Vier Fragen an… Claus Weihs, Statistik-Professor an der TU Dortmund

Claus Weihs (Foto: Privat)

1. Welche besonderen Herausforderungen stellen sich für Datenjournalisten in Deutschland?
Datenjournalisten benötigen neben dem journalistischen Handwerkszeug eine umfangreiche technische Ausbildung. Sie müssen in der Lage sein, Daten vernünftig auszuwerten. Das ist eine große Herausforderung, denn die Methoden und die Computer entwickeln sich ständig weiter. Daher empfehle ich Datenjournalisten, unbedingt mit Statistikern und Informatikern zusammen zu arbeiten. Gesellschaftlich ist der Datenjournalist aus meiner Sicht ähnlichen Anforderungen ausgesetzt, wie der Journalist an sich.

2. Wo könnten Datenjournalisten mit Wissenschaftlern zusammenarbeiten?

Wissenschaftler und Journalisten haben unterschiedliche Stärken. Bei Wissenschaftlern, die mit Daten zu tun haben, unterscheide ich zwei Gruppen: Die eine erstellt Daten, die andere entwickelt Methoden zur Datenanalyse. Journalisten beziehen ihre Daten im Normalfall aus dem Internet. Bei der Analyse und Interpretation der Daten sind Journalisten gegenüber Statistikern und Informatikern noch im Nachteil, weil sie die notwendigen Methoden meist nicht so intensiv gelernt haben. Bei der Suche und Darstellung von Daten sind Journalisten besser.

3. Wie sollte man den Datenjournalismus fördern?
Wir brauchen dringend eine Anlaufstelle für Datenjournalismus und ein fundiertes Ausbildungsangebot, wie wir es jetzt an der Technischen Universität Dortmund schaffen werden. Vom Wintersemester 2014 an wird es dort einen Schwerpunkt Datenjournalismus im Studiengang Wissenschaftsjournalismus geben. Aber das ist sicher nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Eigentlich wäre ein Lehrstuhl Datenjournalismus notwendig, in dem die entsprechenden Fäden zusammenlaufen.

4. Wo sind die Grenzen des Datenjournalismus vor dem Hintergrund jüngster Datenschutzdebatten?
Die Vorschriften zum Datenschutz in Europa werden gerade verschärft. Dazu ist eine EU-Verordnung in Planung. Wahrscheinlich werden viele Daten in Zukunft nicht mehr so leicht zugänglich sein wie bisher. Aber auch in der Vergangenheit war es für Journalisten mit großen Schwierigkeiten verbunden, Zugriff auf relevante Daten zu erhalten. Trotz ihrer gesetzlich verbrieften Auskunftsrechte werden Journalisten bei Anfragen oft vertröstet. Behörden und Ämter mauern erst einmal und verzögern die Herausgabe von Daten, bis sie möglicherweise für die Story nicht mehr relevant sind. Ich glaube, da gibt es Klärungsbedarf. Wenn Journalisten ihrer Arbeit vernünftig nachkommen sollen, muss dafür gesorgt werden, dass sie schneller an die Daten kommen. Die entsprechenden Stellen müssen auf Anfragen besser vorbereitet sein.