Nonprofit: Biotop für investigative Recherche
Vor nicht allzu langer Zeit war das Arbeitsleben eines investigativen Journalisten eigentlich ganz einfach. Als Angestellter oder Freiberufler arbeitete man für ein professionell geführtes Medienunternehmen und wurde für seine Recherchen ziemlich gut bezahlt.
Den Verkauf dieser Geschichten übernahmen andere Leute mit anderen Berufen: Herausgeber, Verlagsmanager, Marketing-Menschen. Als Journalisten hatte man mit diesen ‘kommerziellen Typen’ nichts zu tun – höchstens auf Firmenfeiern.
Dann aber stürzte das traditionelle Geschäftsmodell in sich zusammen. Den sinkenden Auflagen begegnete die Branche mit einem immer schriller geführten Kampf um Aufmerksamkeit. In diesem “24/7 Clickbait Race” geriet auch der investigative Journalismus unter Druck. Ein Scoop alle drei Monate? Für die Aufmerksamkeitsökonomie zu wenig.
Zum Glück scheint sich die Panik in letzter Zeit etwas zu legen. Medienhäuser lernen wieder, ihrer journalistischen Qualität zu vertrauen. Das liegt auch an Phänomenen wie dem Trump Bump, womit die steigenden Auflagen und Nutzerzahlen seriöser US-Medien als Folge von Trumps Wahl zum Präsidenten gemeint ist, und die allgemeine Sorge um gezielte Desinformation, die sich etwa über soziale Medien verbreitet. Gleichzeitig gewöhnen wir uns durch die Etablierung von Streaming-Anbietern daran, für Online-Dienste zu bezahlen. Das könnte für den Übergang zu kostengünstigen, digitalen Publishing-Modellen hilfreich sein. Noch hat die Branche die Talsohle nicht durchschritten, aber sie ist bestimmt auf dem Weg nach oben.
Neue Aufgaben: Fundraising, Projektmanagement, Reporting
In dieser relativ kurzen Zeit hat sich das Biotop des investigativen Journalisten jedoch bereits grundlegend verändert. Neben den etablierten Medienhäusern hat sich eine neue Organisationsform herausgebildet – der Nonprofitjournalismus, der größtenteils aus Beiträgen institutioneller und privater Geldgeber finanziert wird. In den USA hat die Philanthropie eine viel längere Tradition, aber auch in Europa haben zuletzt immer mehr Stiftungen den Journalismus als Förderbereich entdeckt.
Eine eigentlich großartige Entwicklung. Doch der Aufbau einer Nonprofit-Organisation geht weit über die berufliche Praxis klassischer Journalisten hinaus.
Plötzlich muss man sich um Dinge kümmern, für die die einst prosperierenden Verlage eigene Abteilungen aufgebaut hatten: Geschäftspläne, Zielgruppenforschung, Projektmanagement, Buchhaltung, Fundraising, Vertrieb etc. Und das alles neben dem eigentlichen Kerngeschäft, der Recherche. Bei Stiftungsfinanzierung kommt noch ein mitunter erheblicher Aufwand für Rechenschaftsberichte hinzu. Um diesen Entwicklungen Rechnung zu tragen, hatten Netzwerk Recherche und das Global Investigative Journalism Network – unterstützt von der Schöpflin Stiftung – im Programm der Global Investigative Journalism Conference einen ganzen Track zum Nonprofitjournalismus und zu Fragen der nachhaltigen Finanzierung eingebaut. Weiterlesen