„Ein Gefühl für die Stärken des Datenjournalismus entwickeln“

Vier Fragen an… Björn Schwentker, freier Datenjournalist

Netzwerk Recherche e.V. Jahreskonferenz 2014

Björn Schwentker (Foto: Raphael Hünerfauth)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Die größte Herausforderung für den Datenjournalismus ist, dass wir ein Verständnis dafür entwickeln, was eigentlich guter Datenjournalismus ist und was wir damit wollen. Man kann das bei den Top-Leuten aus der Schweiz und aus den USA sehen, die schon ein weitergehendes Verständnis davon haben, dass Datenjournalismus vor allem eine Recherchedisziplin ist. Es darf auch sein, dass richtig recherchiert wird und dann stirbt ein Thema, weil es nichts her gibt oder weil es die Daten nicht gibt. Wir müssen ein Gefühl für die Stärken des Datenjournalismus entwickeln, aber auch seine Grenzen kennenlernen. Das ist die große Herausforderung, die wir jetzt vor uns haben. Weiterlesen

„Muster erkennen, Strukturen verstehen“

Vier Fragen an… Volker Stollorz, freier Journalist mit Schwerpunkt Medizin

Volker Stollorz (Foto: Raphael Hünerfauth)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für den Datenjournalismus in Deutschland?
Ich sehe – vor allem in meiner Rolle als Medizinjournalist – drei Dinge, die zu verbessern wären. Erstens: Transparenz. Während es in den Ländern wie den USA Projekte wie Dollars for Docs von ProPublica gibt, wo Zahlungen von Pharmafirmen an Ärzte veröffentlicht werden, um Interessenkonflikte erkennen zu können, sind solche Daten in Deutschland nicht zugänglich. Vielleicht wird so etwas ab 2016 möglich, aber fehlende Daten und mangelnde Transparenz sind in der gesamten Medizin hierzulande ein Problem. Zweitens: Teambildung. Die Kompetenzen im Datenjournalismus sind meist verteilt auf mehrere Personen. Es braucht aber Koordination und Strukturen für eine Teambildung, zur Auswertung diffiziler Datensätze und zum Geschichten finden und aufbereiten. Drittens: Bewusstseinsbildung. Im Zusammenhang mit der Verfügbarkeit von Daten muss sich ein stärkeres Bewusstsein für die Macht von Daten entwickeln – und dafür, wie sich damit Geschichten auf originelle Art erzählen lassen. Weiterlesen

„Wir brauchen ein Netzwerk außerhalb der Redaktionen“

Vier Fragen an… Christina Elmer, Redakteurin SpiegelOnline

Christina Elmer (Foto: Wulf Rohwedder)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Journalisten betreten im Datenjournalismus ein Feld, das es hierzulande noch nicht so lange gibt. Wir gestalten dieses Feld momentan, da gilt es, Strukturen aufzubrechen und neue Formate auszuprobieren. Wir sind also dabei, Pionierarbeit zu leisten. Gesellschaftlich gesehen müssen wir den Gedanken von OpenData weiter voran treiben, da es OpenData in Deutschland noch nicht solange gibt wie zum Beispiel in den USA oder anderen europäischen Ländern. Weiterlesen

“Wir brauchen eine Anlaufstelle”

Vier Fragen an… Claus Weihs, Statistik-Professor an der TU Dortmund

Claus Weihs (Foto: Privat)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Datenjournalisten benötigen neben dem journalistischen Handwerkszeug eine umfangreiche technische Ausbildung. Sie müssen in der Lage sein, Daten vernünftig auszuwerten. Das ist eine große Herausforderung, denn die Methoden und die Computer entwickeln sich ständig weiter. Daher empfehle ich Datenjournalisten, unbedingt mit Statistikern und Informatikern zusammen zu arbeiten. Gesellschaftlich ist der Datenjournalist aus meiner Sicht ähnlichen Anforderungen ausgesetzt, wie der Journalist an sich. Weiterlesen

Vom (Un)Sinn der Recherchekooperationen

Panel zu Kooperationen mit Hans Leyendecker, Jörg Eigendorf, Jakob Augstein, Lutz Marmor und Moderator Torsten Zarges (v.l.n.r.; Foto: Wulf Rohwedder)

Wenn öffentlich-rechtliche Sender und privatwirtschaftliche Verlage kooperieren, schreien Medienrechtler auf. Die, die nicht mitmachen dürfen, auch.

Journalisten teilen Informationen, Medien kooperieren. Das war schon immer so. Ohne großes Brimborium und ohne, dass es institutionalisiert werden musste. Im Februar 2014 änderte sich das: SZ, NDR und WDR riefen unter der offiziellen Leitung von Georg Mascolo eine Recherchekooperation aus.
Feste Regeln gibt es für diese Kooperation nicht. “Es gibt keinen Vertrag, keinen Automatismus. Wo es sich ergibt, da arbeiten wir zusammen”, das betont Hans Leyendecker, Chef der Rechercheabteilung bei der Süddeutschen Zeitung, in der Diskussion immer wieder. Den einzigen Vertrag habe Georg Mascolo als Leiter – und der sei gleich bei allen drei Medien angestellt, bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten und bei der privaten SZ.

Auf dem Podium, im Publikum und auf Twitter wird darüber heiß diskutiert: Weiterlesen

„Nicht zu leicht geschlagen geben“

Vier Fragen an… Sylke Gruhnwald, Leitung Data-Journalismus, Neue Zürcher Zeitung

Sylke Gruhnwald (Foto: Raphael Hünerfauth)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Eine besondere Herausforderung birgt oftmals der Zugriff auf unterschiedlichen Datenquellen, sprich die Verfügbarkeit von Datensätzen und Dokumenten. Welche Datensätze und Dokumente sind öffentlich zugänglich, welche sind weggeschlossen? Wir nutzen das Schweizerische Öffentlichkeitsgesetz oder die Informationsfreiheitsgesetze in Deutschland und auf Ebene der Europäischen Union, um Zugriff auf solche bis dato verschlossenen Informationen der öffentlichen Verwaltungen zu bekommen. Verschiedene Initiativen auf nationaler und internationaler Ebene unterstützen und stärken Journalisten darin, diese an die Öffentlichkeit zu bringen. Dazu zählen Öffentlichkeitsgesetz.ch, Transparenzsgetz.at, Fragdenstaat.de und Asktheeu.org. Weiterlesen

„Das ist wie schreiben lernen“

Vier Fragen an… Brigitte Alfter

Brigitte Alfter (Foto: Wulf Rohwedder)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Das Problem ist, die relevanten Daten aus den Behörden rauszuholen. Der Traum im Moment ist es, dass Datenjournalismus alles Mögliche lösen kann. Aber ich sehe Datenjournalismus als eine von mehreren Methoden. Wir dürfen uns nicht blenden lassen und denken, dass in den Daten alles drin steckt. Wir müssen eine ganze Menge andere Recherchen betreiben. Daten sind der Ausgangspunkt für eine bestimmte Story und nicht die Lösung. Weiterlesen

“Money for nothing?“

Vier Fragen an… Marco Maas

Marco Maas (Foto: Raphael Hünerfauth)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich Datenjournalisten in Deutschland?
Erst einmal stellt sich die Herausforderung, damit Geld zu verdienen. Das ist eine der größten Herausforderungen, weil die Redaktionen heutzutage noch nicht die datenjournalistischen Kompetenzen schätzen und aufbauen. Und das ist etwas, das es für freie oder externe Journalisten schwer macht, sich in diesem Bereich zu etablieren. Gesellschaftlich werden wir uns der Frage stellen müssen, ob es wirklich gerechtfertigt ist, so viel Aufwand in solche Sachen reinzustecken: Sind die Dinge, die wir damit aufdecken, wirklich so relevant, dass es sich lohnt, mehr daraus zu machen als hübsche Grafiken, die sich bewegen. Die Frage ist: Wo ist der Mehrwert? Ich glaube aber, dass wir in einer Welt leben, die immer technischer wird. Daher brauchen wir Experten, die verstehen mit diesen Daten umzugehen. Weiterlesen

„Wir sprechen ja auch nicht vom ‚Telefonjournalismus‘“

Vier Fragen an… Miguel Paz

Miguel Paz (Foto: Raphael Hünerfauth)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Journalisten weltweit und eben auch in Deutschland müssen verstehen, dass Datenjournalismus ein Teil davon ist, wie Journalismus heute funktioniert. Eigentlich ist es nur eine Methodologie, ein Werkzeug, das wir zwar Datenjournalismus nennen, sich aber auf alle verschiedenen journalistischen Sparten anwenden lässt. Sei es im Sportjournalismus oder im Gesundheitsjournalismus. Irgendwann, wird man gar nicht mehr über „den“ Datenjournalismus sprechen, sondern über die Werkzeuge, die er dem Journalisten zur Verfügung stellt. Wir sprechen ja auch nicht vom „Telefonjournalismus“. Einfach, weil es ganz normal ist, ein Telefon zu verwenden. Dahin auch mit dem zu kommen, was wir heute Datenjournalismus nennen, sollte das Ziel sein. Denn Datenjournalismus führt zu einem besseren Journalismus – das sollten die Redaktionen verstehen und vorleben. Außerdem sind die Zeiten des Journalisten als einsamem Wolf ohnehin vorbei – so unromantisch das klingen mag. Wir müssen uns zu Teamplayern entwickeln. Und wenn wir vor einem Berg an Daten sitzen, dann muss einer im Team sein, der sie entschlüsseln kann. Weiterlesen

Datenschutz mit zweierlei Maß

Vier Fragen an… Gregor Aisch

Gregor Aisch (Foto: Benjamin Richter)

Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Zunächst gibt es in Deutschland noch einen großen Erklärungsbedarf bei den Redaktionen. Es geht um die Bedeutung des Datenjournalismus und der Datenvisualisierung. In USA ist dies seit langem keine Frage mehr. Jede Zeitung hat eine „Data-Driven-Journalism“-Abteilung. Dazu müssen die Redaktionen Mittel für den Datenjournalismus zur Verfügung stellen und Weiterbildungen für Journalisten ermöglichen. Journalisten brauchen auch eine Selbstmotivation, um sich mit Daten zu beschäftigen. Eine weitere Herausforderung ist es in Deutschland, dass die Anzahl von datenaffinen Journalisten zu niedrig ist. Sie sind nur 20 oder 30 im ganzen Land. Das reicht nicht für alle Zeitungen und Zeitschriften. Allein bei der New York Times sind wir mehr als 40. Zum Schluss ist die Datenverfügbarkeit in Europa noch nicht zufriedenstellend, wenn gleich dieser Prozess auf einem guten Weg ist. Weiterlesen

Es wäre töricht, nicht mit Wissenschaftlern zu sprechen

Vier Fragen an… Sebastian Mondial

Sebastian Mondial (Foto: Raphael Hünerfauth)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Die aktuelle Herausforderung könnte darin liegen, dass es zwar immer mehr Daten gibt, aber viele Datenjournalisten aus ökonomischen und strukturellen Gründen den Weg des geringsten Widerstandes gehen. Also sich um Themen kümmern, bei denen die Daten einfach erschließbar sind. Ich persönlich arbeite seit 2007 im Journalismus und habe es häufiger erlebt, dass die einfacheren Themen mehr Spaß machen und man aus dem Unterbewusstsein heraus die Schwierigen liegen lässt. Das ist ein Phänomen, mit dem man sich auseinandersetzen sollte: Ob es sich nicht doch lohnt, auch Sachen zu machen, die nicht so gemütlich sind. Weiterlesen

Deutschland in der Nachholphase

Vier Fragen an… Patrick Stotz

Patrick Stotz (Foto: Benjamin Richter)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Zuallererst: die Verfügbarkeit von Daten. Es gibt in Deutschland im internationalen Vergleich nicht allzu viele offene Datensätze – die USA und Großbritannien sind zum Beispiel hier viel weiter. Außerdem fehlen in Deutschland häufig Vorkenntnisse, und die Infrastruktur in den Redaktionen ist noch nicht da, beziehungsweise im Entstehen. Es gibt Journalisten, die das Thema für sich entdeckt haben. Sie sehen sich dann vielen Tools gegenüber, haben aber nur geringe Erfahrung in ihrem Umgang. Gesellschaftlich habe ich nicht das Gefühl, dass die Leute Datenjournalismus stark nachfragen – insbesondere nicht jenen, der über die Standardkarten und -grafiken hinausgeht. Insgesamt ist Deutschland in einer Nachholphase. Man muss gucken, was in den anderen Ländern passiert und davon lernen. Weiterlesen

Im Land der unbegrenzten Daten

Vier Fragen an… Jennifer LaFleur, Senior Editor Center of Investigative Reporting

Jennifer LaFleur (Foto: Raphael Hünerfauth)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland – auch im Unterschied zu den USA?
Nicht alle Daten, die einmal erhoben wurden, sind öffentlich verfügbar. Grund dafür ist vor allem Datenschutz. Es ist verständlich, dass die Leute ihre privaten Daten schützen wollen. Aber uns bindet das die Hände. Eine vollständige Recherche ist unter diesen Bedingungen kaum möglich. In Deutschland ist das noch schwieriger als in den USA, aber ich denke, das wird sich bessern. Technisch gibt es kaum noch Grenzen: Man braucht nicht mehr als einen Laptop und ein einfaches Programm und jeder kann Daten analysieren – auch ohne teure Software. Weiterlesen

Die Diskussion nach Snowden weitertragen

Vier Fragen an… Kristian Kersting, Informatik-Professor an der TU Dortmund

Kristian Kersting (Foto: Benjamin Richter)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Eine Herausforderung ist die Beschaffung der Daten. Das ist aber ein generelles Problem, das nicht nur in Deutschland auftritt. Technisch gesehen muss ein Datenjournalist auf zwei Hochzeiten tanzen: Er muss sowohl das journalistische Handwerk beherrschen als auch vor Daten und deren Analyse keine Angst haben. Das sind Themen, die Journalisten in einer Ausbildung nicht unbedingt lernen. Ich kann mir außerdem vorstellen, dass die Probleme der Datenbeschaffung nicht immer bekannt sind. Dafür, dass sowas schon mal dauern kann, könnten einige Redaktionsleiter zum Beispiel kein Verständnis haben. Weiterlesen

Schluss mit „jeder gegen jeden“

Panel „Neue Netze, alte Seilschaften – Wie Freie kooperieren können“ mit Marco Heuer, Marcus von Jordan, Moderator Benno Stieber, Kathrin Breer und Tamara Anthony (v.l.n.r., Foto: Wulf Rohwedder)

Konkurrenz ist in die DNA des Journalismus eingeschrieben. Trotzdem vernetzen sich im Internetzeitalter immer mehr Journalisten und arbeiten zusammen. Vier Projekte zeigen, wie das funktionieren kann.

Über Ländergrenzen hinweg Recherchepartner finden oder bei anderen Journalisten übernachten? Wie das geht, führte Tamara Anthony mit der Internetplattform hostwriter vor. „Die Grundidee ist Zusammenarbeit statt Konkurrenz“, sagte sie. Sie ist eine der Gründerinnen der Plattform. Sie hält nichts vom Kampf um jede Information: “Journalisten können gut zusammenarbeiten und sich beispielsweise über bereits gemachte Interviews austauschen.“ Mittlerweile gebe es schon Partnerorganisationen in verschiedenen Ländern, die das Projekt unterstützen. Eine Hürde hat hostwriter allerdings: Bevor weltweit Kontakte gesucht und Geschichten geteilt werden können, muss sich jedes Mitglied als Journalist akkreditieren. Auf diese Weise wollen sie verhindern, eine reine PR-Plattform zu werden. Weiterlesen

„I want to show it“

Panel „Echter als echt“ mit Jan Feindt und Josh Neufeld (Foto: Franziska Senkel)

Echter als echt: Comics als Medium für harte Geschichten.

„Comics Journalism“ – der Name ist Programm. In Deutschland sind in einem Comic verpackte journalistische Recherchen bisher allerdings kaum zu finden. Anders in Amerika: dort taugt das Format sogar zum Bestseller.

Ende August 2005 richtete der Hurrikan Katrina in den USA erhebliche Schäden an. Die Auswirkungen auf fünf Bürger New Orleans hat Josh Neufeld in einem ungewöhnlichen Format erzählt: in einem journalistischen Comic. Für „A.D.: New Orleans After the Deluge“ sammelte der Amerikaner Fakten rund um „Katrina“. Anhand von Berichten aus Zeitungen, Magazinen und Blogs rekonstruierte er die Geschehnisse in der Stadt; er sprach ausführlich mit den späteren Protagonisten seines Comics und bekam von ihnen Fotos. Zudem hatte er als freiwilliger Helfer in den Wochen nach dem Sturm auch seine eigenen Erfahrungen vor Ort gemacht. 2007 begann Neufeld dann, diese Informationen in Zeichnungen festzuhalten. Diese wurden zunächst als Web-Comic im Smith Magazine (http://www.smithmag.net/afterthedeluge/) veröffentlicht, 2009 dann auch als Buch herausgebracht. Weiterlesen

Die große Schwester der Krautreporter

Monika Bäuerlein (Foto: Wulf Rohwedder)

Journalistin aus Leidenschaft: Die Münchenerin Monika Bäuerlein steht an der Spitze von „Mother Jones“. Das US-Magazin ist seit 1976 das, wovon viele deutsche Journalisten noch träumen: ein gemeinnütziges Print- und Online-Journal auf solider finanzieller Basis. Wird so auch in Deutschland die Zukunft des Journalismus aussehen?

Die Beerdigungsglocken haben geläutet, der Grabstein war in Arbeit. Als in den vergangenen Jahren eine Zeitung nach der anderen starb, schien der Journalismus am Ende. Doch die Nachrufe auf den Recherche-Journalismus wurden zu früh geschrieben, da ist sich Monika Bäuerlein sicher. Die Chefredakteurin des US-Magazins „Mother Jones“ (www.motherjones.com) glaubt an die Wiedergeburt der Recherche. Weiterlesen

Wem gehören die Medien? …und wer kontrolliert sie?

Panel „Wem gehören die Medien?“ mit Fritz Wolf, Tabea Rößner, Nikolaus Brender, Moderatorin Ingrid Scheithauer, Karl-E. Hain und Uwe Grund (v.l.n.r.; Foto: Sebastian Stahlke)

Macht und Einfluss in den öffentlich-rechtlichen Sendern: Die Diskussion ist noch lange nicht vorbei.

Einer der Anlässe der viel diskutierten Frage bot sich im im November 2009. Der Vertrag des damaligen ZDF-Chefredakteurs Nikolaus Brender wurde nicht verlängert, da sich der Verwaltungsrat quer stellte. Die Mitglieder des Gremiums gehören mehrheitlich der CDU an. Im März dieses Jahres forderte das Bundesverfassungsgericht in einem Urteil eine „inhaltliche Vielfaltssicherung“ und mehr „Staatsferne“ seitens der Aufsichtsorgane.

Dem stimmt Nikolaus Brender zu. Die Frage,welche gesellschaftlichen Gruppen im Rundfunkrat repräsentiert sein sollten, muss ihm zufolge neu ausgehandelt werden, denn es gebe weder Migranten noch Arbeitslose in dem Gremien. Es werde so getan, als habe sich die Gesellschaft in den letzten 50 Jahren nicht geändert. Weiterlesen

Die Möglichmacher

Panel „Stipendium zur Geschichte“ mit Egmont R. Koch, Kristina Milz und Michael Billig (v.l.n.r.; Foto: Sebastian Stahlke)

Drei Geschichten, drei Förderungen: Durch das Stipendium von Netzwerk Recherche verwirklichten diese Journalisten ihre Ideen.

Mal eben nach Quatar fliegen und sich die Wohnsiedlungen der Arbeiter anschauen, die dort für deutsche Firmen schuften? Das schien der Journalistin Kristina Milz zuerst unmöglich. Als Praktikantin des Magazins „Zenith“ musste sie sich deshalb etwas einfallen lassen, um ihre Recherche zu finanzieren. Sie bewarb sich für ein Stipendium von Netzwerk Recherche – und saß nur wenige Wochen später im Flieger.

Unbürokratisch und unmittelbar soll die Unterstützung für Journalisten sein. Kristina Milz sagt: „Ohne das Stipendium hätte ich die Menschenrechtsverletzungen in Quatar nicht so konkret mit Beispielen belegen können.“ Nr-Stipendienbeauftragter Egmont Koch geht es dabei nicht nur um Geld. Er stellt Recherchierenden auch Mentoren an die Seite, die helfen, beraten und begleiten. Wann immer eine Geschichte eine neue Wendung nimmt oder überraschende Recherchehindernisse auftauchen, ist der Mentor da. Weiterlesen

Nestbeschmutzer

Die Tagungszeitung „nestbeschmutzer“ kann hier als PDF heruntergeladen (Größe 7,7 MB) oder online eingesehen werden.

Der Cybersoldat im Cyberkrieg

Panel „Was hat Snowden mit uns gemacht? – Und was machen wir mit Snowden?“ mit Luke Harding, Katja Gloger, Elmar Theveßen, Georg Mascolo und Moderatorin Annette Dittert (v.l.n.r., Foto: Raphael Hünerfauth)

Ein gutes Jahr ist nach Edward Snowdens Enthüllungen vergangen, ein Jahr in dem das Thema die Berichterstattung so bestimmt hat wie kein anderes. Unter Leitung von Moderatorin Annette Dittert diskutieren Journalisten zum Thema „Was hat Snowden mit uns gemacht? – Und was machen wir mit Snowden?

Georg Mascolo, Leiter des Rechecherverbundes von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung, sagt: Journalisten haben durch Snowdens Enthüllungen festgestellt, dass „jede Email, jeder Anruf ein Risiko ist“. Dies sei ein „Zustand, der untragbar ist“. Das System der NSA sei kein Einzelfall, denn es „ist ein Prinzip, dass alle Staaten anwenden – nicht nur die USA“.

Für die USA ist Snowden kein Whistleblower. Elmar Theveßen, stellvertretender Chefredakteur des ZDF sagt: „Aus Sicht der USA ist Snowden ein Fahnenflüchtiger“. Fahnenflüchtiger? Das klingt nach Krieg: „Edward Snowden ist ein Cybersoldat im Cyberkrieg der USA, ein Munitionssammler im Netz“, fügt Georg Mascolo hinzu. Weiterlesen

„Wir glauben zu sehr an die Worte alter Männer“

Panel „Streitfall Ukraine – Was läuft schief in der Berichterstattung?“ mit Natascha Fiebrig, Uwe Klußmann, Jörg Eigendorf, Katja Gloger und Moderator Volker Weichsel (v.l.n.r., Foto: Sebastian Stahlke)

Was ist schief gelaufen an der Berichterstattung über den Ukraine-Konflikt? Über diese Frage wurde im Panel heftig diskutiert. Natascha Fiebrig (1+1, ukrainischer TV-Sender), Uwe Klußmann (Spiegel), Jörg Eigendorf (Welt) und Katja Gloger (Stern) offenbarten in der Runde vor allem eins: Dass man schlecht gemeinsam über die Berichterstattung sprechen kann, wenn die Interpretation der Ereignisse ganz Unterschiedliche sind.„Wir werden Fakten diskutieren müssen“, begann Moderater Volker Weichsel (Herausgeber von „Osteuropa“) die Debatte. Doch genau hier lag das Problem: Die Faktenlage ist offenkundig alles andere als eindeutig. Das labile Machtgefüge zwischen der schwachen Zentralgewalt in Kiew und den pro-russischen Gebieten im Osten lässt eine Vielzahl von Interpretationen zu. Und so wurden zunächst vier Sichtweisen auf den Konflikt vorgestellt.

„Auf dem Maidan fand eine Revolution der Würde statt“, begann Natascha Fiebrig. Dann habe Russland die Krim annektiert und heize seitdem den Konflikt an. Fiebrig kritisierte die mangelnde Unterstützung der Belange der Ukraine von Seiten der EU.

Der Exot unter den Anwesenden war Uwe Klußmann – zumindest, was seine Einschätzung der Situation anbelangt. Klußmann ist Historiker, schreibt für den „Spiegel“ und war für das Nachrichtenmagazin zehn Jahre lang Korrespondent in Moskau. Seine These: „Der ukrainische Staat wurde von den Nationalisten auf dem Maidan außergerichtlich hingerichtet.“ Für Aussagen wie diese steckte er eine Menge Kritik ein. Aber es störte ihn nicht. „Damit kann ich leben.“ Weiterlesen

Journalismus aus dem Vogelhaus

An der Brille, im Post-Paket oder im Röhrenfernseher: Immer häufiger setzen Journalisten bei der Recherche technische Geräte wie versteckte Kameras oder GPS-Tracker ein. Auch Mirko Mikelski und Christian Salewski setzen auf Gadget-based reporting. Sie berichten von ihren Erfahrungen und erklären, worauf man achten muss.  Weiterlesen

Mobile Reporting – eine Anleitung zum trimedialen Arbeiten mit dem Smartphone

Panel „Mobile Reporting – Trimedial arbeiten mit dem Smartphone” mit Marcus Bösch (Foto: Sebastian Stahlke)

Wie kann ich mit dem Smartphone Fotos, Audios und Videos aufnehmen? Welche Programme gibt es? Welche Schnittsoftware sollte ich verwenden? Marcus Bösch gibt Antworten.Marcus Bösch ist Mr. Mobile Reporting. Nach einem trimedialen Volontariat bei der Deutschen Welle arbeitet er als freier Redakteur, Autor und Dozent. Er ist Geschäftsführer des Game-Studios „The Good Evil“ und entwickelt News Games. Seine Empfehlungen in aller Kürze:

Die Voraussetzungen:

  • Externe Akkus verwenden und Batterien, um dauerhaft Energie zu haben
  • Strom checken
  • Internetempfang
  • Auf Datentarif achten
  • Zwei Smartphones sind besser als eines.

Die Qualität: Weiterlesen

Tausche Couchplatz gegen Kontakte – hostwriter.org

Panel „Hostwriter – Weltweit kooperieren“ (Foto: Raphael Hünerfauth)

Die junge Plattform hostwriter.org will weltweit Journalisten vernetzen und so Rechercheallianzen ermöglichen.

Freie Journalisten haben heute viele Probleme, aber auch eine große Chance. Wie diese aussehen könnte, erläuterten Sandra Zistl, Tabea Grzesyk und Tamara Anthony, Journalistinnen und Gründerinnen von hostwriter.org auf ihrer Info-Veranstaltung. Auf der Internetplattform möchten sie Journalisten dazu ermutigen, miteinander zu kooperieren – und dabei nicht nur Schlafplätze für Recherchereisen zur Verfügung zu stellen. Wenn es nach den drei Gründerinnen geht, dann könnte in Zukunft ein großes globales Netz entstehen. In diesem greifen Journalisten bei ihren Recherche-Projekten auf Wissen und Kontakte lokal ansässiger Kollegen zurück und helfen sich bei Fragen gegenseitig weiter – gewinnen sollen dabei alle. Kooperation statt Konkurrenz lautet die Maxime hinter der stiftungsgeförderten Plattform. Weiterlesen

„Natürlich scanne ich alles“ – Sonja Peteranderl

Panel „Social Criminals – Dealer, Gangs und Kartelle im Internet“ mit Moderator Albrecht Ude und Sonja Peteranderl (Foto: Wulf Rohwedder)

Die Journalistinnen Sonja Peteranderl und Julia Jaroschewski haben mit ihrem Projekt BuzzingCities.net die Favelas von Rio in den Fokus genommen. Auch in ihrer sonstigen journalistischen Arbeit stehen für sie meistens genau die Orte auf dem Plan, die andere wohl eher meiden – wie zum Beispiel die als „gefährlichste Stadt der Welt“ in die Schlagzeilen gekommene Ciudad Juarez in Mexiko. Deren Kartellbosse sind genau wie die Bewohner der Favela immer öfter auch im Internet zu finden. Im Gespräch berichtet Peteranderl von der Sicherheit im Netz und auf den Straßen der Favelas. Jaroschewski liegt mit akutem Jetlag im Bett, erst am Vortag sind die beiden in Deutschland angekommen.

Frau Peteranderl, Sie wohnen zusammen mit Frau Jaroschewski in Rocinha, dem größten Favela in Rio de Janeiro. Außerdem recherchieren Sie online, wie Kriminelle im Internet kommunizieren, Drogengeschäfte abwickeln oder mit Waffen posieren. Haben Sie keine Angst? Weiterlesen

„Erst Mensch, dann Journalist“ – Michael Obert

Panel „Im Reich des Todes” – Die Recherchen des Leuchtturm-Preisträgers 2013 mit Michael Obert und Moderatorin Katharina Finke (Foto: Sebastian Stahlke)

Michael Obert hat mit Folterern in Ägypten und Terroristen von Boko Haram in Nigeria gesprochen. Seine Reportagen sind preisgekrönt, vor kurzem feierte er sein Regiedebüt. Ein Porträt über einen Mann, der schon komplett in einer anderen Welt eingetaucht war und erst spät seine wahre Profession gefunden hat.

Es ist ein Schlag ins Gesicht gewesen und ein harter Bruch. So beschreibt Michael Obert das Aufwachen eines Morgens in Paris im Jahr 1993.

Er hatte das, wovon viele Betriebswirte träumen: einen gutbezahlten Job, Dienstwohnung und Dienstwagen – das Leben eines erfolgreichen Managers. Doch dann kam die traumatische Erfahrung, in der Michael Obert realisierte, dass er ein interessenloser Mensch war, der mehr in seinen Beruf rein gerutscht war, als ihn zu wählen. Statt wieder jeden Tag ins Büro zu fahren, buchte er sich ein Flugticket nach Südamerika. Zwei Jahre lang tourte er durch den Kontinent und erkannte dort, was er wirklich wollte: Geschichten erzählen. Weiterlesen

You’ll never walk alone – Recherchekooperationen

Altes Prinzip im neuen Gewand: Das „Experiment“ Recherchekooperation – Redaktionsübergreifende Recherche ist derzeit en vogue. Aber ist sie wirklich journalistisches Neuland? Bericht aus zwei Veranstaltungen

Podium: „Mafia-in-Deutschland.de -eine Recherchekooperation von Spiegel, WAZ, WDR und IRPI“

Panel „Mafia-in-Deutschland.de – Eine Recherchekooperation von Spiegel, WDR, WAZ & IRPI“ mit Anna Maria Neifer, Cecilia Anesi, Jörg Diehl, David Schraven und Moderator Jochen Becker (v.l.n.r., Foto: Wulf Rohwedder)

Stellen zwei Journalisten unterschiedlicher Medien bei ihrer Recherche fest, dass sie am selben Thema dran sind, haben sie zwei Möglichkeiten: gegeneinander arbeiten, oder miteinander. Jörg Diehl und David Schraven haben sich entschlossen, die Geschichte „Mafia in Deutschland“ miteinander zu machen – „weil wir uns so gut kannten“, sagt Jörg Diehl, Chefreporter bei Spiegel Online. Beide Journalisten waren in der Recherche schon weit fortgeschritten. Gemeinsam mit WDR-Volontärin Anna Neifer hat Schraven im Recherchepool der Funke-Mediengruppe ein Dokument mit Mitgliedern und Kontakten der Mafia in Deutschland zusammengestellt. Diese Datenbank hat der Spiegel ausgewertet. Gemeinsam mit dem WDR-Format „die story“ konnten Neifer, Schraven und Diehl ihre Geschichte um die Mafia in Deutschland auf allen Kanälen streuen – im Internet, im Spiegel, im WDR. Als sich die Recherchen nach Italien ausweiteten, holte man Cecilia Arnesi von „Investigative Reporting Project Italy“ (IPRI) dazu.
„Mafia in Deutschland“ ist das Ergebnis einer einmaligen Kooperation zwischen befreundeten Journalisten, die zufällig am gleichen Thema dran waren. Die Komplexität der Geschichte forderte mehrere Köpfe, die exklusive Geschichte sollte multimedial aufbereitet werden. Weiterlesen

Die undankbare Arbeit der Stringer

Panel „Handlanger und Lebensretter – Über die gefährliche Arbeit von Stringern in Krisengebieten“ mit Ahmed Jimale, Moderator Lutz Mükke und Joanna Itzek (v.l.n.r., Foto: Raphael Hünerfauth)

Mogadischu, 1992 – In Somalia herrscht Ausnahmezustand: Ein Großteilteil der Bevölkerung ist vom Hungertod bedroht, während sich die verfeindeten Clans erbitterte Kämpfe liefern und sich das Scheitern der UN-Mission abzeichnet. In einem solchen Chaos kann sich ein ausländischer Journalist nur mit der Unterstützung eines Einheimischen zurecht finden – den Stringern. Ahmed Jimale war einer von ihnen.

Sein erster Kontakt zur westlichen Medienwelt kam durch einen Zufall zustande: Albrecht Reinhardt, damaliger Leiter des ARD-Studios Nairobi war vor Ort und auf der Suche nach Mietwagen für sich und sein Filmteam. Ein Freund Jimales war Autovermieter, sprach allerdings kein Englisch. Also bat er Jimale, für ihn als Dolmetscher in den Verhandlungen mit den ARD-Journalisten auszuhelfen. Nach Abschluss des Autogeschäfts fragte ihn Reinhardt, ob er nicht noch bleiben und für ihn arbeiten wolle. Nachdem sich Jimale als vertrauenswürdiger Ortskundiger erwiesen hatte, wollte er  selbst filmen – und bekam spontan eine Kamera in die Hand gedrückt. „Dabei wusste ich leider überhaupt nicht, wie man so ein Ding bedient“, sagt er und lacht. Nur Wochen später sollte sein Filmmaterial von den Kämpfen in Mogadischu um die Welt gehen. Weiterlesen

Die Quotenfrau

Panel „Jung, weiblich, digital – Bestimmen Frauen die Online-Zukunft?“ mit Frauke Böger, Barbara Hans, Anita Zielina (v.l.n.r., Foto: Franziska Senkel)

Ginge es nach Frauke Böger von taz.de, hieße das Arbeitsmotto der deutschen Redaktionen: „Qualität statt Quote“. Fragt man dagegen Annette Bruhns von „ProQuote“, gäbe es schon lange eine verbindliche Frauenquote in deutschen Redaktionen.

Die beiden Frauen, jung, weiblich und digital unterwegs, bilden Gegenpositionen in einer Debatte, die seit über zwei Jahren Deutschland polarisiert: die Frage nach der Quotenfrau. Die auch vor dem Journalismus nicht Halt macht. Nicht vor Print-Redaktionen. Nicht vor Online-Redaktionen.

„Die Debatte um die Frauenquote an sich ist wichtig“, sagt Barbara Hans. „Man muss sich heutzutage rechtfertigen, wenn man keine Frauen beschäftigt.“

Trotzdem sind Frauke Böger (taz.de), Barbara Hans (Spiegel Online) und Anita Zielina (stern.de) gegen eine Frauenquote nach Bruhns‘ Vorstellungen. Mehr Frauen in Führungspositionen, das ja, aber bitte ohne „Alibi-Quote“, wie Anita Zielina sie nennt. Stattdessen müssten bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden, die es Frauen ermöglichen, Beruf und Familie zu vereinen. Weiterlesen

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