Liebe Abonnent:innen,

in gut drei Wochen findet beim NDR in Hamburg endlich wieder unsere Jahreskonferenz statt, bei der wir in Dutzenden Workshops, Panels und Roundtables über Recherche sprechen – über das Handwerk, über die Rahmenbedingungen, über unsere Erfahrungen, Probleme und Lösungen.

Wie jedes Jahr bringen wir auch bei der #NR23 hunderte erfahrene Investigativ-Kolleg:innen mit jungen Menschen zusammen, die sich aufmachen auf den Weg in die Recherche. Und wie jedes Jahr freue ich mich sehr darüber, dass wir einen zentralen Ort anbieten können, an dem neben dem Handwerk selbst auch die Vernetzung unter den Kolleg:innen, das Kennenlernen, das Ansprechen möglich wird.

Investigative Recherche ist so gefragt wie selten. Und die Bedingungen für unabhängigen Recherche-Journalismus wurden zuletzt öffentlich intensiv verhandelt: die Recherchen zu Springer, mangelnder Quellenschutz, Interessenkonflikte durch Moderationen für Behörden und presserechtliche Grundlagen der MeToo-Berichterstattung.

All das wird uns nicht nur längere Zeit begleiten, wir werden es auch auf der Konferenz diskutieren. Auf diese Diskussionen freue ich mich.

Euer
Daniel Drepper

Daniels Tipps des Monats:

Quellenschutz

Wer sich mit dem Thema Quellenschutz befasst, der sollte diesen Text von Georg Mascolo in der SZ gelesen haben. Denn er fasst zusammen, wie hochproblematisch es ist, dass der Verleger der Berliner Zeitung – Holger Friedrich – Informationen über Julian Reichelt an den Springer-Verlag gegeben hat. Und warum das unter Journalist:innen noch viel stärker diskutiert werden sollte.

Machtmissbrauch

Eine der besten Recherchen über Machtmissbrauch, die ich seit langem gelesen habe, ist diese Spiegel-Geschichte über Sternekoch Christian Jürgens und wie er offenbar seit Jahrzehnten mit seinen Mitarbeiter:innen umgeht. Das Stück zeigt einmal mehr: MeToo liegt nicht hinter uns, im Gegenteil – es braucht noch viel mehr Recherchen zu sexualisierter Gewalt und strukturellem Machtmissbrauch.

Pulitzer-Preise

Den Pulitzer Preis für investigative Recherche hat Anfang Mai das Wall Street Journal gewonnen – für eine Serie von Recherchen über Mitarbeiter:innen von Kontrollbehörden, die selbst mit Aktien der Unternehmen handeln, für die sie zuständig sind. Hier geht’s zu den diesjährigen Pulitzer-Preisträger:innen.

 

Aus dem Netzwerk Recherche:

German Editor für GIJN und NR gesucht

Wir suchen einen neuen German Editor für unsere Partnerschaft mit dem Global Investigative Journalism Network. Unser German Editor stellt u.a. Inhalte zusammen, die für deutschsprachige investigative Journalist:innen relevant sind, produziert und verbreitet sie. Es soll sich zunächst um eine freiberufliche Tätigkeit (ca. 20h/Woche) handeln. Ihr könnt euch bis zum 30. Mai per Mail oder über unser verschlüsseltes Formular bewerben. Mehr Infos findet ihr hier.

Freie Stelle als Researcher bei The New Sector und NR

Für die Durchführung des internationalen Forschungsprojektes The New Sector zum gemeinwohlorientierten Journalismus in Europa suchen wir zum 1. Juli 2023 eine:n Wissenschaftler:in zur Mitarbeit bei der Konzeptionierung und Realisierung der Studie. Wir bieten flexible, familienfreundliche Arbeitszeiten (18h/Woche) und eine Vergütung, angelehnt an TV-L E13, Stufe 1, befristet auf 18 Monate. Ihr könnt euch per Mail oder über unser verschlüsseltes Formular bewerben. Mehr Infos findet ihr hier unten.

NR-Jahreskonferenz: Programm ist online

Das vorläufige Programm der NR-Jahreskonferenz ist online! Wie immer feilen wir noch bis zum Schluss daran, aber ihr könnt euch schon mal einen ersten Eindruck verschaffen, welche Panels und Referent:innen euch erwarten. Einige Tickets sind auch noch verfügbar – wir empfehlen eine rasche Anmeldung.

Fellowship: Vielfalt im Investigativjournalismus

Der Zugang in den Investigativjournalismus ist nicht leicht: Nachwuchsjournalist:innen aus marginalisierten Bevölkerungsschichten scheitern oft an finanziellen Hürden und fehlenden Kontakten. Das wollen wir ändern! Deshalb haben wir in Kooperation mit den Neuen deutschen Medienmacher:innen das Fellowship-Programm „Vielfalt im Investigativjournalismus stärken“ entwickelt. Das Programm richtet sich an Nachwuchsjournalist:innen mit Einwanderungsgeschichte, Rassismus- und/oder Armutserfahrungen. Die Fellows erhalten ein dreimonatiges bezahltes Praktikum, ein Stipendium, Workshops und eine Einladung zur Global Investigative Journalism Conference 2023! Ihr könnt euch bis zum 19. Juni hier bewerben.

Erster Greenhouse-Report erschienen – neue Ausschreibung gestartet

Im Rahmen des ersten Greenhouse Fellowships von NR und Schöpflin Stiftung hat sich Dörthe Ziemer auf die Suche nach der Erfolgsformel für spendenfinanzierten digitalen Lokaljournalismus im ländlichen Raum gemacht. Ihre Erkenntnisse hat sie im Report „Breite×Tiefe×Nähe“ zusammengefasst. Aktuell läuft die Ausschreibung für die zweite Runde des Fellowships, das wieder Freiraum für journalistische Recherchen und praxisnahe Forschung bietet. Im Mittelpunkt steht diesmal die journalistische Unabhängigkeit. Die Bewerbungsfrist endet am 20. Juni!

Kostenloses Training zum Auskunftsrecht

Was tun, wenn die Pressestelle mauert? Wie komme ich an Originalunterlagen von Behörden? NR startet ein bundesweites Trainingsangebot zum Auskunftsrecht. Durch eine Förderung des Bundesministeriums für Kultur und Medien ist es uns möglich, in den kommenden eineinhalb Jahren vermehrt Schulungen anzubieten. Deshalb: Wer gerne für die eigene Redaktion, den Sender oder Verlag eine Schulung organisieren möchte, kann sich an uns wenden. Wir stimmen einen individuellen Termin für einen ca. zweistündigen Workshop ab. Für euch werden nur die Reisekosten fällig, das Honorar wird aus den Projektmitteln bestritten. Es sollte eine Gruppe von mindestens fünfzehn Interessierten zusammenkommen. Bei Interesse genügt eine Mail an [email protected]e.

Training in Sicherheit bei der digitalen Recherche

Die Universität Hamburg bietet freien Journalist:innen unter unseren Mitgliedern ein Training in Sicherheit bei der digitalen Recherche an. Als Fachtrainer:innen wurden dafür Annkathrin Weis und Daniel Moßbrucker gewonnen.
Das ganztägige Training findet am Donnerstag, 15. Juni von 9:30 bis 17:30 Uhr statt. Eure Reise nach Hamburg zur Jahreskonferenz könnt ihr also zusätzlich für diese Fortbildungsveranstaltung nutzen. Das Training ist für euch (und NR) kostenfrei. Der SPIEGEL stellt freundlicherweise einen Tagungsraum zur Verfügung, dafür danken wir. Nähere Informationen zum Training, welches mit einem Forschungsprojekt verbunden ist, finden sich hier.
Solltet ihr euch zu dem Tagesseminar anmelden wollen, wird um eure Bereitschaft gebeten, sich an zwei anonymen Online-Befragungen vor und nach dem Training zu beteiligen. Außerdem wird das Training selbst (und damit ihr) von einem kleinen Team der Uni Hamburg beobachtet (ohne technische Aufzeichnung!). Die Daten werden anonym erhoben und vertraulich verarbeitet.
Die Veranstaltung ist wie gesagt freien Journalist:innen vorbehalten. Es können 12 bis maximal 14 Personen teilnehmen. Bei Übernachfrage entscheidet das Los.
Bei Interesse meldet euch bitte unter dieser Adresse verbindlich unter Angabe aller üblichen Kontaktdaten an: [email protected].

Ostsee-Werkstatt: Vernetzungstreffen für neue Lokalmedien

Correctiv.Lokal, Netzwerk Recherche und die Alfred Toepfer Stiftung laden erneut Gründer:innen aus dem Lokaljournalismus ein: Bei der Ostsee-Werkstatt für neue Lokalmedien stehen Vernetzung, Erfahrungsaustausch sowie Workshops mit Start-up- und Recherche-Wissen auf dem Programm – und auch ein Spaziergang zum Strand, der ganz in der Nähe ist. Die Veranstaltung (6. bis 8. September) findet im Seminarzentrum Gut Siggen in Schleswig-Holstein statt, etwa 70 km nördlich von Lübeck. Anmeldungen für die Ostsee-Werkstatt sind bis zum 23. Juni 2023 möglich. Mehr Infos gibt es hier.

Nachrichten:

Deutschland rutscht ab im Pressefreiheit-Ranking

In der diesjährigen Rangliste der Pressefreiheit ist Deutschland um fünf Plätze auf Rang 21 zurückgefallen. Grund dafür ist die weiter wachsende Gewalt gegen Journalist:innen.

Hinweisgeberschutzgesetz für Whistleblower

Bund und Länder haben sich auf ein Hinweisgeberschutzgesetz und die damit verbundene nationale Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie geeinigt. Ein ursprünglich vorgesehenes Schmerzensgeld für „immaterielle Schäden“ gibt es jedoch nicht. Transparency Germany hat die Einigung leicht verständlich in diesem Thread erklärt.

Freischreiber und der Oberauer-Verlag legen Honorartool neu auf

In diesem Honorartool tragen freie und festangestellte Journalist:innen anonym ihre Honorare und Gehälter ein. Der Verlag Oberauer und der Berufsverband Freischreiber stellen die Ergebnisse des Tools zur freien Verfügung, damit Journalist:innen besser verhandeln können und fairer entlohnt werden.

Verzeichnis für KI-Anbieter

Das KI-Anbieterverzeichnis vom Journalismus Lab gibt einen Überblick über hilfreiche KI-Tools für den redaktionellen Alltag. Passend dazu gibt das Handbuch „Digitale Verifikation“ einen Überblick über Tools und Techniken, wie sich Falschinformationen im Netz erkennen und gegenchecken lassen.

 

Veranstaltungen, Preise & Stipendien:

Journalist in Residence Fellowship: Max-Planck-Institut

Das Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung (MPIfG) bietet ein Fellowship für Medienschaffende an, die über Politik, Gesellschaft oder Wirtschaft berichten. Am Institut führen sie u.a. Hintergrundgespräche mit Forschenden und vertiefen ein eigenes Recherchethema. Zudem gibt es ein monatliches Stipendium von 3.500 Euro. Der Gastaufenthalt in Köln kann zwischen sechs Wochen und drei Monaten dauern (Herbst 2023 bis Sommer 2024). Ihr könnt euch bis zum 31. Mai 2023 hier bewerben.

Journalist in Residence Fellowship: WZB

Auch das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) bietet ein Residence Fellowship an. Es ermöglicht Journalist:innen einen Gastaufenthalt von sechs Wochen bis drei Monaten ab August am WZB in Berlin. Die Stipendiat:innen verfolgen in dieser Zeit eigene Recherchen, nutzen die Möglichkeit zum Austausch mit Wissenschaftler:innen und nehmen an Veranstaltungen teil. Für die Dauer des Aufenthalts wird ein Stipendium in Höhe von 3.500 Euro pro Monat gezahlt. Ihr könnt euch bis zum 31. Mai hier bewerben.

Recherchereise mit dem Auswärtigen Amt nach Armenien

Das Projekt „Correspondents in Conflicts“ lädt Journalist:innen aus dem deutschsprachigen Raum zu einer Recherchereise vom 7. bis 14. November in die armenische Hauptstadt Jerewan ein. Durch Diskussionen und Workshops rund um den Bergkarabach-Konflikt bilden die Teilnehmer:innen sich zum Thema Kriegsberichterstattung und Desinformation fort und können eigene Recherchevorhaben umsetzen. Das Projekt wird durch das Auswärtige Amt gefördert und in Zusammenarbeit mit dem Yerevan Press Club umgesetzt. Mehr Infos findet ihr hier. Ihr könnt euch bis zum 11. Juni bewerben.

Journalistisches Hospitanzprogramm im Bundestag

Die SPD-Bundestagsfraktion und die Journalist:innen-Akademie der Friedrich-Ebert-Stiftung laden (Nachwuchs-)Journalist:innen zum gemeinsamen Hospitanzprogramm in den Bundestag ein. Das Programm bietet die Möglichkeit, Berlin aus politischer und journalistischer Perspektive kennenzulernen. Es besteht aus einem Einführungsseminar (8.-10. Oktober) und der zweiwöchigen Hospitanz (09.-20. Oktober). Mehr Infos gibt es hier, Bewerbungsschluss ist der 30. Juni.

Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus

Der Otto Brenner Preis ehrt besonders kritische und analytische journalistische Stücke und wird in diversen Kategorien verliehen. Das Preisgeld beträgt insgesamt 47.000 Euro, u.a. werden drei Recherche-Stipendien in Höhe von je 5.000 Euro vergeben. Hier gibt es mehr Infos. Bewerben könnt ihr euch bis zum 30. Juni.

Lausitz Workation: Über den Strukturwandel berichten

Du bist Medienmacher:in und interessierst dich für den Strukturwandel in der Lausitz? Dann bewirb dich für die Workation vom 12. bis 22. Juli der Neuen Lausitz. Die Redaktion sucht freie Mitarbeiter:innen, um den Wandel journalistisch zu begleiten. Du kannst zehn Tage in Herzberg (Elster) in Brandenburg verbringen, inklusive eigenem Zimmer, Coworking Space und Workshops. Mehr Infos und die Anmeldung findet ihr hier.

Masterclass: Von der Recherche zum Roman oder Sachbuch

Die Reportageschule Reutlingen bietet zwei Seminare zum Thema Recherche und Schreiben an. In der Masterclass Roman diskutieren Autor:innen, Journalist:innen und Verleger:innen, was journalistische und literarische Sprache unterscheidet, und bringen euch die gängigen Konzepte literarischen Erzählens näher. In der Masterclass Sachbuch lernt ihr, großen Stoff auf neue Weise zu erzählen und freier, experimentierfreudiger und trotzdem wahr zu schreiben. Beide Seminare laufen vom 18. bis 22. September, anmelden könnt ihr euch über die obigen Links. Es gibt jeweils zwölf Plätze.

Artificial Intelligence Accountability Fellowships vom Pulitzer Center

Das Pulitzer Center bietet ein Fellowship für insgesamt sechs bis acht Journalist:innen aus aller Welt an, die z.B. über die Auswirkungen von Algorithmen berichten. Das Programm dauert zehn Monate, beginnt diesen September und bietet bis zu 20.000 USD u.a. für Datenanalysen und Reisekosten. Das Pulitzer Center verspricht: “The Fellows will have access to mentors and relevant training with a group of peers that will help strengthen their reporting projects.” Ausführliche Infos gibt es hier, Bewerbungsschluss ist der 1. Juli.

Fortbildungen

 

Zum Schluss: 

Wir waren diesen Monat bei unseren Kolleg:innen von andererseits in Wien zu Besuch. Andererseits ist ein preisgekröntes Magazin für Behinderung und Gesellschaft, bei dem Journalist:innen mit und ohne Behinderung zusammenarbeiten. Aktuell suchen sie nach neuen Unterstützer:innen, um ihr Projekt weiter zu finanzieren.