaltung brauchen wir, so Aristoteles, in einem freiheitlichen Gemeinwesen, weil sich die Gerechtigkeit nie ganz in eine Gesetzesregelung umsetzen lässt.

Wenn Demokratie also auf kulturelle Unterstützung angewiesen ist, dann betrifft das einerseits die Grundhaltung der Bürger. Autoritäre Persönlichkeiten, die ihr individuelles Urteilsvermögen unbefragten Autoritäten unterordnen, die ihren Mitbürgern eher misstrauisch begegnen und nicht leicht mit ihnen kooperieren, die also – das gehört ins Bild – weder Fremd- noch Selbstvertrauen und infolgedessen auch keine Zukunftszuversicht aufbringen, Bürger, die ungeniert ihre partikularen Interessen verfechten, ihre Macht ausnutzen und sich um Fairness nicht scheren, Menschen, die sich abgewöhnt haben, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden oder die die Lüge für ein vertretbares Mittel halten, Gegner auszuschalten – können eine Demokratie nicht aufbauen oder bewahren. Sie zerstören dass Grundvertrauen, das Menschen sowohl für die mutige Gestaltung ihres privaten Lebens als auch für das Gelingen eines freiheitlichen Gemeinwesens, das eben grundsätzlich auf freiwilligen Gehorsam und freiwillige Kooperation baut, brauchen. Vertrauen ist die kulturelle Nahrung, ohne die eine Demokratie verkümmert, ohne die sich die Bürger und Interessengruppen gegenseitig im Wege stehen und blockieren, anstatt die Kraft zur Gemeinsamkeit aufzubringen und etwas zu ihrem gemeinsamen Wohl aufzubauen.

Diese Grundhaltung ihrerseits wird aber – und dies ist das zweite – nicht gedeihen -, wenn die Medien ihr zuwiderhandeln, anstatt sie ihrerseits zu fördern. Wenn Bürger einseitig informiert werden, dann fördert dies Misstrauen, weil es der Komplexität der Wirklichkeit und der gesellschaftlichen Wahrnehmungen, Ansprüche und Interessen nicht gerecht wird. Wenn Medien jenseits der oben kurz skizzierten grundsätzlich-philosophischen Schwierigkeit, angemessen, d.h. in pluralistischer Breite zu kommunizieren, einer ganz anderen Logik folgen, wenn sie um ihres Überleben willen vor allem auf Gewinn aus sein müssen und deswegen verzerrende Kampagnen betreiben, anstatt aufzuklären, dann werden sie ihrer demokratischen Grundverantwortung, an einer gemeinwohlorientierten Öffentlichkeit mitzuarbeiten und damit das gesellschaftliche Vertrauen, das die Demokratie braucht, mitzuschaffen, nicht gerecht. Den zentralen Begriff „Medienfreiheit“ in meinem Thema verstehe ich also nicht als individuell beliebige Willkür, als unbegrenzte „Freiheit von“, sondern als konstitutionell demokratisch geordneten Raum, der Medien vor Willkür und Machtmissbrauch schützt und sie zugleich ihrerseits in ihrer „Freiheit für“ angemessenes Handeln zu dessen Schutz verpflichtet. Welchen Gefahren ist die Medienfreiheit, insbesondere in den Transformationsländern ausgesetzt und wie kann sie zur Demokratieentwicklung in ihnen beitragen?
Die moderne Demokratie entstand – auf der Grundlage eines vorher entwickelten Rechtsstaates – nicht als direkte Demokratie, sondern bedurfte seit dem 19. und erst recht im 20. Jahrhundert der Vermittlung durch Medien, die für eine breitere Öffentlichkeit Informationen und Diskussionen von politischen Vorstellungen und Parteien aufbereiteten und verbreiteten. Das hat einen technisch-erkenntnistheoretischen und einen demokratietheoretischen Aspekt.

Der technische liegt in der Notwendigkeit, Kommunikation auch zwischen den Bürgern herzustellen, die sich nicht direkt miteinander austauschen können. Vermittlung ist also aus rein praktisch-empirischen Gründen notwendig. Solche Vermittlung ist aber nicht als neutral-transparente Übergabe denkbar, sondern wirkt notwendig auf den Inhalt und die Art der Kommunikation ein. Denn genauso wie es keine Erkenntnis als sog. objektive Wiedergabe einer sog. objektiven Wirklichkeit gibt – die Lenin’sche Widerspiegelungstheorie, die verbal immer noch in manchen Köpfen spukt, gehörte zu den erkenntnistheoretisch vielleicht naiven, aber jedenfalls philosophisch unhaltbaren Elementen eines totalitären Kommunismus -, genauso gibt es keine „objektive“ Kommunikation, Mitteilung, Weitergabe von Nachrichten oder Meinungen. Eine Auswahl aus der prinzipiell unendlichen Zahl von Nachrichten und eine damit einhergehende Perspektivität mit wertenden Implikationen über ihre Wichtigkeit bzw. Bedeutung ist unvermeidbar.

Dieses Dilemma kann in einer modernen pluralistischen Demokratie, die nicht nur faktisch eine Vielfalt von Interessen enthält, sondern sie auch als legitim akzeptiert, nicht prinzipiell überwunden, sondern nur demokratiekonform gestaltet werden. Die Grundmaxime dafür liegt in der Forderung, das Spektrum der Interessen breit zu halten, ihr Gewicht vor Einseitigkeit zu schützen und den Raum für eine kontroverse Diskussion zu sichern. Sie bietet die Chance, die einzelnen Interessen und Prioritäten mit Kriterien des Gemeinwohls zu vergleichen, etwa gemäß dem Habermas’schen Kriterium der Verallgemeinerbarkeit der Interessen, und damit zugleich argumentativ die Vielfalt der Lösungsmöglichkeiten und gewollten bzw. ungewollten Folgen und Implikation möglicher Entscheidungen auszuloten, was der Solidität und der Gemeinwohlorientierung der Entscheidung zugute kommen soll. Damit führt bereits der technische Aspekt der Vermittlungsaufgabe von Medien zum zweiten demokratietheoretischen, d.h. zur demokratischen Verantwortung der Medien.

Denn wenn Demokratie die gleichberechtigte Teilhabe aller Bürger an der Politik bedeutet und Politik im wesentlichen die Vorbereitung und Durchführung von Entscheidungen – oder auch Nicht-Entscheidungen bzw. Blockaden – in Bezug auf Angelegenheiten meint, die kontrovers beurteilt werden und alle Bürger betreffen und binden, dann haben gemeinwohlorientierte Ziele nur eine Chance, wenn sich die Bürger darüber verständigen, wenn sie möglichst erschöpfend darüber argumentieren und die Implikationen von Entscheidungen offen legen können. Öffentlichkeit wurde so Jahrzehnte lang demokratietheoretisch als eine Art Filter angesehen, der partikularistische oder willkürliche Politik herauszufinden hilft und das demokratische Gemeinwohl befördert. Immanuel Kant hat es ganz im gleichen Sinne als eine Art Test für die Gerechtigkeit von Entscheidungen bezeichnet, wenn sie zu ihrer Verwirklichung der Öffentlichkeit bedürfen, wozu gehört, dass die Öffentlichkeit dem zustimmen und eine gerechte Interessenabwägung durchführen kann. Wenn man dagegen im Dunkeln munkelt, bleibt die Gerechtigkeit leicht auf der Strecke.

Damit ist zugleich gesagt, dass Demokratie, wie ich sie hier verstehe, nicht einfach ein wertmäßig neutrales Entscheidungsverfahren meint. Vielmehr begreife ich sie als eine normativ gestaltete politische Verfassung und Lebensform. Entsprechend ihrer ideengeschichtlichen wie grundgesetzlichen Bestimmung dient sie dem Ziel, die gleiche Würde aller Menschen im Sinne ihres gleichen Rechts und ihrer gleichen Pflicht zur Freiheit, d.h. zur selbstbestimmten und verantworteten Lebensführung und solidarischen Teilhabe am Gemeinwesen, zu verwirklichen. Zu ihrer Realisierung und Festigung braucht es nicht nur Gesetze und organisierte Institutionen, sondern auch eine politische Kultur, die die die angemessene Handhabung der Institutionen unterstützt. Wir kennen die Maxime, dass Gesetze ihrem Geiste und Buchstaben gemäß angewendet werden sollen. Wir wissen auch, dass man sie immer missbrauchen oder pervertieren kann, weil sich die Wirklichkeit, auf die sie angewendet werden sollen, in kein Gesetz ganz einfangen lässt. In Bezug auf die Gerechtigkeit hat Aristoteles deswegen in seiner berühmten Nikomachischen Ethik am Ende seiner Ausführungen zur Gerechtigkeit das „Gütige“ als ihren Gipfel gerühmt. Es besteht darin, auf ein eigenes Recht zu verzichten, wenn seine Einforderung eine größere Ungerechtigkeit nach sich ziehen würde. Das Gütige als Grundhaltung brauchen wir, so Aristoteles, in einem freiheitlichen Gemeinwesen, weil sich die Gerechtigkeit nie ganz in eine Gesetzesregelung umsetzen lässt.

Wenn Demokratie also auf kulturelle Unterstützung angewiesen ist, dann betrifft das einerseits die Grundhaltung der Bürger. Autoritäre Persönlichkeiten, die ihr individuelles Urteilsvermögen unbefragten Autoritäten unterordnen, die ihren Mitbürgern eher misstrauisch begegnen und nicht leicht mit ihnen kooperieren, die also – das gehört ins Bild – weder Fremd- noch Selbstvertrauen und infolgedessen auch keine Zukunftszuversicht aufbringen, Bürger, die ungeniert ihre partikularen Interessen verfechten, ihre Macht ausnutzen und sich um Fairness nicht scheren, Menschen, die sich abgewöhnt haben, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden oder die die Lüge für ein vertretbares Mittel halten, Gegner auszuschalten – können eine Demokratie nicht aufbauen oder bewahren. Sie zerstören dass Grundvertrauen, das Menschen sowohl für die mutige Gestaltung ihres privaten Lebens als auch für das Gelingen eines freiheitlichen Gemeinwesens, das eben grundsätzlich auf freiwilligen Gehorsam und freiwillige Kooperation baut, brauchen. Vertrauen ist die kulturelle Nahrung, ohne die eine Demokratie verkümmert, ohne die sich die Bürger und Interessengruppen gegenseitig im Wege stehen und blockieren, anstatt die Kraft zur Gemeinsamkeit aufzubringen und etwas zu ihrem gemeinsamen Wohl aufzubauen.

Diese Grundhaltung ihrerseits wird aber – und dies ist das zweite – nicht gedeihen -, wenn die Medien ihr zuwiderhandeln, anstatt sie ihrerseits zu fördern. Wenn Bürger einseitig informiert werden, dann fördert dies Misstrauen, weil es der Komplexität der Wirklichkeit und der gesellschaftlichen Wahrnehmungen, Ansprüche und Interessen nicht gerecht wird. Wenn Medien jenseits der oben kurz skizzierten grundsätzlich-philosophischen Schwierigkeit, angemessen, d.h. in pluralistischer Breite zu kommunizieren, einer ganz anderen Logik folgen, wenn sie um ihres Überleben willen vor allem auf Gewinn aus sein müssen und deswegen verzerrende Kampagnen betreiben, anstatt aufzuklären, dann werden sie ihrer demokratischen Grundverantwortung, an einer gemeinwohlorientierten Öffentlichkeit mitzuarbeiten und damit das gesellschaftliche Vertrauen, das die Demokratie braucht, mitzuschaffen, nicht gerecht. Den zentralen Begriff „Medienfreiheit“ in meinem Thema verstehe ich also nicht als individuell beliebige Willkür, als unbegrenzte „Freiheit von“, sondern als konstitutionell demokratisch geordneten Raum, der Medien vor Willkür und Machtmissbrauch schützt und sie zugleich ihrerseits in ihrer „Freiheit für“ angemessenes Handeln zu dessen Schutz verpflichtet. Welchen Gefahren ist die Medienfreiheit, insbesondere in den Transformationsländern ausgesetzt und wie kann sie zur Demokratieentwicklung in ihnen beitragen?
III. Institutionelle und kulturelle Gefahren für die Medienfreiheit

Als erstes liegt die Gefahr jeglicher politischer Machtkonzentration auf der Hand. Die traditionell bekannte in Diktaturen – gar totalitären Diktaturen – muss ich wahrscheinlich nicht näher beschreiben. Es ist klar, dass das ursprünglich marxistische Argument, die Macht des „Kapitals“ durch die geballte politische Macht des Volkes bzw. seiner Avantgarde zugunsten der wahren Volksherrschaft zu ersetzen, nicht diese letztere, sondern selbsternannte Eliten gegen das Volk privilegiert hat. Diese Gefahr institutionell, auf dem Wege von Verfassungs- und Gesetzesänderungen zu überwinden, gehörte in allen Transformationsländern zu den vorrangigen Aufgaben.

Freilich stand sie vor einer besonders komplexen Herausforderung: die alten Institutionen mit ihren Kadern und kulturellen Gewohnheiten zu überwinden und zugleich den neuen Gefahren wirtschaftlicher Machtkonzentration und der Verabsolutierung kapitalistischen Profitlogik zu wehren. Das Ganze unter Bedingungen eines neuen heftigen Schubs ökonomischer Globalisierung, die durch nationalstaatliche Gesetze kaum zu beeinflussen ist und die den Transformationsländern mehrheitlich ausländische Medieneigentümer beschert hat, mit komplizierten Folgen für das gerade gewonnene Selbstbestimmungsrecht der vom Kommunismus befreiten Gesellschaften. Dabei zeigt sich, dass „Freiheit von“ leichter zu bewerkstelligen ist als „Freiheit für“.

Wo liegen die gefährlichen Folgen der wirtschaftlichen Machtkonzentration und der Verabsolutierung kapitalistischer Gewinnlogik? Aus den öffentlichen Diskussionen der etablierten Demokratien sind sie bekannt, wenn auch in der letzten Zeit m.E. nicht genügend prägnant erörtert. Das Problem liegt wohl weniger im Einfluss der Eigentümer auf die Journalisten als im Zwang des Wettbewerbs, so preisgünstig wie möglich zu produzieren und so erfolgreich wie möglich die Medienprodukte abzusetzen. Die Einsparung von Personal, von fest angestellten Journalisten hat schon seit längerem zu einem klar erkennbaren Qualitätsverlust in Recherche und Analyse geführt. Wenn nicht genügend Zeit und kompetente Personen zur Verfügung stehen, solide informiert und analytisch reflektiert über Sachverhalte und Zusammenhänge zu berichten und sie zu kommentieren, wenn darüber hinaus – auch aus Gründen der Kostenersparnis – die inhaltlich selben Produkte in verschiedener Aufmachung erscheinen, dann leiden darunter die Gründlichkeit der Recherche und die Vielfalt der Aspekte und Argumente, die eine demokratische Öffentlichkeit und mit ihr die handelnden Politikerinnen und Politiker brauchen, um solide und vertrauenerweckende Entscheidungen zu fällen bzw. kritisch zu rezipieren.

Darüber hinaus wächst die Versuchung zur Skandalisierung, um die Auflagenhöhe zu steigern, und zur Banalisierung, um den Stoff mundgerecht zu servieren. Hier glaube ich übrigens, dass die Gesellschaft auch in ihren sehr unterschiedlichen Schichten bereiter ist als generell angenommen wird, komplizierte Sachverhalte zu verstehen, wenn sie Vertrauen in Personen und Institutionen gefasst hat, die dies zu vermitteln suchen.

Mit Skandalisierung und Banalisierung entsteht eine Verzerrung von Wirklichkeit, die über die unausweichliche Perspektivität weit hinaus geht, eine Unterscheidung zwischen Wahrheit und Lüge scheinbar (nicht wirklich!) überflüssig macht und das Vertrauen nicht nur zwischen Politik und Gesellschaft, sondern auch innerhalb der Gesellschaft beschädigt, ja zerstört, weil mit dem Verlust der Wahrheitsbindung auch die Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt.

Die Verabsolutierung der Markt- und Wettbewerbslogik unterminiert auch die zur Demokratie erforderliche Verantwortung der Menschen als politischer Bürger, als „Citoyens“ im Unterschied zum „Bourgeois“, weil sie als Konsumenten, nicht als mitverantwortliche Akteure angesprochen werden. Sie können dann bequem im Sessel sitzen und sich den Mund über all die Torheit, die Gewinnsucht, die Lächerlichkeit der handelnden Politik zerfetzen, ohne sich der Verpflichtung zu unterziehen, sich an deren Stelle zu setzen, was heißt: unter Bedingungen der unvermeidlichen Ungewissheit in der Sache und des vielfachen Interessendrucks zu entscheiden, und ohne die Verpflichtung, sich für konstruktive Alternativen verantwortlich zu fühlen.

Damit sind wir schon bei den kulturellen Folgen der institutionellen Markt- und Gewinnlogik. Hier sind Hindernisse auf Seiten der Journalisten zu nennen. Ein völlig verständlicher Ehrgeiz, in dieser Logik zu bestehen, bekräftigt den Wunsch, im Wettbewerb aufzufallen, Punkte zu machen, von anderen zitiert zu werden, auch wenn dies zu Unsachlichkeit und einer Verzerrung führt, die an Lüge grenzt. Denn der Zusammenhang, in den Fakten gebracht werden (die ihrerseits natürlich stimmen müssen), konstituiert deren jeweilige Wahrheit, die nicht absolut zu erreichen, aber durchaus absolut zu verfehlen ist, wenn man z.B. erkennbare Gegenargumente oder widersprechende andere Fakten verschweigt. Und wenn man sich, z. B unter Zeitdruck, nicht an die Verpflichtung hält, Behauptungen anhand unabhängiger alternativer Quellen zu prüfen.

Angesichts eines Wettbewerbs, der einen Kampf aller gegen alle nahe legt und damit aus wirtschaftlichen Gründen eine Situation wie in Hobbes’ politischer Welt der Wölfe herauf führt, reagieren viele Journalisten ausgesprochen allergisch, wenn man sie ihrerseits kritisiert, begreifen sie sich doch als Wächter der Öffentlichkeit, deren Autorität und Unparteilichkeit außer Frage steht. Die Medien dürfen, sollen, müssen die Politik nicht nur kritisieren – was ja im genauen Wortsinn „sondern“ heißt, also unterscheiden, zwischen gut und schlecht, falsch und richtig etc. und was der Demokratie völlig angemessen wäre. Sie dürfen sie auch vielfach höhnend oder ironisch-überlegen attackieren, aber wehe, die Politik zahlt mit gleicher Münze heim! Dagegen hält die Zunft dann oft wie Pech und Schwefel zusammen, ohne zu begreifen, dass sie der Wahrheit und den ethischen Geboten der Demokratie genauso zu dienen hat wie die Politik. Blind machender Ehrgeiz, Korrumpierbarkeit, Trägheit und mangelnde Moral sind kein Privileg der Politik, sondern Verführungen, denen wir alle ausgesetzt sind und gegen die nur gegenseitige Korrektur und Kritikoffenheit hilft.

Als erstes liegt die Gefahr jeglicher politischer Machtkonzentration auf der Hand. Die traditionell bekannte in Diktaturen – gar totalitären Diktaturen – muss ich wahrscheinlich nicht näher beschreiben. Es ist klar, dass das ursprünglich marxistische Argument, die Macht des „Kapitals“ durch die geballte politische Macht des Volkes bzw. seiner Avantgarde zugunsten der wahren Volksherrschaft zu ersetzen, nicht diese letztere, sondern selbsternannte Eliten gegen das Volk privilegiert hat. Diese Gefahr institutionell, auf dem Wege von Verfassungs- und Gesetzesänderungen zu überwinden, gehörte in allen Transformationsländern zu den vorrangigen Aufgaben.

Freilich stand sie vor einer besonders komplexen Herausforderung: die alten Institutionen mit ihren Kadern und kulturellen Gewohnheiten zu überwinden und zugleich den neuen Gefahren wirtschaftlicher Machtkonzentration und der Verabsolutierung kapitalistischen Profitlogik zu wehren. Das Ganze unter Bedingungen eines neuen heftigen Schubs ökonomischer Globalisierung, die durch nationalstaatliche Gesetze kaum zu beeinflussen ist und die den Transformationsländern mehrheitlich ausländische Medieneigentümer beschert hat, mit komplizierten Folgen für das gerade gewonnene Selbstbestimmungsrecht der vom Kommunismus befreiten Gesellschaften. Dabei zeigt sich, dass „Freiheit von“ leichter zu bewerkstelligen ist als „Freiheit für“.

Wo liegen die gefährlichen Folgen der wirtschaftlichen Machtkonzentration und der Verabsolutierung kapitalistischer Gewinnlogik? Aus den öffentlichen Diskussionen der etablierten Demokratien sind sie bekannt, wenn auch in der letzten Zeit m.E. nicht genügend prägnant erörtert. Das Problem liegt wohl weniger im Einfluss der Eigentümer auf die Journalisten als im Zwang des Wettbewerbs, so preisgünstig wie möglich zu produzieren und so erfolgreich wie möglich die Medienprodukte abzusetzen. Die Einsparung von Personal, von fest angestellten Journalisten hat schon seit längerem zu einem klar erkennbaren Qualitätsverlust in Recherche und Analyse geführt. Wenn nicht genügend Zeit und kompetente Personen zur Verfügung stehen, solide informiert und analytisch reflektiert über Sachverhalte und Zusammenhänge zu berichten und sie zu kommentieren, wenn darüber hinaus – auch aus Gründen der Kostenersparnis – die inhaltlich selben Produkte in verschiedener Aufmachung erscheinen, dann leiden darunter die Gründlichkeit der Recherche und die Vielfalt der Aspekte und Argumente, die eine demokratische Öffentlichkeit und mit ihr die handelnden Politikerinnen und Politiker brauchen, um solide und vertrauenerweckende Entscheidungen zu fällen bzw. kritisch zu rezipieren.

Darüber hinaus wächst die Versuchung zur Skandalisierung, um die Auflagenhöhe zu steigern, und zur Banalisierung, um den Stoff mundgerecht zu servieren. Hier glaube ich übrigens, dass die Gesellschaft auch in ihren sehr unterschiedlichen Schichten bereiter ist als generell angenommen wird, komplizierte Sachverhalte zu verstehen, wenn sie Vertrauen in Personen und Institutionen gefasst hat, die dies zu vermitteln suchen.

Mit Skandalisierung und Banalisierung entsteht eine Verzerrung von Wirklichkeit, die über die unausweichliche Perspektivität weit hinaus geht, eine Unterscheidung zwischen Wahrheit und Lüge scheinbar (nicht wirklich!) überflüssig macht und das Vertrauen nicht nur zwischen Politik und Gesellschaft, sondern auch innerhalb der Gesellschaft beschädigt, ja zerstört, weil mit dem Verlust der Wahrheitsbindung auch die Gerechtigkeit auf der Strecke bleibt.

Die Verabsolutierung der Markt- und Wettbewerbslogik unterminiert auch die zur Demokratie erforderliche Verantwortung der Menschen als politischer Bürger, als „Citoyens“ im Unterschied zum „Bourgeois“, weil sie als Konsumenten, nicht als mitverantwortliche Akteure angesprochen werden. Sie können dann bequem im Sessel sitzen und sich den Mund über all die Torheit, die Gewinnsucht, die Lächerlichkeit der handelnden Politik zerfetzen, ohne sich der Verpflichtung zu unterziehen, sich an deren Stelle zu setzen, was heißt: unter Bedingungen der unvermeidlichen Ungewissheit in der Sache und des vielfachen Interessendrucks zu entscheiden, und ohne die Verpflichtung, sich für konstruktive Alternativen verantwortlich zu fühlen.

Damit sind wir schon bei den kulturellen Folgen der institutionellen Markt- und Gewinnlogik. Hier sind Hindernisse auf Seiten der Journalisten zu nennen. Ein völlig verständlicher Ehrgeiz, in dieser Logik zu bestehen, bekräftigt den Wunsch, im Wettbewerb aufzufallen, Punkte zu machen, von anderen zitiert zu werden, auch wenn dies zu Unsachlichkeit und einer Verzerrung führt, die an Lüge grenzt. Denn der Zusammenhang, in den Fakten gebracht werden (die ihrerseits natürlich stimmen müssen), konstituiert deren jeweilige Wahrheit, die nicht absolut zu erreichen, aber durchaus absolut zu verfehlen ist, wenn man z.B. erkennbare Gegenargumente oder widersprechende andere Fakten verschweigt. Und wenn man sich, z. B unter Zeitdruck, nicht an die Verpflichtung hält, Behauptungen anhand unabhängiger alternativer Quellen zu prüfen.

Angesichts eines Wettbewerbs, der einen Kampf aller gegen alle nahe legt und damit aus wirtschaftlichen Gründen eine Situation wie in Hobbes’ politischer Welt der Wölfe herauf führt, reagieren viele Journalisten ausgesprochen allergisch, wenn man sie ihrerseits kritisiert, begreifen sie sich doch als Wächter der Öffentlichkeit, deren Autorität und Unparteilichkeit außer Frage steht. Die Medien dürfen, sollen, müssen die Politik nicht nur kritisieren – was ja im genauen Wortsinn „sondern“ heißt, also unterscheiden, zwischen gut und schlecht, falsch und richtig etc. und was der Demokratie völlig angemessen wäre. Sie dürfen sie auch vielfach höhnend oder ironisch-überlegen attackieren, aber wehe, die Politik zahlt mit gleicher Münze heim! Dagegen hält die Zunft dann oft wie Pech und Schwefel zusammen, ohne zu begreifen, dass sie der Wahrheit und den ethischen Geboten der Demokratie genauso zu dienen hat wie die Politik. Blind machender Ehrgeiz, Korrumpierbarkeit, Trägheit und mangelnde Moral sind kein Privileg der Politik, sondern Verführungen, denen wir alle ausgesetzt sind und gegen die nur gegenseitige Korrektur und Kritikoffenheit hilft.
IV. Die besondere Situation der Transformationsländer

Dies alles gilt bereits für etablierte Demokratien. In Transformationsländern kommt hinzu, dass weder die neuen politischen Institutionen noch erst recht eine demokratische politische Kultur Zeit hatten, sich zu festigen, so dass die Gefahren des kapitalistischen Marktes sich leicht und oft schwer durchdringbar mit denen der überkommenen undemokratischen Traditionen und Eliten der überwundenen Diktaturen verknüpfen und sich dadurch gegenseitig verstärken. Wenn ein vermachteter Medienmarkt mit einer autoritär-diktatorischen Tradition politischer Kultur und unzureichendenden Mediengesetzen zusammen kommen, hat es die Demokratieentwicklung schwer. Überdies machen wir immer wieder die Erfahrung, dass die überkommenen Eliten von ihren sozialen Netzen profitieren und von ausländischen Investoren gern wegen ihrer Gewinn bringenden Effektivität gehalten werden.

Wir haben bisher auf die innere Situation der Transformationsländer geblickt. Aber wie in Westeuropa nach 1945 hängt das Gelingen der Demokratisierung vom europäischen Kontext ab. Die demokratiepolitische Chance der westdeutschen Bundesrepublik lag – neben der Tradition demokratisch-politischer Parteitraditionen von CDU/CSU, SPD und den nicht deutsch-nationalen Liberalen in ihrer Einbettung in die westeuropäische Integration und in die NATO. Mit denselben Argumenten ist für die rasche Aufnahme der postkommunistischen Länder in die Europäische Union plädiert worden. Die Stabilisierung ihrer Demokratien durch die europäische Integration und die Einsparung einer nationalen Verteidigung, die kostspieliger geworden wäre als die Eingliederung in die NATO, waren wichtige politische Gesichtspunkte in der politischen Diskussion.

Umfragen etwa in Polen haben auch gezeigt, dass die mittelosteuropäischen Gesellschaften von der Integration in die Europäischen Union durchaus eine überzeugendere Qualität ihrer Demokratien erwartet haben und erwarten. In Bezug auf die Medien zeigt sich allerdings hier ein besonderes Problem. Denn die Berichterstattung westeuropäischer Journalisten in deren Heimatländern ist nicht immer hilfreich, wenn sie denn überhaupt in nennenswertem Maße stattfindet. Angesichts des historischen Informations- und Interessengefälles von Ost nach West und tief verwurzelter negativer Vorurteile gegenüber dem Osten, war und ist es auch unter demokratiepolitischem Aspekt wichtig, die Befestigung dieser Vorurteile zu vermeiden. Sie geschieht aber leicht, wenn man die neuen Demokratien paternalistisch als defiziente Nachzügler in Sachen Demokratie beschreibt, ohne ihre jeweiligen historischen und kulturellen Voraussetzungen und Besonderheiten zu erläutern und ohne die generellen Probleme einer rasanten Modernisierung unter den besonderen Bedingungen der ökonomischen Globalisierung mit ihren – auch im Westen – gravierenden sozialen Umbrüchen und Verwerfungen zureichend in Rechnung zu stellen.

In Bezug auf Polen z.B. entsteht dann leicht ein Eindruck sozialer Rückständigkeit, religiöser Borniertheit und politischer Sturheit, der sich mit den traditionellen Vorurteilen (sie sind ja fast immer negativ!) verbindet und sie bekräftigt. Wenn die Berichterstattung sich dann zusätzlich auf die Hauptstadt konzentriert und das Land de facto mit seiner jeweiligen Regierung identifiziert und die gesellschaftliche Vielfalt auf einige Skurrilitäten zusammen schnurren lässt, dann weckt und stärkt das negative Einstellungen auf beiden Seiten und dient weder der Entwicklung der nationalen Demokratien noch der demokratischen europäischen Einigung, die ihrerseits die Demokratien stabilisieren könnte.
V. Chancen der Demokratieentwicklung durch die Medien

Aus den bisherigen Überlegungen lassen sich 10 zusammenfassende Forderungen ableiten. Wie immer, wenn es um Demokratisierung geht, müssen wir an institutionelle und an kulturelle Wege denken.

Zu den wichtigsten institutionellen gehört die kluge Verankerung der Medienfreiheit in den neuen demokratischen Verfassungen. Dies ist in der Regel der Fall.
Dazu gehören allerdings auch Mediengesetze, die die Erfahrungen der westlichen Länder ebenso berücksichtigen wie die neue Mischung von diktatorisch-politischen und kapitalistisch-ökonomischen Gefahren. Diese dürfen nicht durch andere Vorschriften (z.B. im Strafrecht oder in Sicherheitsgesetzen oder staatliche Intervention ausgehebelt werden.)
Zentral bedeutend ist dabei die Einschränkung von wirtschaftlicher und politischer Machtkonzentration …
… und eine reflektierte Verbindung von öffentlichen und privaten Medien, wobei die öffentlichen sowohl den parteipolitischen Missbrauch als auch die Blockade einer übertriebenen gesellschaftlichen „Ausgewogenheit“ von Aufsichtsräten vermeiden müssen, weil sonst originelle und unabhängige Kritik „weg-nivelliert“ wird.
Für die Öffentlichen muss genug Raum bleiben, weil die privaten Medien erfahrungsgemäß Information, Analyse und Kultur zu kurz kommen lassen, auf die eine lebendige Demokratie aber angewiesen ist.
und das ist an dieser Stelle und an Ihre Adresse gerichtet vielleicht die wichtigste Anregung: Etablieren Sie medieninterne Jurys, die Missbrauch verfolgen und professionelle Kritik mit wirksamen Sanktionen anwenden. Das wichtigste Konstruktionsprinzip der Institutionen ist die Transparenz. Denn es gibt keine Interessenneutralität und auch keine Objektivität der Medien. Transparenz aber hilft am besten, Interessen zu verfolgen und deren möglichen negativen Konsequenzen entgegenzuwirken.
Zu den kulturellen Elementen
Die institutionellen Regelungen müssen sich mit der Festlegung und immer erneuten öffentlichen Reflexion demokratischer kultureller Standards verbinden, die bis in die Journalistenausbildung reichen sollten.
Auch dies möchte ich an dieser Stelle ganz deutlich hervorheben: Debatten zwischen unterschiedlichen medialen Positionen halte ich für überaus wichtig, eine Wagenburg-Mentalität unter Kollegen nach dem Motto „right or wrong my colleague“ für dysfunktional. Die Diskreditierung von solchen Debatten als „Zerstrittenheit“ dient der Demokratie nicht, die auf den Austrag der Pluralität von Aspekten zugunsten des Gemeinwohls angewiesen ist. Auch Politikerbeschimpfung, ebenso wie die simple Moralisierung von Konflikten anstelle ihrer sorgfältigen Analyse macht es sich zu leicht und geht an den Notwendigkeiten der Demokratie vorbei
Ganz entscheidend ist m.E. zur Stärkung der Demokratieentwicklung in den Transformationsländern die Europäisierung der öffentlichen Debatten. Dass Polen in Deutschland kritisch über Politik und Gesellschaft ihres Landes urteilen ebenso wie Deutsche in Polen hilft der europäischen Verständigung und Integration und darf nicht zugunsten einer nationalen Regression verunglimpft werden. Wir Deutsche oder: Wir Journalisten oder: Wir Politiker müssen zusammenhalten! – das ist die falsche Devise. Wir müssen alle miteinander fair umgehen, aber zugleich eigenständig und zivilcouragiert. Demokratieentwicklung gelingt nicht mehr rein national, sondern nur noch mindestens europäisch, eigentlich nur noch global.
Die letzte und beste Instanz für das Gelingen von Demokratieentwicklung in unserer ökonomisch und kulturell globalisierten geschichtlichen Situation ist eine wache, kritische in eigener politischer Aktivität (auch etwa der organisierten Zivilgesellschaft) erfahrene Öffentlichkeit, so wie schon die berühmten „Federalist Papers“ in der Diskussion um die amerikanische Verfassung darauf hingewiesen haben, dass gegen allen Missbrauch institutioneller Regelungen allein der „manly spirit“ der Amerikaner eine Garantie zu bieten vermag. Heute gehören allerdings auch, vielleicht ganz besonders die Frauen dazu. Und das ist gut so!

Keine Pressefreiheit ohne Menschenrechte – Barbara Lochbihler

Vortrag von Barbara Lochbihler auf der Jahreskonferenz des Netzwerk Recherche, 15. Juni 2007

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich bedanke mich sehr für die Gelegenheit, heute zu Ihnen über die Pressefreiheit sprechen zu dürfen. Sie alle sind Frauen und Männer der journalistischen Praxis, und es wird in den nächsten zwei Tagen auch darum gehen, wie ganz praktisch die Pressefreiheit verletzt wird, namentlich in Osteuropa. Das mir gestellte Thema „Keine Pressefreiheit ohne Menschenrechte“ verlangt hingegen nach Grundsätzlichkeit, und ich will auch gleich ein paar grundsätzliche Anmerkungen machen. Doch auch wir von amnesty international sind Frauen und Männer der Praxis, uns interessiert zunächst und vor allem die konkrete Menschenrechtsverletzung und das davon betroffene Opfer, und auch davon soll in den nächsten 15 Minuten die Rede sein.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte stellte erst kürzlich in einer Entscheidung fest1: „Die Meinungsfreiheit ist eine der wesentlichen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft und eine der Grundvoraussetzungen für ihren Fortschritt und für die Selbstbestimmung eines jeden Individuums … Die Freiheit gilt nicht nur der ‚Information’ und den ‚Ideen’, die als vorteilhaft, genehm oder problemlos empfunden werden; sondern auch jenen Informationen und Ideen, die beleidigen, schockieren und stören. Dies verlangen die Gebote des Pluralismus, der Toleranz und der Offenheit, ohne die es eine demokratische Gesellschaft nicht geben kann.“

Der Gerichtshof hätte hier auch sagen können: Das verlangt der Gedanke der Menschenrechte. Ich habe dieses Zitat aus zwei Gründen an den Anfang gestellt. Erstens, weil es von der überragenden Bedeutung der Meinungsfreiheit für freiheitliche und demokratische Gesellschaften spricht. Und zweitens, weil es den Grundgedanken der Menschenrechtsidee benennt: Die Rechte kommen einem jeden Menschen unveräußerlich zu, egal, ob jemand anderem das nun passt oder nicht, egal, ob sich Herrschende geschockt oder gestört fühlen, und auch weitgehend unabhängig davon, ob sich der Betreffende selbst an die gesellschaftlichen Normen und Regeln hält oder nicht. Und ich will gleich zu Beginn daran erinnern, dass dieser Gedanke noch immer keineswegs selbstverständlich ist. Er hat, schaut man auf die alltägliche weltweite Praxis, noch immer viel im besten Sinne revolutionäres Potential.

Die Pressefreiheit als Menschenrecht: Überspringen wir die gesamte ideengeschichtliche und kämpferische Geschichte der Menschenrechte vor 1945 und betrachten wir die für uns wesentlichen Basisdokumente, die nach der Barbareierfahrung des Zweiten Weltkriegs entstanden. Man stellt zunächst erstaunt fest: Von Pressefreiheit ist da gar nicht so sehr die Rede. Noch im ganzen 19. Jahrhundert war die „Pressfreiheit“ ein umkämpfter und zentraler Begriff emanzipatorischer Anstrengungen. Doch weder in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 (AEMR) noch in der Europäischen Menschenrechtskonvention von 1950 (EMRK) noch im Internationalen Pakt über die bürgerlichen und zivilen Rechte von 1966 (Zivilpakt) kommt der Begriff direkt vor – und dies, obwohl nun individuelle Abwehr und Anspruchsrechte erstmals völkerrechtlichen Rang und Verbindlichkeit erfuhren, d.h. das Individuum als Rechtsträger im supranationalen Kontext anerkannt wurde.

Ganz anders im deutschen Grundgesetz. Artikel 5 schützt mindestens fünf Freiheitsrechte ganz ausdrücklich, nämlich die Meinungsäußerungs und verbreitungsfreiheit, die Informationsfreiheit (aus allgemein zugänglichen Quellen), die Pressefreiheit, die Rundfunkfreiheit, die Film- bzw. Fernsehfreiheit. Und er verfügt, ebenfalls ganz ausdrücklich, ein Zensurverbot.

Dass die menschenrechtlichen Texte hier zurückhaltender sind, mag auch mit unterschiedlichen Rechtsstraditionen zu tun haben, worauf vereinzelt verwiesen wird. Doch der Grund scheint mir ein anderer zu sein, sozusagen ein menschenrechtlicher. Pressefreiheit ist ohne einen größeren menschenrechtlichen Kontext gar nicht zu denken, und auf diesen kommt es an. Sie wird nämlich aus einem umfassenden Menschenrecht auf freie Kommunikation abgeleitet. Artikel 19 der AEMR lautet: „Jedermann hat das Recht auf Freiheit der Meinung und der Meinungsäußerung; dieses Recht umfasst die unbehinderte Meinungsfreiheit und die Freiheit, ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut durch Mittel jeder Art sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.“ Die EMRK, Art. 10, behandelt das Recht auf freie Meinungsäußerung – das, als Grundlage, das Recht auf freie Meinung („Geistesfreiheit“) einschließt. Medien werden eher implizit bzw. negativ behandelt: Absatz 1 stellt fest, dass Staaten die Rundfunk- oder Fernsehunternehmen einem Genehmigungsverfahren unterwerfen können. Die Printmedien sind nicht genannt. Der völkerrechtlich verbindliche Zivilpakt greift die Meinungsfreiheit ebenfalls in seinem Artikel 19 auf und spezifiziert sie als die Freiheit, ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen Informationen und Gedankengut jeder Art in Wort, Schrift oder Druck, durch Kunstwerke oder andere Mittel eigener Wahl sich zu beschaffen, zu empfangen und weiterzugeben.“ Hier immerhin ist das gedruckte Wort genannt. Aber auch hier ist deutlich: Es geht um einen größeren Gesamtzusammenhang.

Pressefreiheit ist also als Teil der Meinungsfreiheit ein Menschenrecht. Das Bundesverfassungsgericht bewertet die Meinungsfreiheit in seiner ersten grundlegenden Entscheidung zum Artikel 5 GG in kaum zu überbietender Weise: „Das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung ist als unmittelbarer Ausdruck der menschlichen Persönlichkeit in der Gesellschaft eines der vornehmsten Menschenrechte überhaupt…. Für eine freiheitlich-demokratische Staatsordnung ist es schlechthin konstituierend (….) Es ist in gewissem Sinn die Grundlage jeder Freiheit überhaupt.“ (BverfGE 7, 198 (208), v. 15.1.1958).

Die Meinungsfreiheit – oder auch Meinungsäußerungsfreiheit – wiederum steht im Kontext und in Beziehung zu anderen Menschenrechten. Schaut man auf die unmittelbare Nachbarschaft des Artikel 19 der AEMR und des Zivilpakts, so finden wir in Art. 18 die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, in Artikel 20 (bzw. 21 und 22 im Zivilpakt) die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit. Der Zivilpakt schiebt übrigens als Artikel 20 das Verbot jeder Kriegspropaganda sowie von Hassreden dazwischen, genau jene Einschränkung, die amnesty international im Zweifelsfall an die Meinungsfreiheit anlegt.

Beide „Nachbarrechte“ – die Gedanken-, Gewissen- und Religionsfreiheit wie die Vereinigungs- und Versammlungsfreiheit zählen sowohl im privatpersönlichen wie im öffentlichkeitsbezogenen Verständnis zu den fundamentalen Menschenrechten.

Ich will noch kurz auf einen anderen Kontext verweisen. Ab Artikel 22 benennt die AEMR eine ganze Reihe von wirtschaftlichen und sozialen Rechten: Das Recht auf soziale Sicherheit (Art. 22); Das Recht auf Arbeit und gerechte Entlohnung (Art. 23); Das Recht auf Gesundheit (25), auf Bildung (Art. 26). Diese „Wirtschaftlichen, Sozialen und Kulturellen Rechte“ bezeichnen Juristen gerne als Anspruchsrechte, im Unterschied zu den Abwehrrechten, zu denen die vorgenannten, darunter die Meinungsfreiheit gehören. Die AEMR stellt bis heute den umfassendsten Katalog freiheitlich-politischer und wirtschaftlich-sozial-kultureller Rechte dar. Und dieses Zusammengehen verweist auch darauf, dass die einen ohne die anderen nicht funktionieren können. Wer sein Recht auf Bildung nicht wahrnehmen kann, also nicht lesen kann, zudem so arm ist, dass Zeitungen zu einem Luxus zählen, der für ihn finanziell unerreichbar ist, für den ist die Pressefreiheit materiell wertlos, solange nicht seine anderen Menschenrechte verwirklicht sind.

Wie steht es um die Pressefreiheit in der Welt? Nicht gut, das wissen Sie aus Ihrer Arbeit. Es würde meine Zeit und Ihre Geduld überfordern, wollte ich hier umfassend Auskunft geben. Mit Osteuropa vor allem werden Sie sich ohnehin ausführlich befassen. Ich greife mal eine Region heraus, die wir im kürzlich vorgestellten Jahresbericht 2007 unter dem Stichwort Meinungs- und Pressefreiheit im Fokus hatten: Den Nahen Osten.

Die meisten Regierungen im Nahen Osten waren im Jahr 2006 darauf bedacht, die Kontrolle über die öffentliche Meinung zu behalten, und setzten der Äußerung abweichender Meinungen enge Grenzen. Medien riskierten strafrechtliche Verfolgung, wenn sie Vertreter der Regierung oder anderer staatlicher Stellen kritisierten. In Algerien, Ägypten und Marokko wurden Journalisten auf der Grundlage von Gesetzen über Verleumdung strafrechtlich verfolgt, während im Iran nach wie vor Zeitungen ihr Erscheinen einstellen mussten oder Journalisten inhaftiert oder misshandelt wurden. Die staatlichen Kontrollen erstreckten sich auch auf das Internet. Die Regierung von Bahrain verbot mehrere Webseiten, und die syrischen Behörden blockierten den Zugang zu Homepages, auf denen Nachrichten und Kommentare über Syrien angeboten wurden. In Ägypten und im Iran wurden Blogger, die die Behörden kritisiert hatten, in Haft genommen. Menschen, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung einforderten, riskierten ihre Festnahme und Inhaftierung sowie Schikanen und Einschüchterungsmaßnahmen. Besonders groß war diese Gefahr im Iran, in Syrien, Tunesien und der Westsahara.

Der Rückschlag, den die Menschenrechte seit 9/11 erfahren haben, hat auch die Pressefreiheit berührt. Konnte man vor 2001 von einem zumindestens theoretischen und zumindest unter Rechtsstaaten vorfindlichen Konsens sprechen, dass internationale Politik den Leitsätzen der Menschenrechte zu folgen habe, so ist dieser Konsens verloren gegangen. Im Gegenteil, es scheint so, als sei heute derjenige begründungspflichtig, der genau darauf pocht – auch im Kampf gegen Terrorismus. Der Primat einer militärisch verstandenen Sicherheitspolitik hat zu Gesetzen geführt, die auch in westlichen Demokratien die Pressefreiheit einschränken – und zu Forderungen, die Pressefreiheit müsse hinter dem Erfordernis der Terrorbekämpfung zurückstehen. In vielen Ländern nehmen Regierungen den Antiterrorkampf als willkommene Legitimierung, die ohnehin betriebene Unterdrückung politischer Opposition und Meinungsfreiheit zu intensivieren. In Usbekistan hat sich das Klima für unabhängigen Journalismus derart verschlechtert, dass die BBC im November ihr Büro in Taschkent schließen musste. In Pakistan sind auch Journalisten unter den Hunderten, die in den letzten Jahren im Zuge des Antiterrorkampfes „verschwunden“ sind. Andere sind noch da, werden aber immer wieder schikaniert und willkürlich verhaftet.

Die Zahl getöteter Journalisten in Kriegsgebieten ist in den letzten Jahren stark gestiegen; allein im Irak kamen seit Beginn des Krieges 2003 mindestens 139 Journalisten gewaltsam ums Leben. Immer öfter sterben Journalisten nicht nur im Kreuzfeuer oder durch Unfälle, sondern durch gezielte Angriffe bewaffneter Gruppen. Stellvertretend für alle erinnere ich an die Korrespondentin des arabischen Nachrichtensenders Al-Arabiya, Atwar Bahjat, ihren Kameramann Adnan Khairallah und den Tontechniker Khaled Mohsen. Sie wurden im Februar 2006 in Samarra nördlich von Bagdad entführt und umgebracht. Ständig steigt auch die Zahl entführter Journalisten, was unterstreicht, dass Journalisten zunehmend Opfer gezielter Maßnahmen werden. amnesty international unterstützt die Forderung, dass internationale Schutzmaßnahmen ergriffen werden müssen. amnesty international hat den UN-Sicherheitsrat aufgerufen,solche Maßnahmen zu ergreifen. Der Sicherheitsrat hat am 23.12.2006 die Angriffe auf Journalisten verurteilt und alle Konfliktparteien aufgerufen, solche Angriffe zu beenden. amnesty international hat mit anderen Organisationen eine Kampagne für ein Protective Press Emblem (PEMBLEM) für Medienvertreter in Konfliktgebieten begonnen. Das alles reicht natürlich nicht. Wie alle Zivilisten müssen Journalisten im Krieg geschützt werden, so sieht es das Völkerrecht vor, und wie bei allen völker- und menschenrechtlichen Bestimmungen müssen wir unablässig daran arbeiten, das die Bestimmungen in substantiellen Schutz umgesetzt werden.

In vielen Ländern erlauben nationale Bestimmungen, dass Journalisten eingeschüchtert und verfolgt werden. In der Türkei gibt es ungeachtet zahlreicher substantieller Reformen weiterhin den Strafbestand der „Verunglimpfung des Türkentums“, nunmehr Artikel 301 des türkischen Strafgesetzbuches. Diese Bestimmung dient seit Jahrzehnten dazu, kritische Journalisten zu verfolgen. Im Iran sind es Bestimmungen zur „Beleidigung“ der Religion wie Artikel 513 des iranischen Stragesetzbuches, die denselben Effekt haben. Dieser Artikel sieht sogar die Möglichkeit vor, die Todesstrafe zu verhängen. amnesty international fordert seit langem die ersatzlose Streichung des Artikels 301 in der Türkei und anderer vergleichbarer Bestimmungen.

Die Nachrichtentechnik verändert sich, die Verletzungen der Pressefreiheit auch. Wir haben es heute zunehmend mit dem Phänomen der Internetrepression zu tun. Derzeit hoch im Kurs ist das „Chinesische Modell“: ein regierungskontrolliertes Internet, das wirtschaftlichem Wachstum alle Freiheiten, der freien Meinung hingegen keine Chance einräumt. 25 Staaten sind es mindestens, die derzeit im Staatsauftrag inhaltliche Filter für das Internet einsetzen. In China selbst sind Hunderte von Webseiten gesperrt. Angeblich überwachen mehr als 30.000 Polizisten das Internet rund um die Uhr. Wer in China „Demokratie“, „Menschenrechte“ oder „amnesty international“ in eine Suchmaschine eingibt, erhält praktisch keine Treffer. Die Technologie für das Filtern von Suchbegriffen oder das Blocken von websites kommt von ausländischen Unternehmen wie Yahoo, Google, Microsoft oder Cisco. In der deutschen amnesty-Sektion läuft zur Zeit eine erfolgreiche Kampagne, die die Schicksale einiger verfolgter Journalisten herausstellt. Shi Tao ist einer von ihnen, ein 38-jähriger chinesischer Journalist und Dichter. Er bekam eine Redaktionssitzung mit, in der kurz vor dem Jahrestag des Massakers auf dem Tiananmen-Platz ein Richtlinie der Partei zur Kenntnis gegeben wurde. Sie sah strikte Verhaltensvorschriften für die Berichterstattung rund um den Jahrestag vor. Shi Tao mailte die Inhalte dieser Richtlinie unter Pseduonym an die Stiftung „Asia Democracy“ in New York. Monate später stand die Polizei vor seiner Tür. Yahoo hatte die IP-Adresse von Shi Taos Rechner weitergegeben und ihn damit an die Behörden ausgeliefert. Shi Tao erhielt 10 Jahre Haft. Man habe eine Selbstverpflichtung unterschreiben müssen, um in China tätig sein zu können, heißt es bei Yahoo. amnesty international hat im letzten Jahr die Kampagne „irrepressible dot info“ gestartet, die sich gegen die wachsende Zensur im Internet richtet. Auf http://irrepressible.info können Sie online dagegen protestieren.

Erlauben Sie mir zum Schluss ein anlassgemäßes Wort zu meiner Organisation. Wollte man es etwas überspitzen, könnte man sagen: der Embryo von amnesty international ist ein Zeitungsartikel. Jedenfalls setzen wir unser Geburtsdatum auf den 28. Mai 1961, auf den Tag also, an dem in der britischen Zeitung „The Observer“ ein ganzseitiger Artikel des Rechtsanwalts Peter Benenson erschien. Darin rief Benenson dazu auf, sich der Initiative „Appeal for Amnesty“ anzuschließen. Bei der Schilderung der Schicksale stützte sich Benenson wiederum auf Zeitungsberichte. Binnen weniger Wochen wurde Benensons Artikel ganz oder in Auszügen von rund 30 Zeitungen in Europa und den USA übernommen. In diesem Kreis sei noch darauf hingewiesen, dass zu den 14 Gründern der deutschen amnesty-Sektion, die sich noch im selben Jahr 1961 konstituierte, sieben Journalisten und Publizisten gehörten, darunter Carola Stern und Gerd Ruge.

Menschenrechte sind eine öffentliche Angelegenheit. Menschenrechtsarbeit – auch zum Schutz der Pressefreiheit – kann nicht nur den Weg der stillen Diplomatie gehen. Menschenrechtsarbeit ist deshalb notwendig Öffentlichkeitsarbeit. Es liegt in der Idee der Menschenrechte selbst, dass sie Gegenstand einer weltöffentlichen Debatte sind. Öffentlichkeit ist aber auch für die konkrete Arbeit zum Schutz von und Gerechtigkeit für Opfer unverzichtbar. Es ist banal, aber immer wert, sich ins Gedächtnis zu rufen: Der schlimmste Feind der Menschenrechtsverletzung ist Öffentlichkeit. Öffentlichkeit ist Prävention. Öffentlicher Druck ist oft das wichtigste, zu oft das einzige Mittel im Kampf gegen Menschenrechtsverletzungen. Doch die Öffentlichkeitsarbeit von Organisationen wie amnesty international, von Anwälten oder anderen Menschenrechtsverteidigern allein reicht nicht aus. Die Unterstützung durch die Medien ist unabdingbar. Deswegen ist unabhängiger Journalismus aus Sicht der Menschenrechtsarbeit so unverzichtbar, und deshalb gehören Journalisten zu den gesellschaftlichen Gruppen, die Menschenrechtsverletzer besonders im Visier haben. Kritische Journalisten sind für sie nämlich gleichsam existenzbedrohend.

Wir von amnesty international würden Sie nie auffordern, sich mit uns „gemein zu machen“, auch wenn es natürlich „eine gute Sache“ ist, für die wir eintreten. Sie merken, ich spiele auf Ihr Podium morgen Vormittag an. Im Gegenteil, wir wollen, dass Sie unser Material zum Anlass nehmen, selbst über Menschenrechtsverletzungen und Menschenrechtsthemen zu recherchieren um dann unabhängig darüber zu berichten. Wir sind bemüht, seriöse Informationen zu geben, die Ihre Arbeit unterstützen. Wir wünschen uns allerdings, dass Sie vielleicht ein bisschen öfter und prominenter die Themen aufgreifen, die wir „anzubieten“ haben. Denn in der Tat sind wir der Meinung, dass das Thema Menschenrechte nicht beliebig ist, sondern eines, das im Zentrum jeder Politik steht. Denn Menschenrechte sind, um noch einmal den Europäischen Gerichtshof aufzugreifen, „die wesentlichen Grundlagen einer demokratischen Gesellschaft und eine der Grundvoraussetzungen für ihren Fortschritt und für die Selbstbestimmung eines jeden Individuums“. Menschenrechte sind also Voraussetzung und Leitlinie für all das, was Politik sinnvollerweise erreichen soll. Und insofern ein Muss für den Journalismus, den Sie hier vertreten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

1) Albert Engelmann-Gesellschaft vs. Österreich, Entscheidung vom 19. Januar 2006, der Vorfall – der Generalvikar der Erzdiözese Salzburg war 1996 in einer katholischen Zeitschrift u.a. als „Rebell“ bezeichnet worden und hatte auf Verleumdung geklagt und in zwei Instanzen Recht erhalten; die beklagte Zeitschrift wertete die Urteile als Verletzung der Presse- und Informationsfreiheit nach Art. 10 EMRK und bekam beim EGMR Recht.

 

Pressefreiheit läßt sich nicht allein in Zahlen fassen

Neue Studie analysiert Journalismus und die Einschränkung der Pressefreiheit im östlichen Europa

Seit der Ermordung der russischen Journalistin Anna Politkowskaja am 7. Oktober 2006 in Moskau ist das Thema Unterdrückung der Medienfreiheit in Osteuropa öffentlich präsenter. Doch ein präzises Lagebild zur Gefährdung der Medienfreiheit bei unseren östlichen Nachbarn liegt bislang nicht vor. Dieses Analyse-Defizit will nun eine Studie ausgleichen, die systematisch die Medienlandschaften in zehn Ländern des östlichen Europas untersucht. Sie trägt den Titel „Zwischen Propaganda und Kommerz – Medien(un)freiheit in Südost-, Mittelost- und Osteuropa“ und wird von der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche (nr) herausgegeben. Zusammengestellt hat die Analyse ein Autorenteam des Netzwerks für Osteuropa-Berichterstattung n-ost e.V. auf der Grundlage zahlreicher Expertisen. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 43, 29.05.2007

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Nachrichtenmacher: „Mehr emotionale Bilder“

Neue Studie zu Nachrichtenfaktoren in der journalistischen Praxis

Die Fernsehnachrichten haben sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten weiter stark kommerzialisiert. Fernsehnachrichten entwickeln sich zunehmend zu einer Dienstleistung. Die Bedeutung der Bilder in der Nachrichtenproduktion wird wichtiger und der Trend zur Boulevardisierung der Nachrichtenthemen nimmt weiter zu.

Dies sind Ergebnisse einer neuen Studie der Jenaer Kommunikationswissenschaftler Prof. Dr. Georg Ruhrmann und Roland Göbbel, die die Nachrichtenfaktoren bei der journalistischen Aussagenproduktion untersucht haben. Auftraggeber der Studie mit dem Titel „Veränderung der Nachrichtenfaktoren und Auswirkungen auf die journalistische Praxis in Deutschland“ ist die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche. Durchgeführt wurden u.a. zwei Befragungen maßgeblicher deutscher Nachrichtenredakteure. In die Studie wurden zudem einschlägige Erkenntnisse der Nachrichtenfaktoren-Forschung einbezogen. Weiterlesen

„Die Kontrollfunktion des Wirtschaftsjournalismus braucht einen Konjunkturaufschwung“

Netzwerk Recherche veröffentlicht zum Tag der Pressefreiheit Dokumentation zur Lage des Wirtschaftsjournalismus in Deutschland – „Die Informationspflicht von Unternehmen muss verbessert werden.“
Vorsicht vor dem PR-Einfluss von Unternehmen und der dringende Appell zu mehr und intensiverer Recherche – das ist das gemeinsame Credo von Wirtschaftsjournalisten unterschiedlicher Medien, die für die neue Dokumentation der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche „Kritischer Wirtschaftsjournalismus. Analysen und Argumente. Tipps und Tricks“ befragt wurden. Die Dokumentation veröffentlicht das Netzwerk Recherche anlässlich des Tages der Pressefreiheit am 3. Mai. „Pressefreiheit ist kein Selbstzweck, sondern auch Auftrag, dieses Grundrecht aktiv wahrzunehmen.“ Die Dokumentation des Netzwerk Recherche zeigt: Die „Kontrollfunktion des Wirtschaftsjournalismus braucht einen Konjunkturaufschwung,“ so der Vorsitzende des Netzwerk Recherche, Dr. Thomas Leif, anlässlich der Vorstellung der Dokumentation. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 42, 20.04.2007

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 41, 02.04.2007

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Netzwerk Recherche begrüßt Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Fall Cicero

Bundesverfassungsgericht fällt „wichtiges Urteil zur Sicherung der Pressefreiheit“

Die Journalistenvereinigung „Netzwerk Recherche“ (NR) begrüßt die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Fall „Cicero“. Der erste Senat des obersten deutschen Gerichts habe ein „wichtiges Urteil zur Sicherung der Pressefreiheit verkündet“, erklärte der Vorsitzende des Netzwerk Recherche, Dr. Thomas Leif. Das Urteil stehe in der Tradition anderer Entscheidungen des höchsten deutschen Gerichts. So habe das Bundesverfassungsgericht vor gut vierzig Jahren in seinem Spiegel-Urteil der Staatsgewalt bereits die Grenzen aufgezeigt. Klar sei, dass im Zweifel der Medienfreiheit Vorrang vor dem Interesse der Strafverfolgungsbehörden gegeben werden müsse. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 40, 16.02.2007

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 39, 05.01.2007

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“Macher eines Minderheitenphänomens”

Bedingungen für Recherche und investigativen Journalismus haben sich weiter verschlechtert – Studie untersuchte erstmals Arbeitsweise, Arbeitsbedingungen und Selbstverständnis investigativer Journalisten in Deutschland

Die Bedingungen für Recherche und investigativen Journalismus haben sich in Deutschland in den vergangenen Jahren weiter verschlechtert. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, die am 05.12.2006 in Berlin veröffentlicht wurde. Die Untersuchung zeigt, wie sich die finanziellen Einschnitte der vergangenen Jahre negativ auf die investigative Arbeit auswirken. Gleichzeitig verdeutlicht sie auch, wie unter schlechter werdenden Bedingungen investigative Journalisten in Deutschland erfolgreich arbeiten können. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 38, 27.11.2006

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Der Deutsche Presserat ist eine wichtige Institution, nutzt aber sein Chancenpotential nicht

Trennung von PR und Journalismus muss im Kodex normiert werden

Der Deutsche Presserat ist nach Einschätzung der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche eine sehr wichtige Einrichtung; die Festlegung auf das Prinzip der konsensorientierten Selbstkontrolle führt aber dazu, dass wichtige Konflikte in Zeitungen und Zeitschriften ausgeklammert werden. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 37, 26.10.2006

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Spiegel Online ist die neue Stimme im Kanon der deutschen Leitmedien

Neue Studie zum journalistischen Profil von Spiegel Online erscheint in der Buchreihe des Netzwerk Recherche

Spiegel Online ist die neue Stimme im Kanon der deutschen Leitmedien. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Studie, die in der Buchreihe des Netzwerks Recherche erscheint. Sie zeigt, dass fast 96 Prozent der deutschen Nachrichtenredakteure Spiegel Online lesen. Sie schätzen Spiegel Online vor allem wegen seiner Schnelligkeit, Aktualität und Tiefe der Hintergrundinformationen. Außerdem genießt Spiegel Online großes Prestige unter Journalisten. Dem Medium wird zugetraut, ein bundespolitisches Thema zu setzen. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 36, 28.09.2006

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 35, 22.08.2006

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 34, 20.07.2006

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 33, 19.06.2006

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Rede von Frank A. Meyer (2006)

Diese Rede hielt Frank A. Meyer, Chefpublizist des Ringier-Verlages, auf der Jahrestagung des Netzwerks Recherche am 20. Mai 2006

 

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die Einladung von Netzwerk Recherche, vor Ihnen eine kurze Rede zu halten, findet ihre Begründung auch darin, dass ich von aussen komme: aus der Schweiz, die für Sie, die Deutschen, politisch zwar fremd, aber kulturell doch nahe ist, also vertraut.

Ich habe bei der Verfertigung dieser Rede gemerkt, dass ich nicht nur von aussen komme, weil ich Schweizer bin. Auch was meine journalistische Tradition und meine Vorstellungen von unserem Beruf betrifft, komme ich irgendwie von aussen.

Darf ich Ihnen dazu zwei Beispiele vortragen:

Das erste Beispiel: Im Hamburger Schauspielhaus wurde vor einer Woche der Henri- Nannen-Preis vergeben. Einen Journalistenpreis! Ein Preis für journalistische Leistung! Die Feier wurde, wie ich lesen durfte, inszeniert als glamouröses gesellschaftliches Ereignis, mit abgesperrten Strassen zur Vorfahrt der Limousinen, mit rotem Teppich, mit Hostessen, mit Showeffekten. Das Programm versprach übrigens, es werde Qualitätsjournalismus erlebbar gemacht.

Die geehrten Kollegen nahmen die Preise zum Teil im Smoking entgegen. Sie hatten über Sterbehilfe und Arbeitslosigkeit, über Kriegsversehrte und Mord und Globalisierungsopfer geschrieben. Sie strahlten, die Henri Nannen-Büste in den Händen.

Aus einem journalistischen Monument meiner Generation hat man ein Bambi gemacht. Die Auszeichnung von Journalismus als ballähnliche Veranstaltung? Eine Gala für Gala. Das irritiert mich. Das macht mich, liebe Kolleginnen und Kollegen, doch irgendwie ratlos. Gehören wir jetzt alle dazu? Müssen wir dazugehören wollen? Zur Gesellschaft der Erfolgreichen und Reichen, der Schönen und Prominenten? Also zu einer Gesellschaft, der wir doch so lange Zeit skeptisch und mit ätzender Kritik gegenüberstanden? Ich frage ja nur.

Und nun das zweite Beispiel: In der Tageszeitung “Die Welt” las ich, ebenfalls vor einer Woche, wie sehr die Medien unzufrieden seien über die Grosse Koalition von CDU/CSU und SPD. Ich zitiere aus dem Artikel folgenden Satz: “Die Grosse Koalition stellt in der Tat für die Medien ein grosses Dilemma dar.”

Das Klagelied über die medial so unergiebige Grosse Koalition erklingt seit einiger Zeit auch in andern Zeitungen und Zeitschriften. Man ist ganz offensichtlich ungehalten unter den Kollegen über diese Regierung, die den Anforderungen und Wünschen der Medien so ganz und gar nicht gerecht wird.

Die Medien als selbstbezogene gesellschaftliche Kraft, die es zu befriedigen gilt, neben, ja sogar vor allen anderen Kräften wie Wirtschaft und Kultur – und Volk. Noch nie habe ich dieses neue journalistische Selbstverständnis so unverhüllt erlebt wie jetzt gerade in Deutschland.

Vierzig Jahre lang, liebe Kolleginnen und Kollegen, betrieb ich meinen Beruf im Bemühen, als politischer Journalist dem Begriff Medium gerecht zu werden. Das heisst: vermittelndes Element zu sein, also Vermittler zu sein von Meinungen und Stimmungen und Nöten und Freuden. Auch betrieb ich mein Metier im Bewusstsein, nur eine Stimme zu sein unter vielen Stimmen.

Schliesslich war ich stolz darauf, dass mein Berufsstand mit all den eigensinnigen und eigenständigen Kolleginnen und Kollegen die Vermittlerrolle wahrnahm zwischen den verschiedenen Kräften der Gesellschaft, zwischen den verschiedenen Strömungen der Gesellschaft, vor allem zwischen den Bürgern unterschiedlichster kultureller und sozialer Herkunft.

Auch hier bin ich irritiert, sogar befremdet: Die deutschen Medien betrachten sich offenbar als eigenständige Macht, noch vor dem Volk bestimmend für die Politik, insbesondere für die Regierungspolitik.

Da diese neu erwachte Medienmacht gegenwärtig ungehalten ist, überlegt sie sich – anders kann ich es nicht lesen -, ob sie der gewählten Regierung ihre Gunst entziehen will oder nicht. Wie ich es verstehe, kann sich die Regierung auch bessern, indem sie den Medien liefert, was diese fordern, nämlich Hauskrach und Spektakel.

Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das neue Rollenverständnis der Medien bringt, wie könnte es anders sein, die Bild-Zeitung auf den Punkt. Im April habe ich dort die folgende Titelzeile gelesen: „Bild-Verhör mit dem früheren Arbeitsminister.“

Sie haben richtig gehört: „Bild-Verhör“ – Bild verhörte Norbert Blüm. Die Zeitung als Staatsanwaltschaft. Solch mediale Anmassung ist mir noch nicht vorgekommen. Hybris ist das. Bei der Auflage-Macht von Bild gefährliche Hybris.

Ich betrachtete die bizzare deutsche Szenerie allerdings bereits während des letzten Wahlkampfes ratlos von aussen. Ich war verwundert über die gleichförmig vorgetragene Entschlossenheit praktisch aller bedeutenden Medien, die damalige Regierung abzuwählen: abzuwählen gewissermassen durch die Medien selbst! Natürlich – leider – durch Mitwirkung der im Grundgesetz immer noch vorgesehenen Wählerinnen und Wähler.

Es hat mich erschreckt. Es hat mich mehr erschreckt, als Berlusconi mich erschreckt hat. In Italien missbrauchte ein Medienmogul seine politische Macht. In Deutschland spielten die Journalisten ganz von selbst konzertierte Macht aus, mit politisch subtiler Bildwahl, mit politisch gezielter Wortwahl, mit der ganzen Kunst des Handwerks. Es war eine Machtdemonstration sondergleichen. Sie stiess, gottlob, auf den demokratischen Widerstand der Bürger.

Lassen Sie mich einige Gedanken – wie gesagt, sehr persönliche Gedanken – vortragen über dieses neue Selbstgefühl der Medien. Und wenn ich Medien sage, meine ich Journalistinnen und Journalisten. Also uns hier:

Neben der Finanzwirtschaft bilden die Medien die einzige Branche, die tatsächlich vollständig globalisiert ist. Die Medien haben ihr Netz über den Erdball geworfen. Niemand entgeht ihnen. Sie sind immer schon da. Rund um den Globus und rund um die Uhr. Sie sind omnipräsent.

Oh, ich weiss! Wir sind nicht schuld daran, wir nutzen nur die Technik, und wir wären pflichtvergessen, täten wir es nicht. Auch sind wir zurückhaltend, geradezu kleinlaut, wenn man uns fragt, wie wir es denn mit dieser Omnipräsenz ethisch und moralisch halten. Wir tun unsern Job. Nach bestem Wissen und Gewissen. Was sollen wir sonst tun?

Für die Konsumenten, wie ja heute Leser, Zuhörer und Zuschauer genannt werden, wirkt unsere Omnipräsenz – glauben Sie mir! – wie Omnipotenz. Und es ist auch so, dass Quantität in eine neue Qualität umschlagen kann. In der Wahrnehmung der Menschen, die sich den Medien, die sich uns Journalistinnen und Journalisten ausgeliefert fühlen, ist dies bereits geschehen.

Ich möchte auch dazu ein Beispiel anführen: Die mächtige, die unbeirrbare, die dogmatisch immer noch so gefestigte katholische Kirche hat erfahren müssen, dass die Medien die grössere Macht sind als der Vatikan.

Sie erinnern sich an das quälend langsame Sterben des Papstes Johannes-Paul II. Sie haben das Bild noch vor Augen, wie er moribund am Fenster sitzt, einen Ölzweig hilflos in der zitternden Hand, den Mund aufgerissen, das Gesicht verzweifelt, der Stimme beraubt. Showtime mit einem Sterbenden.

Fanden wir diese Bilder unwürdig, schamlos, impertinent? Ich habe sie auch hingenommen als Magic moment im Fernsehen, in den Zeitungen und Zeitschriften. Wann hat man schon einen solch dramatischen Augenblick vor der Kamera?

Können wir uns darauf hinaus reden, dass der Vatikan diese Inszenierung seinerseits betrieben habe? Der Vatikan hat sich den Anforderungen des Medienzeitalters angepasst. Er hat sogar Rituale angepasst. Das Beispiel: Seit Jahrhunderten pflegt der Vatikan, die Tore zu schliessen, wenn der Papst tot ist. Auch diesmal wurde das Tor geschlossen. Doch durch die Hintertür bat die Kurie eilfertig das Fernsehen an den Sarg. Auch der tote Papst hatte dem Anspruch der medial total vernetzten Welt-Gesellschaft zu genügen. Darf ich zum Begriff “total” eine ganz böse Provokation hinzufügen: Total und totalitär liegen sehr nahe beieinander. Hat nicht das totale mediale Erfassen von allem und jedem, das totale Entblössen von allem und jedem, das totale Beschwatzen von allem und jedem – hat das nicht etwas Totalitäres?

Die Menschen zappeln in unserem Netz. Das beängstigt sie. Wir Journalisten waren einst die besten Verbündeten Machtloser im Kampf gegen Mächtige, gegen Mächte, vor allem gegen Herrschaftswissen, das die Mächtigen für sich nutzten.

Heute sind wir selbst Mächtige: Wir wissen, wie wir unsere Macht umsetzen und einsetzen. Und unsere Medienmacht ist dem einfachen Bürger ganz und gar nicht transparent. Wir verfügen über Herrschaftswissen. Wir sind zu Machtträgern von eigenen Gnaden geworden.

So hat sich der Beruf verändert, den ich in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts erlernte. Es war damals ein Laufberuf. Ich fuhr zu den Politikern, von denen ich etwas wissen wollte, zu den Beamten, Unternehmern, Künstlern, Forschern.

Ich lebte journalistisch von Begegnungen, von sinnlichen Eindrücken, von Gesichtern, die meine Recherchenarbeit begleiteten. Ich eilte zu Versammlungen und Protestmärschen. Es war ein ununterbrochenes Kennenlernen anderer Menschen.

Wie gestaltet sich der journalistische Alltag heute bei meinen jungen Kolleginnen und Kollegen? Ich sehe sie gebannt am Laptop sitzen. Sie rufen ab, was andere schon formuliert haben. Sie schreiben Geschichten, die sie aus anderen, vorgeformten Geschichten im Netz verfertigen.

Sie zeichnen Portraits aus biographischen Versatzstücken und Gerüchten, wie sie auf dem Internet in Unzahl vorzufinden sind. So werden Vorurteile und Falschurteile, Unwahrheiten und Unterstellungen über Menschen im System nicht nur konserviert, sondern auch regelmässig neu aufbereitet.

Oft sind es vernichtende Bilder, die so gezeichnet werden, in der Regel sind es Bilder voller Häme. Häme hat sich ja mittlerweile durchgesetzt als Stilersatz – Muckefuck statt Kaffee.

Am Bildschirm lässt es sich sehr bequem über Politiker oder Unternehmer journalistisch zu Gericht sitzen. Man begegnet den Opfern nur noch selten.

Richter sollten für einige Monate ins Gefängnis gesteckt werden, bevor sie richten dürfen. Dann wüssten sie, was sie tun. Auch Journalisten sollten einer Kampagne von Kollegen ausgesetzt werden. Dann wüssten sie, was sie anrichten können.

Mehr und mehr lebt unser Berufsstand vom Copy-&-Paste. Sie kopiert sich fortwährend selbst. Seit Jahren schon. Und wie es aussieht, auch in Zukunft.

Ja, so viele – allzuviele – Journalistinnen und Journalisten verlernen es, fiebernd vor Spannung hinauszugehen und nachzusehen, bevor sie schreiben.

Könnte es damit zu tun haben, dass – um ein deutsches Beispiel anzuführen – die Resultate der CDU/CSU und, vor allem, der SPD bei den letzten deutschen Wahlen so viele Kollegen so gewaltig überraschten?

Lasen sie womöglich, vom Laptop hypnotisiert, allzu ausschliesslich die Meinungsumfragen? Und die Meinungen der Kollegen?

Vergassen sie womöglich, an die Wahlveranstaltungen zu eilen, wo sie die Wählerinnen und Wähler hätten erleben können? Wo sie hätten spüren können, was die Menschen begeistert, wen sie mögen, zu wem sie hinstreben?

Auch das nur die Frage eines verwunderten und etwas ratlosen Schweizers.

Erfahren wir noch genügend sinnliches, wirkliches Leben in unserem Beruf?

Küssen Sie einmal einen Bildschirm, dann wissen Sie, woran uns mangelt.

Doch es gibt noch ein weiteres Netz, das uns gefangen hält. Ein intimeres: Wir bewegen uns mehr und mehr und am liebsten untereinander. Neben dem Arbeits-Bildschirm ist die Medienszene unsere engere, unsere enge Heimat geworden. Wir sind auf dem besten Weg, eine Kaste zu werden. Und die eherne Regel jeder Kaste heisst: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Ja, man kennt sich in unserem Beruf. Man verhilft sich zu Prominenz: Man interviewt sich gegenseitig, man lädt zu Talkshows ein, der eine den andern, der andere den einen, reihum, man lanciert die Bücher von guten Kollegen, man ignoriert die Bücher von Kollegen, die aus der Reihe tanzen.

Was ist gegen so wunderbare Kollegialität einzuwenden? Nichts. Nirgends eine Verschwörung.

Und dennoch ergeben sich ob so vieler verständlicher Gemeinsamkeiten auch fatale Gemeinsamkeiten: Zum Beispiel ganz plötzlich und ganz ohne böse Absicht ein Mainstream in der Einschätzung von Politik oder Wirtschaft, von Politikern und Unternehmern, von Parteien und Verbänden und Gewerkschaften.

Gesellschaftliche Entwicklungen werden plötzlich, ohne böse Absicht, von den führenden Medien, von den Stimmungs- und Meinungsmachern unter den Journalisten sehr, sehr ähnlich gesehen – fatal ähnlich.

Erliege ich einer Sinnestäuschung, wenn ich mich beim Lesen deutscher Zeitungen und Zeitschriften, beim Konsum deutscher Fernseh- und Radioprogramme des Eindrucks frappierender Gleichförmigkeit nicht erwehren kann?

Die Kanzlerin gestern hui, morgen pfui? Bereits zeichnet sich der neuste Mainstream ab. Wer wagt es noch auszubrechen, andersherum zu denken, neu zu denken? Wer wagt noch den Konflikt, den Schlagabtausch – mit Florett oder mit Schwert – von Blatt zu Blatt, von Journalist zu Journalist?

Und wer wagt noch Kritik an einem Kollegen?

Jüngst sah ich die ganzseitigen Annoncen, auf denen Gross-Talkmaster Kerner für die Aktien von Air Berlin warb. Ich will nicht davon reden, was aus diesen Aktien nach dem Börsengang wurde. Ich will auch nicht reden vom Schicksal der einfachen Kerner6 Zuschauer, die sich auf die Empfehlung ihres Idols eingelassen haben und Air Berlin- Aktien kauften.

Ich frage mich nur, wie ein Journalist – notabene des öffentlich-rechtlichen Programms – dazu kommt, sich für kommerzielle Werbung kaufen zu lassen. Eigentlich hätte ihn die Anfrage von Herrn Hunold in der journalistischen Ehre treffen müssen.

Er hätte das Angebot mit der Frage beantworten müssen: Wofür halten Sie mich, Herr Hunold, dass Sie es wagen, mir, einem Journalisten, ein solch sittenwidriges Angebot zu machen?

Nicht anders hätte Beckmann, der andere Gross-Talkmaster, reagieren müssen, als man ihn als Werbe-Model entdeckte. Als Journalist hätte er reagieren müssen!

Oder kollidieren solche Angebote gar nicht mehr mit den journalistischen Sitten, mit dem Ehrgefühl der Journalisten?

Jedenfalls gab es in der Kaste keinen Aufschrei, nur Nachfragen, ob so etwas denn nicht doch eventuell und überhaupt anrüchig sein könnte. Man wird ja noch fragen dürfen.

Was hätte der deutsche Journalismus mit der geballten Kraft des Mainstreams aus einem Politiker gemacht, der auf ähnliche Weise amts- und funktionsvergessen dem leichten Geldverdienen erlegen wäre? Ja, was macht der deutsche Journalismus mit Ministern, die nur mal auf offiziellem Papier einen Chip für Einkaufswagen empfehlen oder sich von einer PR-Agentur modisch ausstaffieren lassen?

Doch Kerner und Beckmann sind die Szene. Unsere Szene. Kerner und Beckmann sind prominent, sind überaus erfolgreich. Mit Prominenten und Erfolgreichen ist gut dabei sein – und schlecht Kirschen essen.

Man möchte doch so gerne dabei sein, dazugehören, bei Wahlen zu den Siegern, am Wahlabend in der richtigen Parteizentrale. Wehe man steht in der falschen! Ich habe Ihnen gesagt, dass ich hier ganz persönliche Eindrücke vortrage. Hunderte von Artikeln, zahlreiche Sendungen der deutschen Medien haben mir diese Eindrücke vermittelt.

Ich habe noch die Zeit erlebt, da fochten Münchner Journalisten gegen Hamburger Journalisten gegen Berliner Journalisten. Da war der deutsche journalistische Pluralismus fester Bestandteil der demokratischen Kultur.

Es war die grosse Zeit der Krokodile im Tempelweiher der deutschen Medien: Bucerius, Nannen, Augstein, Springer. Ihre vielen Schreiber und Denker und sogar Pamphletisten dazugezählt: von Doenhoff bis Boenisch.

Sie haben sich durchaus immer mal wieder am Hamburger Leinpfad oder auf Sylt zum Butterbrot getroffen – aber sie schenkten sich nichts.

Wie steht es heute mit der gegenseitigen Kritik? Mit der kritischen Berichterstattung der Medien über die Medien? Wir bestehen doch sonst berufsstolz darauf, dass wir keine tabuisierten Bereiche der Gesellschaft kennen.

Das aber würde doch heissen, dass auch wir uns selbst kein Tabu sind. Gerade angesichts der anschwellenden Medien-Macht dürften wir uns selbst kein Tabu sein! Liebe Kolleginnen und Kollegen, während Monaten war der Versuch des Hauses Springer, ProSieben-Sat.1 zu übernehmen, das grosse, auch das spannende politische, wirtschaftliche und kulturelle Thema Deutschlands. Sogar im Ausland wurde darüber berichtet.

Weshalb fand dieses Thema im Spiegel – meinem Blatt, das ich seit 40 Jahren lese, dessen Gründer und Verleger ich verehrte! – warum fand dieses Thema im Spiegel keinen Niederschlag als Titelgeschichte? Natürlich wurde berichtet, gerade so, dass die wohltemperierte Tonalität dem mit journalistischen Usanzen unvertrauten Leser nicht auffiel – also ohne Biss, Dienst nach Vorschrift sozusagen.

Wie ist das zu erklären? Vielleicht wissen Sie mir die Antwort? Meine Ratlosigkeit ist gross.

Wenn die Journalisten sich zur Kaste formieren, wenn die Medienwelt eine in sich geschlossene Welt wird, wenn die journalistischen Chefs und ihre Ideologen sich informell immer stärker vernetzen, dann kommt jemand zu kurz: Der Bürger! Und damit die lebendige Demokratie!

Der Chefredaktor des Stern hat im vergangenen März über einen Kommentar den Titel gesetzt: “Eine kranke Gesellschaft.” Darauf haben sich die deutschen Medien offenbar geeinigt: Die deutsche Gesellschaft ist krank. Ist in der Krise: die Politik ganz grundsätzlich, die Parteien im besonderen, schlimm befallen natürlich die Wirtschaft, aber auch das Theater, der Fussball, die Familie, die Schule, die Universität – alles in kritischem Zustand, bettlägerig, auf der Notfallstation oder bereits im Koma.

Nur die Medien werden von den Medien nicht krank gemeldet, erfreuen sich also in den Augen der Journalisten allerbester Gesundheit! Kann das sein?

Vielleicht kann das sein. Aber ich glaub’s nicht.

Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss noch auf eine Erscheinung zu sprechen, die viel zu tun hat mit der künftigen Entwicklung unseres Berufes, nicht nur in Deutschland, auch, zum Beispiel, in der Schweiz:

Welcher Weg führt junge Menschen heute in den Journalismus?

Einst führten ganz verschiedenartige Wege in den Journalismus: verschlungene, mühselige, sozusagen ungepflasterte. Junge und mitunter sogar ältere Menschen ganz und gar unterschiedlicher Herkunft fanden durch ihr Talent, ihre Intelligenz und ihr „feu sacré“ in unseren Beruf.

Es fanden sich darunter gescheiterte Dichter, erschöpfte Weltenbummler, engagierte Weltverbesserer, geläuterte Knastbrüder, bildungshungrige Autodidakten, Menschen mit Berufsabschluss und ohne Berufsabschluss.

Sie alle verkörperten mit ihren divergierenden und konträren Lebenserfahrungen in den Redaktionen den sozialen und kulturellen Pluralismus unserer Gesellschaft – Multikulti im bestem Sinne. Sie garantierten dadurch auch die ganz unterschiedliche Sicht auf das gesellschaftliche Leben, auf Politik und Wirtschaft und Kultur.

Sie hatten das wirkliche Leben schon einmal geschmeckt.

Wie ist das heute? Heute lautet die Herkunft in der Regel so: Studium, allenfalls abgebrochenes Studium, Journalistenschule – also Lebenserfahrung in Form von fünf Paar Markenjeans, die auf Schulbänken durchgescheuert wurden.

Oh ja, ich drücke mich drastisch aus. Aber das werden Sie mir ja wohl als Journalisten nicht ankreiden.

Sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir reden täglich und mit Lust über die Probleme, am liebsten über die Katastrophen anderer.

Es ist Zeit, dass wir über uns reden. Kritisch. Am besten sehr kritisch. Und schonungslos. So schonungslos und unpfleglich, wie wir mit den Andern umzugehen pflegen. Ich danke den Veranstaltern, dass sie mir hier vor Ihnen genau dazu eine Gelegenheit eingeräumt haben.

Es ist keine Gala, es gibt keinen Preis, schon gar nicht für meine böse Rede; nirgends liegt ein roter Teppich, ich sehe keine Smokings. Wunderbar. Ich atme Journalismus.

Ich bin glücklich, dass ich meine Sorgen kritischen Kollegen mitteilen durfte. Danke.

Studie dokumentiert wachsenden PR-Einfluss im Journalismus

Die Grenzen zwischen dem unabhängigen Journalismus und der interessengeleiteten Auftragskommunikation, der Public Relations (PR), verschwimmen mehr und mehr in der täglichen redaktionellen Praxis, in der Ausbildung des journalistischen Nachwuchses und in der Definition des Berufsbildes der Journalisten. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche. „Die PR-Industrie kolonialisiert den Journalismus zunehmend. Sie agiert immer geschickter und drängt mit ihren Botschaften in den redaktionellen Teil, um von der Glaubwürdigkeit der journalistischen Produkte zu profitieren“, sagte der Vorsitzende des Netzwerks Recherche, Dr. Thomas Leif, bei der Vorlage der Dokumentation am Donnerstag in Hamburg. Weiterlesen

„Recherche-Förderung als Erfolgsfaktor für Medienunternehmen“

Netzwerk Recherche fordert mehr Recherche-Ausbildung in Deutschland und startet eine Aus- und Weiterbildungsinitiative

Das Netzwerk Recherche will mit einer Aus- und Weiterbildungsinitiative die Recherche-Ausbildung in Deutschland stärken, die nach Ansicht des Netzwerks immer noch große Defizite aufweist. Nach wie vor gibt es einen gravierenden Mangel an Kursen, in denen systematisch Wissen über Recherche-Quellen vermittelt, ethische Konfliktfälle diskutiert und größere Recherche-Projekte unter Anleitung erfahrener Journalisten umgesetzt werden. Intensiv-Seminare, die, wie es beispielsweise in den USA üblich ist, jenseits der Recherche-Basiskurse „Investigative Reporting“ trainieren, kann man in Deutschland an einer Hand abzählen. Weiterlesen

Weblogs können den Journalismus bereichern, aber niemals ersetzen

Netzwerk Recherche veröffentlicht Studie zu Blogs und Journalismus

Weblogs können den Journalismus anspornen und bereichern, aber niemals ersetzen. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Studie, die in der Schriftenreihe des Netzwerkes Recherche erscheint. Sie zeigt, dass es für Journalisten zahlreiche Gründe gibt, Blogger als Konkurrenten, Kritiker oder sogar als die Kopfjäger des Internet einzuschätzen. Außerdem kosten Blogger lieber die Freiheiten des Internet aus, als sich mit den Qualitätsansprüchen des Journalismus aufzuhalten. Auf der anderen Seite stellt der Autor Matthias Armborst unter Beweis, dass es ein Fehler ist, wenn Medien-Profis die so genannten „Netz-Tagebücher“ reflexartig ablehnen oder sogar als „Klowände des Internet“ diffamieren. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 32, 10.05.2006

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