Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 146, 15.02.2017

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

gelegentlich sieht man die Gegenwart klarer, wenn man in die Vergangenheit blickt. Volker Ullrich von der “Zeit” hat das dieser Tage getan und beschrieben, wie deutsche Journalisten im Jahr 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler kommentiert haben. Die Parallelen zu heute sind frappierend: Die meisten Medien rieten zum “ruhigen Abwarten”, Hitler werde sich einhegen lassen, das neue Amt werde einen maessigenden Einfluss ausueben.

Theodor Wolff zum Beispiel, Chefredakteur des “Berliner Tageblatts” und einer der hellsichtigsten Koepfe seiner Zeit (nach dem auch heute noch ein renommierter Journalistenpreis benannt ist), schrieb am 31. Januar 1933: Die Deutschen seien stolz auf “die Freiheit des Denkens und des Wortes”, deshalb werde sich “seelischer und geistiger Widerstand” regen und Hitler in die Schranken weisen. Der Chefredakteur der arbeitgebernahen “Deutschen Allgemeinen Zeitung”, Fritz Klein, schrieb: Der Fuehrer der NSDAP muesse nun beweisen, “ob er das Zeug zum Staatsmann besitzt”. Die meisten dachten und schrieben, die konservativen Buendnispartner haben ihn im Griff, man solle sich von Hitlers radikaler Rhetorik nicht blenden lassen. Selbst der Centralverein deutscher Staatsbuerger juedischen Glaubens erklaerte, nun gelte “ganz besonders die Parole: Ruhig abwarten!”

Die Diplomaten lagen kaum weniger daneben. So erklaert der US-amerikanische Generalkonsul in Berlin, George S. Messersmith, dass die Hitlerregierung nur eine Uebergangserscheinung hin zu stabileren politischen Verhaeltnissen darstelle. Dem franzoesischen Botschafter Andre Francois-Poncet erschien der neue Reichskanzler gar “matt und mittelmaessig”, eine Art Miniaturausgabe Mussolinis. Weiterlesen

Neuer Name, neue Förderung: Refugee Reporter heißt jetzt Newscomer

Das mit einem Grow-Stipendium für Gründer im gemeinnützigen Journalismus ausgezeichnete Projekt „Refugee Reporter“ hat einen neuen Namen: NEWSCOMER. „Mit diesem Namen wollen wir die Augenhöhe zwischen etablierten und neuangekommenen Journalistinnen und Journalisten im Lokaljournalismus in unserem Projekt einfangen. Wir wollen ausdrücken, dass die NEWSCOMER für uns mehr als Menschen mit einer Fluchtgeschichte sind. Wir sind schon jetzt gespannt auf viele Geschichten vom Ankommen in der neuen Heimat“, sagt Jessica Schober, freie Journalistin aus München.

Jessica Schober bei der Pitchveranstaltung im Oktober 2016Jessica Schober, die das Projekt beim Pitch in Berlin im Oktober 2016 beim Tag des Non-Profit-Journalismus präsentiert hat, hat inzwischen ein vierköpfiges Team gebildet. Zu den Gründern gehören nun auch Thaer Abughoush, Übersetzer und Webseitenentwickler mit jordanisch-palästinensischem Fluchthintergrund, Patrick Bauer, freier Reporter für Print und Video, der für die Agentur ZEITENSPIEGEL-Reportagen arbeitet, sowie Ann-Kathrin Seidel, Politikredakteurin beim RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) in Hannover. Gemeinsam wollen sie das Mentoringprogramm für geflüchtete Lokaljournalisten erarbeiten.

Mehr zum Projekt: http://nrch.de/pitch

Unterstützt werden sie dabei nicht nur durch Netzwerk Recherche e.V., sondern nun auch durch das Stipendienprogramm ANKOMMER. Perspektive Deutschland, das von der KfW Stiftung und die Social Impact gGmbH angeboten wird. Im Rahmen dieses Programms werden sozialunternehmerische Initiativen, die Menschen mit Fluchthintergrund einen besseren Zugang zu Bildungsangeboten und zum Arbeitsmarkt verschaffen, gefördert: https://socialimpactstart.eu/teams…

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 145, 20.01.2017

## Inhaltsverzeichnis.
Abschnitt Eins: In Eigener Sache
02: nr-Jahrestreffen am 9./10. Juni in Hamburg
03: Keine freie Hand fuer BND im neuen Bundesarchivgesetz!

Abschnitt Zwei: Veranstaltungen
04: Umfrage: Will die Bevoelkerung mehr Massenueberwachung?
05: Workshop “RADO – Ran an die Ostsee”
06: DFN-Workshop “Sicherheit in vernetzen Systemen”
07: Integration durch Medien – Aufgabe oder Auslaufmodell? Jahrestagung des Netzwerks Medienethik
08: “Alphabet des Ankommens” – Workshop Comicjournalismus in Hamburg
09: Surveillance Studies Preise
10: Suchmaschinen-Kongress 2017
11: Dataharvest / EIJC 2017

Abschnitt Drei: Nachrichten
12: Spendenaktion und Crowdfunding-Projekt fuer Honkonger Snowden-Helfer
13: Security Without Borders will Journalisten und Menschenrechtlern helfen
14: US-Medien ruesten auf
15: US-Stiftungen profitieren indirekt von Trump-Wahl
16: Zwei neue Reuters-Publikationen
17: Konzernatlas von Germanwatch zum Download
18: OBS-Festrede von Mely Kiyak

Abschnitt Vier: Seminare, Stipendien, Preise
19: Vorschlaege fuer die Dart Awards gesucht
20: Theodor-Wolff-Preis 2017: Populismus
21: Journalismfund foerdert grenzueberschreitende Recherchen
22: Recherchepreis Osteuropa
23: Seminare mit Recherchebezug

Abschnitt Fuenf: Pressespiegel
24: Journalismus
25: “Fake-News”
26: Journalismus und PR
27: Informationsfreiheit
28: Bundesarchivgesetz
29: Ueberwachung

30: Link-Index
31: Technische Hinweise
32: Impressum

Nr. 145 vom 20.01.2017

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 144, 21.12.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

am Ende des Jahres bin ich ratlos. Denn es faellt mir wirklich schwer, zu erkennen, was nun im Rueckblick das wichtigste war im Journalismus. Worauf kommt es wirklich an in unserer Zeit, wo stehen wir. Dabei ist genau das doch tagein tagaus unsere Aufgabe: immer zu sagen, was das wichtigste ist und war.

Am Montagabend, als ein LKW in den Weihnachtsmarkt raste und zwoelf Menschen mit sich riss, ist es den Medien relativ gut gelungen – zu sagen, was war.  Weil sie naemlich auch gesagt haben, was sie nicht wissen. Jede Krisenlage, jeder Grosseinsatz, jeder Anschlag ist eine Herausforderung fuer unsere Glaubwuerdigkeit.

Wir sind in einer Phase, in der wir uns viel mit unserem Beruf und dessen Bedeutung beschaeftigen. Denn uns wird ein Spiegel vor Augen gehalten, in dem wir uns allerdings nicht wiedererkennen moegen. Die Luegenpresse, das sind wir doch gar nicht! Aber der Begriff klebt seit nunmehr einigen Jahren an uns und verfolgt uns auf Schritt und Tritt. Vielleicht weniger, weil er uns immer wieder neu entgegengehalten wird, sondern weil wir selbst nicht aufhoeren, uns mit ihm zu beschaeftigen – zurecht! Weil wir nicht aufhoeren, uns den Kopf darueber zu zerbrechen, wie wir das Vertrauen der Leser, Zuschauer und Hoerer wieder zurueckgewinnen koennen. Wie wir wieder “glaubwuerdig” werden – denn wir sind uns doch ziemlich sicher, dass wir doch vor allem: glaubwuerdig sind!

Haette die Tagesschau ueber den mutmasslichen Vergewaltiger aus Freiburg berichten muessen, eben weil er ein Fluechtling ist? Oder hat die Tagesschau zu Recht nicht berichtet, weil es nur einer von vielen vergleichbaren Faellen war, dieses Mal eben der eines Fluechtlings. Die Tagesschau hat sich dazu ausfuehrlich und mehrfach erklaert. Aber sie kann vermutlich erklaeren, was sie will. Sie wird diejenigen, die davon ueberzeugt sind, dass hier absichtlich totgeschwiegen werden sollte, im Leben nicht ueberzeugen.

Wir werden die Menschen, die uns Journalisten verachten, derzeit nicht erreichen – auch mit Engelszungen nicht. Tatsaechlich gibt es wenig gesellschaftliche Beruehrungspunkte zwischen uns und denjenigen, die sich von uns abgewendet haben. In unserer journalistischen Blase und Mediengesellschaft sind wir doch meist weit weg von Wutbuergern, sogar von ganz normalen Buergern. Wahrscheinlich waren es auch nicht die Wutbuerger allein, die den ersten Schritt zur Distanz gemacht haben, sondern auch die Journalisten selbst.

Nehmen wir Trump. Viele Journalisten in Deutschland erklaerten sich nach dessen Wahl “unter Schock”. Diese Empathie und Sorge will ich niemandem absprechen.

Aber es ist auch sonderbar, dass Journalisten monatelang intensiv versuchen, alles Boese rund um Trump zu erklaeren und aufzuklaeren. Damit jeder versteht: Den darf niemand waehlen, Achtung! Und dann gewinnt er und dann sind wir “unter Schock”. Wohl auch, weil wir uns nicht erklaeren koennen, dass unsere Aufklaerungen alle nicht richtig angekommen sind. Wir haben es doch gesagt, wir wussten es doch besser, warum hoert uns denn niemand? Auch zur AfD haben viele Kolleginnen und Kollegen recherchiert und publiziert. Es hat nichts daran geaendert, dass sich diese Partei flaechendeckend etabliert hat. Wer hat sie gewaehlt? Unter anderem diejenigen, denen wir fremd sind – vielleicht auch, weil ihnen unsere ewige Besserwisserei, unser zuweilen wohl auch elitaeres Gehabe auf den Geist geht.

Wir bewerten viel und beschreiben weniger. Es gibt eigentlich vergleichsweise wenig Journalisten, die in ihrem Alltag viel mit verschiedensten Menschen zu tun haben, sie treffen, zuhoeren und die versuchen, ihr Leben zu verstehen. Die Gruende sind vielfaeltig, vor allem aber hat sich unsere journalistische Kultur geaendert: Vom Beobachten und Beschreiben zum schnellen Bewerten. Der wirtschaftliche Druck und Sparzwang ist dabei sicher unser groesstes strukturelles Problem.

Rechercheprogramm unterstützen auf betterplaceEs fehlt an unvoreingenommenen Recherchen und an der Finanzierung fuer ebendiese. Netzwerk Recherche will kuenftig mehr solcher unabhaengiger Recherchen mit Hilfe unseres Stipendienprogrammes ermoeglichen. In den vergangenen Jahren konnten wir unser Stipendienprogramm sukzessive ausbauen. Im 2015/2016 haben wir 19 Stipendien gefoerdert – die spannenden Ergebnisse finden Sie auf der nr-Website. Derzeit sind sieben weitere Recherchen in Arbeit – und neue Bewerbungen liegen bereits vor. Fuer einen Teil der Stipendien konnten wir Partner finden: die Olin gGmbH und die Karl-Gerold-Stiftung foerdern Umweltthemen bzw. reiseintensive Recherchen.

Wenn wir aber weiterhin alle Recherchen unterstuetzen wollen, die wir fuer foerderungswuerdig halten, brauchen wir zusaetzliche Mittel. Daher moechten wir Sie heute um Ihre Unterstuetzung bitten: Wenn jeder Newsletter-Abonnent mindestens 10 Euro spendet, koennten wir naechstes Jahr zusaetzliche 14 Stipendien vergeben!

Zum sofortigen Spenden bitte hier entlang:
http://nrch.de/woohoo17

Uebrigens koennen Sie die Spende steuerlich geltend machen, da nr als gemeinnuetzig anerkannt ist. Ueber die Finanzierung unseres Vereins koennen Sie sich unter
http://nrch.de/transparenz informieren.

Wir freuen uns auf Ihren kleinen oder grossen Beitrag zu moeglichst grossen Recherchen!
Und jetzt wuenschen wir Ihnen frohe Feste und eine schoene mail-arme Zeit,

es gruessen
Julia Stein ,
Albrecht Ude

Tagesschau.de : Der Mordfall von Freiburg
http://blog.tagesschau.de/2016/12/04/der-mordfall-von-freiburg/

Das nr Stipendienprogramm:
http://nrch.de/stipendien

 

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Transparenz ist Bürgerrecht

Initiative Transparenzklagen.de setzt Informationsfreiheit durch

Berlin, 3. Dezember 2016. Die Initiative Transparenzklagen.de, ein Gemeinschaftsprojekt der Gesellschaft für Freiheitsrechte und der Open Knowledge Foundation, wird künftig die gerichtliche Durchsetzung von Auskunftsansprüchen gegen Behörden und sonstige staatliche Institutionen unterstützen. Damit soll den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder zu mehr Wirksamkeit verholfen und auf diese Weise die demokratischen Mitwirkungsrechte der Bürger gestärkt werden.

In Ergänzung zur Plattform von FragDenStaat.de, über die bereits jetzt Auskunftsanfragen an Behörden gerichtet werden können, wird Transparenzklagen.de ausgewählte Anträge, die nicht oder nicht im gebotenen Umfang beantwortet wurden, gerichtlich weiterverfolgen. Die damit verbundenen Kosten werden im Rahmen von Patenschaften übernommen, außerdem organisiert Transparenzklagen.de die Rechtsvertretung, das heißt, für die einzelnen Verfahren werden jeweils kompetente Rechtsanwälte ausgewählt.

Um die Übernahme eine Patenschaft kann sich jeder bewerben, dessen Antrag auf Auskunft nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes oder eines Landes abgelehnt wurde – unabhängig davon, ob es sich um eine Privatperson, einen Journalisten/eine Journalistin oder einen Verein beziehungsweise Verband handelt. Ausgewählt werden die Fälle dann unter dem Gesichtspunkt der strategischen Rechtsverfolgung, das heißt, das Verfahren muss über den konkreten Fall hinaus grundsätzliche Bedeutung haben. Bisher wurde beispielsweise für eine Klage gegen das Bundesministerium für Gesundheit auf Herausgabe einer Liste der von ihr registrierten Top Level Domains die Patenschaft übernommen.

Die Finanzierung der Initiative erfolgt durch Spenden und die Förderung durch die Bewegungsstiftung Außerdem unterstützt die Rudolf Augstein Stiftung das Projekt im Rahmen der Kampagne „Informationen befreien“, die über das Thema Informationsfreiheit und über die Nutzung und Durchsetzung von Informationsfreiheitsrechten aufklärt.

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 143, 29.11.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

fuer Monika Baeuerlein, CEO des US-amerikanischen Non-Profit-Magazins Mother Jones, war es nicht leicht, wenige Tage vor der Wahl in den Vereinigten Staaten nach Deutschland zu kommen. Weil ihr, der gebuertigen Muenchnerin, die Entwicklung des gemeinnuetzigen Journalismus in Deutschland am Herzen liegt, kam sie trotzdem: Als Keynote-Rednerin eroeffnete Monika Baeuerlein den “Tag des Non-Profit-Journalismus” Ende Oktober in Berlin, die juengste Fachkonferenz von Netzwerk Recherche.

Inzwischen haben die USA gewaehlt, Donald Trump wird Praesident. “This is a dark hour, and to say otherwise would be a lie”, schrieb Mother Jones in einem Kommentar zum Ausgang der Wahl. Welchen Anteil hatten die Medien am Erfolg von Donald Trump? Welche Zukunft hat der Watchdog-Journalismus in den USA? Diese Fragen muessen uns umtreiben, denn nicht ohne Grund hat die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen den kuenftigen Praesidenten der USA nach seinem Wahlsieg umgehend aufgefordert, die Pressefreiheit zukuenftig zu respektieren. Das ist eine kleine Meldung, die das ganze Ausmass der Erschuetterung unserer Branche in ein paar Zeilen verdichtet.
Monika Baeuerlein hat die Fragen zur Freiheit und Verantwortung der Medien in ihrer Berliner Rede bereits aufgeworfen. “Dieser Wahlkampf zeigt uns, was passiert, wenn der Journalismus seine gemeinnuetzige Aufgabe, die er immer hatte, nicht mehr ausreichend wahrnehmen kann.” In den USA kompensieren hier und da Non-Profit-Medien die Defizite, indem sie Aufklaerung und investigative Recherchen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Viele von ihnen haetten allerdings nur wenige Mitarbeiter und ein schmales Budget, da gebe es “room to grow”, so Baeuerlein. Weiterlesen

nr-Stammtisch Berlin: Julian Heißler zu Internet-Recherche

Datum: Mittwoch, 30. November 2016 ab 19 Uhr
Gastredner: Julian Heißler, ARD-Hauptstadtstudio
Thema: Internet-Recherche
Ort: Correctiv (Singerstr. 109, 10179 Berlin).

Wir möchten Sie herzlich zur nächsten nr-Diskussionsrunde in Berlin einladen. Unser Gesprächspartner am Mittwoch, dem 30. November (ab 19 Uhr), ist Julian Heißler.
Das Internet bietet eine Vielzahl neuer Quellen, die Journalisten bei ihrer Recherche helfen können. Schon mit Google und Facebook lassen sich neue Ansprechpartner und Ansatzpunkte finden, die offline viel schwerer zu erkennen oder zugänglich sind. Davon profitieren nicht nur die Kollegen aus den Investigativressorts, sondern auch Politikjournalisten.

Der Stammtisch ist offen für alle Interessierte, eine nr-Mitgliedschaft ist also keine Voraussetzung. Weitere Informationen zu den Stammtischen erhalten Sie hier.

Weitere Festnahmen von Journalisten in der Türkei

can_duendarMurat Sabuncu, Chefredakteur der regierungskritischen türkischen Tageszeitung Cumhuriyet und Nachfolger von Can Dündar, ist nach Angaben des Blattes selbst und der staatliche Nachrichtenagentur Anadolu zusammen mit weiteren Journalisten festgenommen worden. Netzwerk Recherche fordert ihre Freilassung. Weitere Informationen hier.

Jetzt die Petition „Für Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei“ von Reporter ohne Grenzen, Börsenverein des Deutschen Buchhandels und PEN-Zentrum Deutschland unterzeichnen.

nr-Stammtisch Berlin: Silke Burmester – die „Queen der Kolumnen“

Datum: Mittwoch, 26. Oktober 2016 ab 19 Uhr
Gastrednerin: Silke Burmester, freie Journalistin, Kolumnistin und Autorin
Thema: Wie wirkt sich eine ständige Präsenz mit einer Kolumne auf die journalistische Arbeit aus
Ort: Correctiv (Singerstr. 109, 10179 Berlin)

Silke Burmester sei die „Queen der Kolumnen“, so das vom NDR verliehenes Etikett für die Journalistin, die auch Kolumnen für u.a. Spiegel Online (bis März 2014) und das medium magazin (bis 1/2014) verfasste. Für ihre feministische und kritische Sicht wurde sie von Gegnern auch als „Hasspredigerin“ bezeichnet. Sie erhielt für Ihre journalistische Arbeit mehrere Preise, engagiert sich für freien Journalismus und ist Mitglied bei „Pro Quote“ und „Freischreiber“. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 142, 19.10.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

der Soziologe Wilhelm Heitmeyer hat vergangene Woche im “Freitag” den Aufstieg der Rechtspopulisten und das Zusammenspiel mit den Medien versucht zu erklaeren.

Laut Heitmeyer erklimmen AfD und Co. die erste Stufe ihres Erfolgs immer durch “Provokationsgewinne”. Was ist damit gemeint? Die Rechtspopulisten wissen sehr genau, wie sie provozieren muessen, damit wir Journalisten darauf anspringen und ueber sie berichten. Heitmeyer schreibt:

“Das entspricht der eigenen Verkaufslogik der Medien und die wird sich nicht aendern. Deshalb wird von den populistischen Mobilisierungsexperten sorgsam darauf geachtet, dass nicht ‘mehr vom gleichen’ geboten wird. Denn darauf reagieren Medien in der Regel nicht mehr. Stattdessen wird eine zunehmende sprachliche Aggression geboten, die spaeter – von welchen Akteuren auch immer – eingeloest werden muss, um nicht als ‘Maulhelden’ dazustehen.” Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 141, 26.09.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

vor kurzem jaehrte sich Angela Merkels Entscheidung, die Fluechtlinge vom Budapester Hauptbahnhof nach Deutschland zu holen – die Entscheidung fuehrte dazu, dass die Grenze monatelang offen war und im vergangenen Jahr wohl um die 800.000 Fluechtlinge nach Deutschland kamen.

Wie es dazu kam, haben etliche Medien aufgearbeitet: Schiffsungluecke auf dem Mittelmeer mit mehreren hundert Toten hatten die Oeffentlichkeit, Politiker und Journalisten aufgeschreckt. Dann wurden 70 Menschen von Schleusern in einen Kuehllaster gepfercht, sie erstickten qualvoll. Und es gab das kaum zu ertragende Bild des Fluechtlingsjungen Aylan Kurdi tot am tuerkischen Strand. Es schien damals, als koennten wir in Deutschland all das nicht ertragen, es war eine humanitaere Notwendigkeit zu helfen, auch den Menschen, die im Dreck am Bahnhof Keleti gestrandet waren.

Und heute?

Wir Journalisten berichten nun viel ueber die Fluechtlingsdebatte:
Wie die AfD die Zahl der Fluechtlinge fuer ihre Zwecke nutzt, wie CSU und Teile der CDU einen Kotau der Kanzlerin erzwingen wollen. Sie soll ihre Fluechtlingspolitik als Fehler bezeichnen, eine Abkehr auch in Worten vollziehen, denn in der Sache hat sie die Abkehr laengst vollzogen.

Wenig berichten wir ueber das Schicksal der Menschen, die heute aus Syrien fliehen. Weiterlesen

nr-Stammtisch Berlin: Horand Knaup über politische Berichterstattung

Wie wird Politik gemacht? Wie kommt es in den Ministerien, im Kanzleramt und im Bundestag zu welchen Entscheidungen? Welche Unterschiede gibt es zwischen der Bonner und der Berliner Republik und warum hat der politische Journalismus an Durchschlagskraft verloren? Horand Knaup ist seit vielen Jahren ganz nahe dran am Politikbetrieb. Er berichtet aus dem »Maschinenraum der Macht«: Seit 1998 gehört er dem Hauptstadtbüro des Spiegels an – mit einer Unterbrechung von 2008 bis 2013. In jenen Jahren arbeitete er als Afrika-Korrespondent in Nairobi.

Wir wollen mit ihm über den Wandel von der Bonner zur Berliner Republik und den Rahmenbedingungen für politische Berichterstattung sprechen. Der Berliner Stammtisch findet am Mittwoch, dem 28. September 2016 ab 19 Uhr im Recherchebüro von Correctiv statt (Singerstraße 109, 10179 Berlin). Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 140, 17.08.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

ich wuenschte, es gaebe noch das Sommerloch. Denn in Zeiten des Sommerlochs war es doch einfacher, das Wichtige und Richtige vom Unwichtigen und Falschen zu trennen. Heute ist das nicht mehr so, denn es gibt schlicht keine Pause mehr. Weil sich eine solche Pause niemand mehr leisten kann. Weil eine solche Pause dem System widerspricht, in dem wir alle arbeiten.

Politiker lassen sich ihre Pausen moeglichst gar nicht erst anmerken: Kommentieren weiterhin, allzeit bereit, oder laden sich die Journalisten gleich direkt an ihren Urlaubsort ein. Als sei die mediale Praesenz die einzige Waehrung ihres politischen Geschaefts. Und die Medien koennen sich in Live-Ticker-Zeiten einen Stillstand oder eine Themenflaute noch viel weniger erlauben. Unsere digitale DNA macht ein Sommerloch unmoeglich.

Also laeuft die Maschine, tagein, tagaus. Und wir stuerzen uns auf das, was uns wichtig erscheint, natuerlich. Berichten in Echtzeit und nahezu ungefiltert ueber alles rund um die Amoklaeufe – und begeben uns dabei auch noch in einen medialen Wettkampf, wer die meisten Details zutage foerdert. Aus dem Privatleben des Amoklaeufers. Ueber die Verbindungen zum Terrorismus und zum IS. Oder ueber einige Jugendliche, die sich im Internet “auf das Morden vorbereiten” wie die FAS vor einigen Wochen in ihrem Aufmacher enthuellte. Was wir aber mit diesen zuweilen nur vermeintlich relevanten Recherchen bewirken, was fuer eine Aufmerksamkeit wir damit schaffen, darueber diskutieren wir wie immer erst hinterher. Immerhin tun wir es gerade jetzt ausgiebig und kontrovers. Weiterlesen

nr unterstützt Kampagne gegen neues BND-Gesetz

Netzwerk Recherche unterstützt gemeinsam mit einem internationalen Bündnis von Menschenrechtsorganisationen, Journalistenverbänden und Medien die globale Kampagne, um ausländische Journalisten außerhalb der EU vor Überwachung durch den Bundesnachrichtendienst zu schützen. Ziel der von Reporter ohne Grenzen initiierten Aktion ist es, eine entsprechende Schutzklausel in der Neufassung des BND-Gesetzes durchzusetzen, über die der Bundestag derzeit berät. Die Unterzeichner des Aufrufs halten die globale Massenüberwachung des BND für einen Verstoß gegen die Menschenrechte. In der Überwachung ausländischer Journalisten sehen sie einen schwerwiegenden Angriff auf die Pressefreiheit weltweit. In den kommenden Wochen können Menschen auf der ganzen Welt eine mehrsprachige Online-Petition unterzeichnen, die von den beteiligten Organisationen unterstützt wird und Mitte September den Fraktionen von CDU/CSU und SPD übergeben werden soll.

Direkt zur Online-Petition: https://www.reporter-ohne-grenzen.de/mitmachen/petition-bnd-de/
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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 139, 25.07.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

es sind turbulente, auch erschuetternde Tage, die uns alle in den Wochen nach unserer Jahrestagung in Hamburg aufwuehlen: Attentat in Muenchen, Terror in Nizza, Putschversuch in der Tuerkei, toedliche Schuesse in den USA, der Dopingskandal in Russland oder das Erschrecken ueber die Gewalttat in einem Zug bei Wuerzburg. Und dazu die wichtigen, uns noch lange beschaeftigenden Themen wie Brexit, Fluechtlingspolitik, IS-Terror, Dieselaffaere, TTIP und viele mehr. Wir Journalisten sind gefordert. Wir muessen recherchieren, berichten, einordnen und sollen erklaeren, was manchmal nicht erklaerbar ist. Und das immer ganz schnell, bisweilen viel zu schnell.

Gleichzeitig kaempfen wir um unsere Glaubwuerdigkeit, sind konfrontiert mit Hetzparolen (nicht nur) im Netz, sorgen uns um Finanzierungsmodelle fuer den Journalismus der Zukunft.

Was also tun? Eigentlich ganz einfach: Unseren Job. Wissend, dass in all der Hektik auch Fehler passieren koennen – die wir dann auch transparent korrigieren sollten.
Wissend, dass viele unserer Arbeit misstrauen – aber da geht es manch anderer Berufsgruppe nicht anders. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 138, 27.06.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

wir erleben seit Jahren eine Krise nach der anderen. Krisenzeiten sind eigentlich gute Zeiten fuer Journalisten, weil die Menschen informiert sein wollen, wenn die Welt sich aendert. Doch der Journalismus steckt selbst in der Krise – in einer oekonomischen und in einer Vertrauenskrise. Das Geschaeftsmodell von immer mehr Printmedien zerbroeselt, ohne dass erkennbar waere, was an die Stelle des alten treten koennte. Gleichzeitig nehmen mehr Menschen als frueher uns Journalisten als Teil von “denen da oben” wahr und kuendigen ihr Interesse an unserer Arbeit.

“An der Grenze” heisst deshalb das Motto der Jahrestagung von Netzwerk Recherche, die in zwei Wochen wie immer auf dem Gelaende des NDR in Hamburg stattfindet.

“An der Grenze” waren manche von uns, die ueber Fluechtlingscamps und Fluchtrouten berichteten. An der Grenze der Ratlosigkeit sind manche Kollegen aber auch im Umgang mit den Rechtspopulisten der AfD. Viele Kolleginnen und Kollegen vor allem in Regional- und Lokalzeitungen schliesslich sind an der Grenze, was ihre Arbeitsbedingungen angeht. Weiterlesen

nr-Stammtisch Berlin: Die Keylogger-Affäre in der „taz”

Martin Kaul und Sebastian Erb berichten über ihre Recherche im eigenen Haus

Martin Kaul und Sebastian Erb haben die Hintergründe der Keylogger-Affäre aufbereitet und sind den Spuren von Sebastian Heiser gefolgt. Sie gingen der Frage nach: Warum hat Heiser Kollegen in der taz ausgespäht? Was stand dahinter? Zu den Opfern gehörten auffallend viele junge Frauen.

Wir wollen mit Martin Kaul und Sebastian Erb über ihre Erfahrungen rund um die Affäre sprechen und wie der Fall das Redaktions-Klima in der taz verändert hat. Hintergründe zum Fall gibt es hier:
taz – Dateiname LOG.TXT
detektorFM – Ist das gerecht? 

Der Berliner Stammtisch findet am Mittwoch, dem 20. Juli (ab 19 Uhr) im Recherchebüro von Correctiv statt (Singerstraße 109, 10179 Berlin). Weiterlesen

nr-Leuchtturm für Can Dündar

Can Duendar (tuerkischer Journalist, Dokumentarfilmer und Buchautor)

Can Dündar, Leuchtturm-Preisträger 2016. Foto: Franziska Senkel

„Der Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“ der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche geht in diesem Jahr an Can Dündar. Der Chefredakteur der türkischen Zeitung Cumhuriyet wird für die mutigen Recherchen seiner Zeitung sowie für seinen Kampf um die Pressefreiheit ausgezeichnet. Obwohl ihm knapp sechs Jahre Haft drohen, kämpft er weiter für die Meinungsfreiheit in der Türkei. Das Netzwerk Recherche ehrt mit dem Preis an Dündar auch die gesamte Redaktion seiner Zeitung.

Vergeben wird der „Leuchtturm“ im Rahmen der zweitägigen Jahrestagung von Netzwerk Recherche beim NDR in Hamburg. Die Verleihung findet am Freitag, 8. Juli 2016, um 16.30 Uhr statt. Can Dündar wird persönlich anwesend sein. Die Laudatio wird der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz, halten.

Wir haben Can Dündar bereits vor wenigen Tagen getroffen und ihm gratuliert. Hier das Interview mit Can Dündar zur Auszeichnung und zur Wirkung des Preises.

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Stipendium abgeschlossen: lokale Umweltbelastung in Nordbaden

Patricia Klatt hat ihr Recherche-Vorhaben abgeschlossen, das von der Olin gGmbH gefördert und von Netzwerk Recherche betreut wurde. Sie ist der lokalen Umweltbelastung in Nordbaden bei Rastatt auf den Grund gegangen. Dort ist das Grundlage auf einer Anbaufläche von 345 Hektar mit per- und polychlorierten Chemikalien (PFC) verseucht. Klatts Artikel ist in der badischen Lokalzeitung „Kontext“ erschienen; Rundfunkbeiträge im SWR sind in Vorbereitung. Patricia Klatts Artikel „Zeitbombe Trinkwasser“ hier lesen: KONTEXT:Wochenzeitung, 04. Mai 2016.

Informationen zu den Umwelt-Recherchestipendien von Netzwerk Recherche und der Olin gGmbH

Recherchen gemeinsam gefördert

Zum ersten Mal unterstützen Netzwerk Recherche und die Karl-Gerold-Stiftung gemeinsam ein Recherche-Vorhaben. Jenny Marrenbach geht auf Haiti den Ursachen der Cholera-Epidemie von 2010 nach, bei der mehr als 10.000 Menschen ums Leben kamen. Der Ausbruch der Seuche, soviel steht fest, ging auf nicht fachgerecht entsorgte Fäkalien aus einem Camp der UN-Friedensmission in Haiti (MINUSTAH) zurück.
In Haiti formierte sich heftiger Widerstand gegen die Blauhelme, die bereits im Vorfeld wegen verschiedener Missbrauchs- und Vergewaltigungsfälle in die Kritik geraten waren. Eine Organisation von Menschenrechtsanwälten bereitete im Namen von 5000 Cholera-Opfern eine Klage gegen die Vereinten Nationen vor. Darin enthalten waren Forderungen zum Schadensersatz, die Verpflichtung der UN, in Haiti ein funktionierendes Abwassersystem zu installieren und eine offizielle Entschuldigung an die haitianischen Opfer. Ein langer Rechtsstreit begann, bei dem die UN kategorisch jegliche Verantwortung abstritt.

Das Stipendium von Jenny Marrenbach wird von Netzwerk Recherche (2.000 €) und von der Karl-Georld-Stiftung gefördert (1.200 €). Die Autorin, die inzwischen aus Haiti zurück gekehrt ist, wird auf der Jahreskonferenz von nr über das Projekt berichten.

Khadija Ismajilowa nach eineinhalb Jahren Haft freigelassen!

Freiheit für Khadija Ismayilova, Anar Mammadli und andere Journalisten und Menschenrechtsaktivisten forderten wir auf der Demo vor dem Kanzleramt im Januar 2015. (Foto: Senkel)

Das Oberste Gericht in Aserbaidschan reduzierte die Strafe der Journalistin Khadija Ismajilowa heute von siebeneinhalb auf dreieinhalb Jahre Freiheitsentzug und setzte sie zur Bewährung aus. Sie unterliegt weiterhin Reiseverbot und weiteren Einschränkungen. Das Gericht sprach die ehemalige Leiterin des Radio Free Europe/Radio Liberty von den Anklagepunkten Untreue und Machtmissbrauch frei, bestätigte aber die Strafen für illegales Unternehmertum und Steuerhinterziehung.

„Wir freuen uns mit Khadija Ismajilowa über ihre Freilassung, aber dieses Urteil kann nur ein erster Schritt zu ihrer Rehabilitierung sein“, kommentierte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr. „Khadija Ismajilowa hätte keinen einzigen Tag hinter Gittern verbringen dürfen. Alles andere als eine vollständige Aufhebung ihrer Strafe bleibt eine Justiz-Farce. Nach wie vor sitzen in Aserbaidschan Journalisten und Blogger wegen ihrer Arbeit im Gefängnis.“

Netzwerk Recherche schließt sich der Protastaktion von Reporter ohne Grenzen vor der Aserbaidschanischen Botschaft in Berlin an. Am Freitag (27. Mai, 11 Uhr) – zum 40. Geburtstag von Khadija Ismajilowa – fordern wir die vollständige Aufhebung ihrer Strafe. Weitere Informationen zu Khadija Ismajilowa und der Protestaktion: auf der ROG-Website.

Informationen zu Khadija Ismajilowa und ihren Projekten erhalten Sie auch auf der Website „Free Khadija Ismayilova“ der not-for-profit-Organisation Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP).

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 137, 25.05.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

in den vergangenen Monaten haben wir Journalisten viel ueber unsere Haltung debattiert, untereinander und auch mit Lesern, Hoerern und Zuschauern. Es ging um die Berichterstattung ueber Fluechtlinge und die Frage, wann es richtig und wichtig ist, Haltung zu zeigen. Es ging auch darum, ob eine politische Einstellung den Blick auf die Wirklichkeit verengen kann. Es gab die “Luegenpresse”-Choere und einen Vertrauensverlust in die Medien, leider bei mehr Menschen als den Pegida-Anhaengern.

Die Ankunft einer grossen Zahl von Fluechtlingen in Deutschland war eine besondere Situation, in der viele Journalisten auf neue Art und Weise ihre Rolle gesucht, ueberdacht und hinterfragt haben.

Es gibt aktuell ein weiteres, verwandtes Thema, das uns dazu bringt, ueber unsere Rolle nachzudenken: Wie umgehen mit Rechtspopulisten? Das ist kein Problem, das nur deutsche Journalisten haben: In den USA ist der republikanische Praesidentschaftsbewerber Donald Trump auf dem Vormarsch, in Oesterreich die rechte FPOe und in Deutschland ist die AfD bereits in acht Landesparlamenten vertreten.

Journalisten wurde bereits der Vorwurf gemacht, sie haetten geholfen, die AfD gross zu machen, schon weil deren Politiker haeufig in Talkshows eingeladen wurden. Also besser ignorieren?

Dass das keine Loesung ist, merkten Politiker der etablierten Parteien als sie vor den Landtagswahlen im Maerz TV-Gespraechsrunden mit AfD-Politikern boykottierten. Das kam beim Publikum nicht gut an. Auch die Strategie, AfD-Vertreter mit ‘knallhart’ gefuehrten Interviews entlarven zu wollen, funktionierte nur selten. Im Gegenteil, manchmal gewannen AfD-Leute noch Sympathien, weil sie von Journalisten so deutlich aggressiver angegangen wurden als andere Gespraechspartner. Weiterlesen

nr-Stammtisch zum Thema Investigativer Journalismus

Berliner Stammtisch mit Mark Lee Hunter

Datum: Mittwoch, 18. Mai 2016 ab 19 Uhr
Gastredner: Mark Lee Hunter, Gründungsmitglied des Global Investigative Journalism Network
Thema: Investigativer Journalismus: neue Akteure & neue Geschäftsmodelle
Ort: Correctiv (Singerstr. 109, 10179 Berlin).

Wir möchten Sie herzlich zum nächsten Treffen unseres Berliner Stammtischs einladen. Unser Gesprächspartner am Mittwoch, dem 18. Mai (ab 19 Uhr) ist Mark Lee Hunter .

Mit dem Beginn der Krise der Nachrichtenindustrie zu Beginn des 21. Jahrhunderts traten neue Akteure im investigativen Journalismus auf den Plan. Diverse Gruppen, Verbünde und Büros – beispielsweise Greenpeace oder soziale und politische Aktivisten – versuchen, ihre eigenen Ziele durch ihre eigenen Medien zu fördern. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 136, 21.04.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Hinter uns liegen verrueckte Tage: der islaendische Ministerpraesident ist zurueckgetreten. In England kaempft David Cameron um seine politische Zukunft. Gegen den argentinischen Praesidenten ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die UEFA-Zentrale wurde durchsucht. In China arbeitet die Zensurbehoerde auf Hochtouren, damit niemand mitbekommt, dass die chinesische Elite zu den Stammkunden Mossack Fonsecas zaehlt, der nunmehr beruehmten Kanzlei in Panama. Und vermutlich war das noch lange nicht alles an Reaktionen und Ermittlungen, die die PanamaPapers hervorgerufen haben. Wahnsinn.

All das vollzog sich schlagartig, wie beim Domino. Ein Stein folgte auf den naechsten, schneller als man gucken konnte. Taeglich gab es neue Nachrichten zu dem Datenleck. Am allerschnellsten aber hatten sich die Kritiker zu Wort gemeldet. Die PanamaPapers waren noch nicht einmal 24 Stunden lang veroeffentlicht, da wurde schon gemeckert, ob das jetzt schon alles sei, warum es so intransparent laufe, warum nicht einfach alle Daten sofort vollstaendig veroeffentlicht wuerden, warum man ueberhaupt Namen nenne, warum, warum, warum. Auf dem direkten Weg erreichten uns diese Fragen allerdings nicht.

Zur Transparenz: Ich bin befangen, denn ich habe mit vielen anderen Kolleginnen und Kollegen mitgearbeitet an der Auswertung der PanamaPapers in Deutschland. Als ich die Kritik im Netz erst Tage spaeter realisierte, habe ich gestaunt: Wie schnell einige Kollegen in der Lage sind, ihr Urteil zu faellen. Wie reflexhaft in der Sekunde der Veroeffentlichung schon bewertet wird. Daumen hoch, Daumen runter. Es ist offenbar ein Wert, sofort alles besser zu wissen. Weiterlesen

nr-Stammtisch zu Rosssmann-Recherchen

Berliner Stammtisch mit Hans-Martin Tillack

Datum: Mittwoch, 4. Mai 2016 ab 19 Uhr
Gastredner: Hans-Martin Tillack, Journalist beim stern und Buchautor
Thema: Rosssmann-Recherchen
Ort: Correctiv (Singerstr. 109, 10179 Berlin).

Wir möchten Sie herzlich zum nächsten Treffen unseres Berliner Stammtischs einladen. Unser Gesprächspartner am Mittwoch, dem 4. Mai (ab 19 Uhr) ist Hans-Martin Tillack, einer der bekanntesten investigativen Journalisten im Land. Hans-Martin Tillack ist im Berliner Büro des stern verantwortlich für investigative Recherche. Nach dem Studium der Soziologie und Politologie arbeitete er zunächst fünf Jahre lang als Redakteur für die „tageszeitung“. 1993 wechselte er in das Bonner Büro des stern. Von 1999 bis 2004 war er EU-Korrespondent des stern in Brüssel.

Gemeinsam mit seiner Kollegin Laura Himmelreich hat Hans-Martin Tillack monatelang zu den Arbeitsbedingungen bei einem Subunternehmen der Drogeriekette Rossmann recherchiert. Roßmann verweist gern auf die guten Löhne und Arbeitsbedingungen in seinem Unternehmen – über die Potsdamer promota.de, das Unternehmern firmierte bis vor kurzem als Iostore Solutions Services GmbH (ISS), lässt er mehrere tausend Regaleinräumer per Werkvertrag in den Drogerien seines weit verzweigten Imperiums werkeln. Mit der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns erhalten die Angestellten 8,50 Euro in der Stunde. Bis Ende 2014 bekamen die Regaleinräumer teilweise lediglich 6,63 Euro (West) bzw. 6,12 Euro (Ost) pro Arbeitsstunde. Weiterlesen

Panama Papers – weltweite Recherche-Kooperationen und jede Menge Daten

Seit einigen Tagen schlottern weltweiter Prominenz – vom Staatschef bis zum Fußballstar – die Knie. Die Panama Papers bringen lang unentdeckte Offshore-Geschäfte ans Licht, decken versteckte Milliarden auf und bringen einiges ins Wanken. Sie erhöhen den nötigen politischen und gesellschaftlichen Druck, Steueroasen trockenzulegen. Und sie zeigen auf, wie wichtig guter Recherche-Journalismus ist.

Was innerhalb des letzten Jahres hinter verschlossenen Türen recherchiert wurde und heute als unvergleichbare Enthüllungsgeschichte Wellen schlägt, begann mit einer kurzen E-Mail an das Investigativteam der Süddeutschen Zeitung. Aus der ersten Nachricht des „John Doe“ wurde eine stetig wachsende Datensammlung geleakter Informationen über die Geheimnisse der Kanzlei „Mossack Fonseca“, die von Panama City aus anonyme Briefkastenfirmen gründet: Zur Vertuschung großer Vermögen etwa, zur Geldwäsche, zur Finanzierung von Krieg und Terror oder der Umgehung von Sanktionen. Circa 2,6 Terabyte groß ist die Datenmenge, die der anonyme John Doe nach und nach an die Journalisten schickte. Schon früh war klar, dass dieser Berg an Informationen nicht von einer einzelnen deutschen Redaktion ausgewertet werden kann. Weiterlesen

Stipendium abgeschlossen: Folgen des Kohleabbaus in Kolumbien

Linda Tutmann hat ihr Stipendium abgeschlossen, das von der Olin gGmbH finanziert und von Netzwerk Recherche betreut wurde. In ihrer Geschichte „Ovidio Orozco wird blind“, die in der ZEIT erschienen ist, erzählt sie über die ökologischen und medizinischen Folgen des Abbaus von Kohle in Kolumbien. Auch deutsche Energiekonzerne importieren zunehmend der Kohle aus Südamerika, um ihre Meiler zu befeuern. Die Folgen für die Umwelt und, mehr noch, für die Gesundheit der Arbeiter sind katastrophal.

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 135, 21.03.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

sind ja “nur” Umfragen, wird schon nicht so schlimm kommen. So dachten viele vor der Wahl am letzten Wochenende. Es kam, wir wissen es jetzt alle, noch schlimmer. Es sei ein Schock fuer die etablierten Parteien, ein Denkzettel, ein Fanal. So die Botschaft der Politik. Ratlosigkeit macht sich breit. Garniert mit wuetenden Kommentaren und gelegentlicher Nachdenklichkeit.

Was also tun? Diese Frage richtet sich nicht nur an die Politik, sondern auch an uns, die Medien. Wie umgehen mit einer Partei, deren Funktionaere und auch Waehler oftmals nicht nur die in der Verantwortung stehenden Parteien verachten, sondern auch uns als “Luegenpresse” beschimpfen. Oder – um es mit Frauke Petry zu sagen – als “Pinocchio-Presse”. Macht es nicht besser. Es bleibt perfide. Umso irritierender, dass ausgerechnet sie sich in festlicher Robe als Gast auf dem Bundespresseball praesentieren darf – umringt von Journalisten und im Blitzlichtgewitter der Fotographen. Vielleicht sollten auch einige von uns sich mal ueberlegen, mit wem man feiert, wem man eine solche Buehne bereitet. Weiterlesen

Initative „Open Web Index“ – vorgestellt von N. Huss und A. Ude

Berliner Stammtisch mit Nikolaus Huss und Albrecht Ude

Datum: Mittwoch, 30.03.2016 ab 19 Uhr
Gastredner: Nikolaus Huss (Sprecher der Initiative Open Web Index) und Albrecht Ude (Journalist)
Ort: Correctiv (Singerstr. 109, 10179 Berlin).

Offener Web-Index

Quelle: openwebindex.eu/

Suchmaschinen nutzt Jede und Jeder, jeden Tag. Aber was haben die mit Politik zu tun, mit Autonomie, mit wirtschaftlicher Entwicklung und mit gesellschaftlichem Fortschritt. Daran denkt man ja erst mal nicht, wenn man sich die naechste Pizzeria googlet.

Der Kern einer Suchmaschine ist ihr „Index“, eine Datenbank, die das Internet abbildet und durchsuchbar macht. Dabei sind die Moeglichkeiten der Einflussnahme und des Filterns gross. Das merkt man schon, wenn man schaut, wo die grossen Suchmaschinen sitzen: in den USA (Google, Bing), in Russland (Yandex) und in der VR China (Baidu) – nicht zufaellig Machtzentren dieser Welt.

Wo ist da Europa? Wir stellen die Initative „Open Web Index“ (OWI) vor, die einen offenen, europaeischen Webindex auf den Weg bringen soll. Und wir erlaeutern, was das fuer recherchierende Journalisten an Moeglichkeiten bedeutet.
Weitere Infos und zur Anmeldung bitte hier klicken.

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 134, 24.02.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

diese Woche koennen wir alle ins Kino gehen und uns exakt 40 Jahre nach dem Watergate-Film “All the Presidents Men” erneut fuer einige Helden des investigativen Journalismus begeistern: “Spotlight” laeuft in Deutschland an, der Film ueber die investigative Einheit der US-Tageszeitung “Boston Globe”, die im Jahr 2001 damit begann, den Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche von Boston aufzudecken. Ausgehend von einer kleinen Nachricht ueber einen paedophilen Priester hat der neue Chefredakteur, der nicht mit den Honoratioren verbandelt war, das Spotlight-Team an die Recherche gesetzt. Die Reporter fanden nach langen Recherchen heraus, dass es nicht nur einen, sondern neunzig (!) Priester gab, die Kinder missbrauchten und die vom Bischof gedeckt wurden. Der “Globe” bekam dafuer im Jahr 2003 den Pulitzer Preis. Weiterlesen

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