nr bewirbt sich um die Ausrichtung der Global Investigative Journalism Conference 2019

GIJC-BewerbungIn Hamburg könnte 2019 die wichtigste internationale Recherchejournalismus-Konferenz stattfinden: Gemeinsam mit der Interlink Academy for  International Dialog and Journalism, dem Recherchezentrum Correctiv und mit der Unterstützung zahlreicher Partner werfen wir unseren Hut in den Ring  und bewerben uns um die Ausrichtung der Global Investigative Journalism Conference.

Seit 2001 treffen sich Investigativjournalisten aus der ganzen Welt auf der Konferenz. Die Tagung findet jedes zweite Jahr statt, immer an einem anderen Ort: Kopenhagen, Amsterdam, Toronto, Lillehammer, Genf, Kiew und Rio de Janeiro waren schon Gastgeberstädte. Jeweils mehr als tausend Journalisten nahmen an den zurückliegenden Treffen teil. Im November 2017 findet die Konferenz in Johannesburg statt, wo die Mitglieder des Global Investigative Journalism Network (GIJN) darüber entscheiden, wo die Konferenz als nächstes stattfindet.

Bewerben konnten sich nur Mitglieder des GIJN. In Deutschland sind dies Netzwerk Recherche, Correctiv und die Interlink Academy. Für die Ausrichtung der Konferenz 2019 sind noch drei weitere Städte im Rennen: Riga, Lima und Dublin.

Die vier Proposals können auf der GIJN-Website unter http://gijn.org/2017/08/07/after-johannesburg-help-us-choose-the-next-global-conference/ abgerufen werden.

Die Global Conference 2017 findet von 16. bis 19. November in Johannesburg statt. Programm und Anmeldung: http://gijc2017.org/

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 151, 18.07.2017

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

der Gipfel in Hamburg ist vorbei – endlich!
Die politische und juristische Aufarbeitung des Desasters beginnt – hoffentlich!

Es liegt auch an uns Journalisten, dass dieses Thema auf der Agenda bleibt und nicht im Sommerloch verschwindet oder von den verantwortlichen Politikern in Hamburg und Berlin durch Nichtstun oder gegenseitigen Vertrauensbekundungen “beerdigt” wird. Zu viel ist passiert, zu viele Fragen sind laengst nicht beantwortet, manche noch nicht einmal gestellt. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen – dranbleiben!

“Lieber Olaf, wir muessen reden”. Dieses Transparent auf einem Balkon in der Hamburger Schanze kennt mittlerweile jeder. Aber Redebedarf sollte es auch bei und unter uns geben. Denn da ist auch vieles passiert, was diskutiert werden muss.

Dass viele Medien gegen den ploetzlichen Entzug der Gipfel-Akkreditierung fuer 32 Kollegen protestieren – das ist gut. Dass man sich mit den eher hilflosen und vernebelnden Erklaerungen des Bundespresseamtes nicht abspeisen laesst, auch das ist voellig richtig. Allerdings sollten wir vor einem endgueltigen Urteil versuchen, weitere Hintergruende zu recherchieren, Widersprueche aufzudecken, die Verantwortlichen mit bohrenden Nachfragen unter Druck zu setzen. Solidaritaet ja, aber bitte keine vorschnellen Urteile. Unsere Empoerung ersetzt keine Recherche. Weiterlesen

G20-Akkreditierungen: Stellungnahmen von BKA und Bundespresseamt sind unzureichend und stigmatisierend

+ + + Update 12.7.2017, 21:47 Uhr: Journalisten wurden jahrelang beschattet / Verfassungsschutz ist Quelle – siehe Beiträge von SZ und Tagesschau.de in untenstehender Übersicht + + +

Mehrere Tage haben das Bundespresseamt und das Bundeskriminalamt nun gebraucht, um sich zum Entzug von Akkreditierungen während des G20-Gipfels zu erklären. Doch die beiden Stellungnahmen werfen erst recht Fragen auf. Denn sie beantworten nicht, warum einigen Kolleginnen und Kollegen plötzlich ihre Akkreditierungen entzogen wurden. Viel schlimmer: Sie stigmatisieren die Journalistinnen und Journalisten pauschal als Sicherheitsrisiko.

Steffen Seibert, Chef des Bundespresseamtes, verweist in seinem Schreiben darauf, dass es seitens der Sicherheitsbehörden bei 32 bereits akkreditierten Medienvertreterinnen und -vertretern “Sicherheitsbedenken” gegeben habe. “Mit ihren neuen Stellungnahmen setzen die Behörden das fort, was sie während des G20-Gipfels begonnen haben: Die Betroffenen werden pauschal als Sicherheitsrisiko stigmatisiert”, kritisiert Julia Stein, erste Vorsitzende von Netzwerk Recherche. Die Namen der Betroffenen standen auf einer “schwarzen Liste”, die sogar aus der Nähe gefilmt werden konnte, wie die Tagesschau berichtete.

In der aktuellen Pressemitteilung des Bundeskriminalamtes wird die Weitergabe der Namenslisten an Polizeibeamte damit begründet, dass nur so die Sicherheit des Gipfels und seiner Teilnehmer gewährleistet werden konnte. Julia Stein dazu: “Damit werden die Betroffenen sogar nachträglich und identifizierbar als Sicherheitsrisiko benannt. Dabei haben sie bis heute noch nicht erfahren, welche ‘sicherheitsrelevanten Erkenntnisse’ angeblich gegen sie vorliegen.”
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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 150, 29.06.2017

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Noch 87 Tage bis zur Bundestagswahl, gut zwoelf Wochen, der Wahlkampf laeuft an. Und wie jedes Mal wird die Politik in den Wochen vor der Wahl versuchen, uns Journalisten ihre Themen aufzudruecken. Mit Pressekonferenzen, mit inszenierten Hausbesuchen, mit Reformkonzepten.

Dem Programm der Politiker zu folgen, das ist einfach, das ist der Weg des geringsten Widerstandes. Und manchmal laesst es sich auch nicht vermeiden. Aber je oefter es uns gelingt, eigene Themen zu setzen, umso besser. Dafuer braucht es Recherche. Dafuer braucht es Haltung. Und dafuer braucht es das Verstaendnis, dass wir als Reporter nicht die Ueberbringer politischer Botschaften sind, sondern die Stellvertreter unseres Publikums.

Armin Wolf zeigt, wie dieses Verstaendnis in der Praxis aussehen kann. Der oesterreichische Fernsehmoderator hat in diesem Jahr vom Netzwerk Recherche den “Leuchtturm fuer besondere publizistische Leistungen” verliehen bekommen. Wolf erklaert seine Arbeit in einfachen Worten. Er “konfrontiere Politiker mit kritischen Fragen, Gegenargumenten und Widerspruch. Danach sind wir im Idealfall alle informierter: ueber das Thema und auch den Politiker”. Weiterlesen

Verschlossene Auster 2017 für die Regenbogenpresse

Die Verschlossene Auster, der Negativpreis von Netzwerk Recherche für den Informationsblockierer des Jahres, geht 2017 an drei Verlage der Regenbogenpresse. Ausgezeichnet werden die Funke Mediengruppe (für die Magazine „Die Aktuelle, „Das Goldene Blatt“, „Frau aktuell“), die Hubert Burda Media Holding (für die „Freizeit Revue“) und die Bauer Media Group (für „Das Neue Blatt“, „Freizeitwoche“, „Neue Post“, „Das Neue“). Sie erhalten den Preis auch stellvertretend für die übrigen Verlage der Branche.

Nach Ansicht von Netzwerk Recherche untergraben die Preisträger das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Medien: Mit irreführenden Schlagzeilen, falschen oder erfundenen Texten, fehlender Nachfrage bei den Betroffenen, Manipulationen von Fotos und nicht selten der Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Die Bereitschaft zur freiwilligen Korrektur von falscher Berichterstattung fehlt häufig.

Mit der Auszeichnung wird auch gewürdigt, dass die Verlage nur äußerst ungern Auskunft geben zu Form, Machart und Inhalt ihrer Magazine. Auf Anfragen von Netzwerk Recherche haben sie wochenlang nicht geantwortet. Erst wenige Tage vor der Preisverleihung am 10. Juni reagierten sie schriftlich. Ihre Stellungnahmen werden auf der Webseite von Netzwerk Recherche veröffentlicht. Eine Teilnahme an der Preisverleihung lehnten alle drei Verlage ab.

Die Antworten der „ausgezeichneten“ Verlage:


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Stellungnahme der Bauer Media Group

Stellungnahme der Bauer Media Group zur Verschlossene Auster 2017:

Rund 15 Millionen Deutsche lesen Woche für Woche Yellow-Titel. Leserinnen und Leser machen dieses Segment somit zu einem der größten und erfolgreichsten im Land.
Wir nehmen unsere Leserinnen und Leser ernst, verstehen ihre Wünsche und bedienen professionell ihre Bedürfnisse nach gut gemachter Unterhaltung.
Diese Form des unterhaltenden Journalismus als besonders kritikwürdig einzustufen und sich damit über Abertausende von Kolleginnen und Kollegen sowie Millionen von Leserinnen und Lesern zu erheben, empfinden wir als anmaßend.

Stellungnahme der Funke Mediengruppe

Stellungnahme der Funke Mediengruppe zur Verschlossene Auster 2017:

Den Negativ-Preis “Verschlossene Auster” nehmen wir nicht gerne, aber mit Respekt für Ihre Entscheidung entgegen.

Sogenannte Yellows decken unserer Überzeugung nach ein weit verbreitetes gesellschaftliches Bedürfnis ab. Die Nachfrage nach diesen Titeln zeigt das sehr deutlich: Menschen interessieren sich immer für Menschen. Yellows sind ein wichtiger Bestandteil unserer vielfältigen Presselandschaft. Wir richten die Themen entsprechend der Erwartungen unserer Leserinnen und Leser aus. Es ist für uns aber auch selbstverständlich, dass dieser primär unterhaltende Journalismus geltenden rechtlichen und natürlich auch ethischen Maßstäben entsprechen muss.

Wir stellen uns gerne der sachlichen Debatte zu diesem Thema. In einer Diskussion, deren Ausgang von Vornherein festzustehen scheint, sehen wir allerdings, wie wir Ihnen bereits Mitte Mai telefonisch signalisiert haben, wenig Sinn. Nach einer Möglichkeit, einen offenen und inhaltlich differenzierten Dialog über die Bedeutung des unterhaltenden Journalismus, seine Praktiken und seine Wirkungen zu führen, sollten wir gemeinsam suchen.

Stellungnahme der Hubert Burda Media Holding

Stellungnahme der Hubert Burda Media Holding zur Verschlossene Auster 2017:

Gegenüber Freizeit Revue wurden in der jüngeren Vergangenheit keine Beschwerden vom Deutschen Presserat ausgesprochen. Auch unter dem Aspekt „Wahrheitsschutz“ ist nicht ersichtlich, weshalb Freizeit Revue in den Verdacht unzutreffender Berichterstattung oder unzulänglicher Recherche geraten ist. In jüngerer Vergangenheit mussten weder Gegendarstellungen gedruckt, noch Richtigstellungen veröffentlicht werden. Ebenso weisen wir den Vorwurf der Manipulation von Bildmaterial zurück.

Sofern von der Berichterstattung betroffene Personen der Auffassung sind, bestimmte Veröffentlichungen würden ihre Persönlichkeitsrechte verletzen, so artikulieren sie sich in der Regel über ihre Rechtsvertreter und lassen ihre Ansprüche dort formulieren. Die erhobenen Ansprüche werden von der Redaktion und dem presserechtlichen Hausjustitiariat anschließend geprüft und – sofern die Einwände berechtigt sind – befriedigt. Soweit eine Verletzung der „Privatsphäre“ geltend gemacht wird, prüfen die Verantwortlichen dabei äußerst genau, ob Aspekte des überwiegenden öffentlichen Interesses Vorrang genießen. Dass die in der Abwägung zu setzenden Schwerpunkte angesichts der unterschiedlichen Interessenlage der Betroffenen einerseits und den Medien andererseits, mitunter abweichend beurteilt werden, liegt in der Natur der Sache.

Begründung zur Vergabe der Verschlossene Auster 2017

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich möchte Sie darüber informieren, dass der Vorstand von Netzwerk Recherche am Wochenende beschlossen hat, mit dem jährlich verliehenen Negativ-Preis “Verschlossene Auster” in diesem Jahr Redaktionen und Verlage zu würdigen, die für die Inhalte der sogenannten “Regenbogenpresse” verantwortlich sind.

Der Preis geht deshalb (stellvertretend auch für die anderen Verlage und Redaktionen, die in diesem Medienbereich aktiv sind) an

  • die Funke Mediengruppe (für die Magazine “Die Aktuelle”, “Das goldene Blatt”, “Frau aktuell”)
  • die Hubert Burda Media Holding (für das Magazin “Freizeit Revue”)
  • die Bauer Media Group (für die Magazine “Das neue Blatt”, “Freizeitwoche”, “Neue Post”, “Das Neue”).

Mit diesem Preis soll eine breite Öffentlichkeit auf diese u.E. sehr zweifelhafte und umstrittene Form des “Journalismus” hingewiesen werden, der offenbar das Geschäftsmodell dieser Magazine darstellt – u.a. mit irreführenden Schlagzeilen auf dem Cover, immer mal wieder falschen oder erfundenen Beiträgen im Innenteil, nicht selten Verletzung von Persönlichkeitsrechten, Manipulationen von Fotos, fehlender Nachfrage bei “Betroffenen”, keiner Bereitschaft zur freiwilligen Korrektur bei falscher Berichterstattung.

Die Folgen dieser Art des “Journalismus” sind bekannt: Hohe Verkaufszahlen am Kiosk für Ihre Blätter. Aber eben auch regelmäßige Beschwerden beim Presserat, gerichtlich erzwungene Gegendarstellungen, wütende und berechtigte Proteste von Personen, die Gegenstand der Berichterstattung sind. Weiterlesen

Lieber Deniz

Gemeinsame Eröffnungsrede zur nr-Jahreskonferenz 2017

Doris Akrap, taz
Lieber Deniz,
seit Februar sitzt Du in einem türkischen Gefängnis. Im Vertrauen auf ein rechtsstaatliches Verfahren hast Du Dich freiwillig den türkischen Behörden gestellt. Seitdem hoffst Du, aber auch wir, auf einen fairen Prozess. Bislang vergebens.

Markus Grill, Correctiv
Die konkreten Vorwürfe gegen Dich wurden bis heute nicht veröffentlicht, geschweige denn belegt. Stattdessen behaupten der türkische Präsident Erdogan und die ihm nahestehenden Medien, Du seist kein Journalist, sondern ein “Terrorhelfer” und “Spion”.

Hajo Seppelt, Sportjournalist
Deine Texte, Interviews und Reportagen haben der türkischen Regierung nicht gefallen. Doch die Pressefreiheit ist keine Geschmacksfrage. Sie ist ein in der UN-Charta von 1948 verbrieftes Menschenrecht. Es ist Dein Recht. Es ist unser Recht.

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Ein Unikat der Nachhaltigkeit

Guter Journalismus setzt sich zum Ziel, nachhaltige Aussagen zu formulieren und präsent zu sein. Dieses Ziel strebt auch die Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche an. Aussagen machen und den Geist der Zeit zu hinterfragen, dieser dann mit großen Bannern illustriert wird. In diesem Jahr hat sich das Team etwas Besonderes ausgedacht, um die Debatten und Anregungen der vergangenen Jahre nicht in Vergessenheit geraten zu lassen. Denn Debatten und Diskurse verlieren nie an Aktualität. Sowie auch die Materialien nicht einfach verschwinden, die produziert worden sind, um vor Augen zu führen, mit welchen Themen das Team sich beschäftigt hat.

© Jonas WalzbergFlyer, Banner, eine begleitende Zeitschrift sind ein paar Beispiele dafür. Man folgte dem Gedanken der Wiederverwertung und entschied aus den Bannern Taschen zu produzieren. Die Produktion der Taschen wurde in die Hände der Elbe-Werkstätten GmbH gegeben. Besonders macht sich das öffentliche Unternehmen dadurch, dass es hier Menschen mit und ohne Behinderung zusammen arbeiten. Man einigte sich im Team auf ein Taschendesign und lieferte den Elbe-Werkstätten die Planen zu. Weiterlesen

Ehren-Leuchtturm für Hans Leyendecker

Unser Ehren-Leuchtturmpreisträger Hans Leyendecker. Gezeichnet von Dieter Hanitzsch

Unser Ehren-Leuchtturmpreisträger Hans Leyendecker. Gezeichnet von Dieter Hanitzsch

Der Journalist Hans Leyendecker wird mit einem Ehrenpreis für seine Verdienste um die Recherche und den Qualitätsjournalismus geehrt. Die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche zeichnet ihn im Rahmen ihrer am Freitag beginnenden Jahrestagung auf dem NDR-Gelände in Hamburg aus, zu der mehr als 700 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet werden. Die Laudatio für den glühenden BVB-Fan Leyendecker wird der Geschäftsführer des Vereins, Hans-Joachim Watzke, halten.

Hans Leyendecker hat in seiner 50-jährigen Journalistenkarriere durch intensive Recherchen viele Skandale enthüllt, die die deutsche Republik nachhaltig beschäftigten. Dazu zählen u.a. die Flick-Affäre, die CDU-Spendenaffäre, der Korruptionsskandal bei Siemens und die von Helmut Kohl angelegten „Schwarzen Kassen“.

Wichtiger noch als seine Enthüllungen sind aber nach Ansicht von Netzwerk Recherche die Impulse für das professionelle Selbstverständnis der Journalisten und für die Organisation der Redaktionen, die Leyendecker gegeben hat. Er engagiert sich seit Jahrzehnten mit Vorträgen und Seminaren in der Journalistenausbildung und ist Mitbegründer von Netzwerk Recherche. Er ist mit seinem Beharren auf sauberem Handwerk und seiner selbstkritischen Haltung auch zum eigenen Tun zu einem Vorbild und einem Mentor für eine ganze Journalistengeneration geworden.

Bei der Süddeutschen Zeitung hat Hans Leyendecker nicht nur das renommierteste Rechercheressort im deutschen Journalismus aufgebaut, sondern es vor allem verstanden, jungen Journalisten dort eine Chance zu geben. Sie konnten unter seiner Leitung neue Wege erproben – wie etwa den Datenjournalismus oder große internationale Kooperationen. Daraus sind wegweisende Rechercheprojekte entstanden wie Luxemburg Leaks oder die Panama Papers. Diese Enthüllungen über Finanzskandale stehen zugleich für eine Qualität der Recherche, die über das Aufdecken einzelnen Fehlverhaltens hinaus die Strukturen einer ganzen Branche ausleuchtet – und immer wieder Anlass für politische Reaktionen sind.

Hans Leyendecker wurde Ende Mai eine besondere Ehre zuteil: Er wurde zum Präsidenten des Evangelischen Kirchentags gewählt, der 2019 in Dortmund stattfindet.

Da Leyendecker schon viele Journalistenpreise erhalten und deshalb viele journalistische Laudatoren erlebt hat, bat Netzwerk Recherche den BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke die Würdigung für den Ehren-Leuchtturm zu übernehmen. Der sagte sofort zu. Weiß er doch, dass dieser BVB seit mehr als 60 Jahren die große Leidenschaft von Hans Leyendecker ist.

nr-Jahreskonferenz 2017: Mehr als 700 Teilnehmer diskutieren in 120 Veranstaltungen.

Am kommenden Freitag, 9. Juni, beginnt auf dem NDR-Gelände in Hamburg die Jahreskonferenz der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche. Es ist der größte Branchentreff für Medienschaffende, die sich für Recherche-Journalismus interessieren. Mehr als 700 Teilnehmer werden an zwei Tagen in rund 120 Veranstaltungen über die Probleme, aber auch die Chancen der aktuellen Medienwelt diskutieren.

An den Gesprächen beteiligen sich in diesem Jahr u.a. Hans-Georg Maaßen (Präsident Bundesamt für Verfassungsschutz), Hans-Joachim Watzke (Geschäftsführer Borussia Dortmund), Ralf Stegner (SPD-Bundesvorstand), Jörg Kachelmann (Moderator) und Lutz Marmor (NDR-Intendant). Auf den Podien vertreten sind auch viele bekannte Journalisten wie Armin Wolf (ORF-Moderator), Klaus Brinkbäumer (Chefredakteur Der Spiegel), Franziska Augstein (Publizistin), Julia Friedrichs (Autorin), Anja Reschke (Panorama), Hans Leyendecker (SZ), Carolin Emcke (Publizistin), Stefan Niggemeier (Blogger), Jakob Augstein (Publizist) oder Hajo Seppelt (Sportjournalist).

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Jahresbericht 2016

Inhaltsverzeichnis

  • Editorial
  • Vorstand
  • Neufassung des Medienkodex
  • Journalismus heute. An der Grenze
    Jahreskonferenz vom 7. bis 9. Juli 2016 in Hamburg
  • Verschlossene Auster 2016 für Facebook
    Der Negativpreis für den Informationsblockierer des Jahres
  • Leuchtturm 2016 für Can Dündar
    Auszeichnung für besondere publizistische Leistungen – der Medienpreis des Netzwerk Recherche
  • Fachkonferenz „Im Visier der Meute“
    Journalistische Recherche zwischen Fairness und Exzess
  • Non-Profit-Journalismus
  • Stammtische
  • Newsletter
  • Pressefreiheit
    Aktivitäten für Pressefreiheit und Datensicherheit
  • Recherchestipendien 2016
  • „Mehr Transparenz wagen“
    Die Arbeit von Netzwerk Recherche zu den Themen Auskunftsrecht und Informationsfreiheit
  • Finanzen 2016
  • Ehrenamtliches Engagement
  • Partner
  • Als PDF hier einsehen und herunterladen (48 Seiten, ca. 3MB).

    nr-Leuchtturm für Armin Wolf

    Armin Wolf auf der Jahreskonferenz 2013. Foto: Ruben Neugebauer

    „Der Leuchtturm für besondere publizistische Leistungen“ der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche geht in diesem Jahr an den österreichischen TV-Journalisten Armin Wolf. Er moderiert seit 2002 das Nachrichtenmagazin „ZiB 2“ im ORF und ist seit 2010 stellvertretender Chefredakteur der TV-Information des öffentlich-rechtlichen Senders.

    Wolf erhält den Preis für seine unerschrockene und hartnäckige Art der Interviewführung. Er akzeptiert keine Floskeln oder ausweichende Statements, sondern besteht auf konkrete Antworten. Sein Credo: „Ich sehe mich als Stellvertreter unserer Zuseher – und konfrontiere Politiker mit kritischen Fragen, Gegenargumenten und Widerspruch. Danach sind wir im Idealfall alle informierter: über das Thema und auch den Politiker.“ Das missfällt manchem Politiker, aber auch Funktionären seines eigenen Senders, die den Politikern nahestehen. Immer wieder attackieren sie Wolf in aller Öffentlichkeit. Dennoch bleibt er seinem Stil treu und lässt sich nicht einschüchtern.

    So wurden er – und seine Sendung – nicht nur in Österreich zu einer Institution für kritischen und unabhängigen Journalismus. In den sozialen Medien erreicht Wolf mit seinen Tweets und Facebook-Einträgen so viele Menschen wie kein anderer Journalist in Österreich. Weiterlesen

    Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 149, 19.05.2017

    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

    die US-Fernsehserie “The Wire” gehoert zu den grossartigsten Gesellschaftsportraets ueberhaupt. Die fuenfte Staffel aus dem Jahr 2008 handelt vom Niedergang der Zeitungen. In einer Schluesselszene der ersten Folge ruft der Redaktionsleiter die Mitarbeiter im Newsroom zusammen. Er spricht von den sinkenden Anzeigenerloesen, den sinkenden Auflagen, den Sparvorgaben der Eigentuemer. Dann zaehlt er die Auslandsbueros auf, die geschlossen werden, und erwaehnt, dass man in der Personalabteilung Details der Abfindungsangebote erfahren kann. Zum Schluss sagt er: “Wir muessen ganz einfach Wege finden, mehr mit weniger zu tun.”

    Der Autor der Serie, David Simon, ein ehemaliger Polizeireporter der “Baltimore Sun”, hat dazu einmal gesagt: “You don’t do more with less. You do less with less.”

    Sehr viele Kollegen haben in den vergangenen zehn Jahren deprimierende Situationen wie diese erlebt: Vollversammlungen, auf denen Entlassungen, Stellenkuerzungen, Bueroschliessungen verkuendet wurden, erst kuerzlich beim Focus, bei der Berliner Zeitung und beim Berliner Kurier. Manche Redaktionen sind kaputtgespart worden, und dann ist es kein Wunder, dass Leser wegbleiben.

    Keine guten Zeiten fuer guten Journalismus. Erst recht nicht fuer Journalismus, der noch besser werden will. Oder doch?

    Weniger Ressourcen bedeutet: weniger Reporter, weniger Freiraum fuer Recherchen, gerade im Lokalen, wo es oft nur noch eine Zeitung vor Ort gibt. Weniger Ressourcen bedeutet auch: weniger Honorare fuer Freie, weniger Zukunftschancen fuer Berufseinsteiger. Weiterlesen

    Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 148, 28.04.2017

    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

    die Tuerkei ist einsame Spitze: Kein Land scheint verirrter – wenn es um die Pressefreiheit geht. Denn in keinem Land sitzen mehr Journalisten in Gefaengnissen ein. Es ist ein Rekord der Ungerechtigkeit und er offenbart die Brutalitaet der Tuerkei: Von weltweit etwa 200 inhaftierten Journalisten sitzen nach den Zahlen von Reporter ohne Grenzen allein ein Viertel in einem tuerkischen Gefaengnis.

    Deniz Yuecel ist einer von ihnen und er bringt uns diesen Wahnsinn zum Verzweifeln nah: Denn er ist einer von uns! Aber es ist alles noch viel schlimmer und eigentlich unvorstellbar: Deniz Yuecel ist “nur” einer von etwa fuenfzig in der Tuerkei inhaftierten Journalisten. Und vielleicht sind es sogar viel mehr. Denn in Dutzenden weiteren Faellen laesst sich nach Angaben von Reporter ohne Grenzen ein direkter Zusammenhang der Haft mit der journalistischen Taetigkeit zwar nicht nachweisen, ist aber mehr als wahrscheinlich. Weitere Menschenrechtsorganisationen gehen von 140 inhaftierten Journalisten aus.

    Der internationale Tag der Pressefreiheit, alle Jahre wieder der 3. Mai, ist schon lange ein Mahnmal fuer das Unrecht gegen Journalisten. Vor 24 Jahren hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen diesen Welttag der Pressefreiheit bestimmt. Er soll der Presse- und Meinungsfreiheit einen Status als Menschenrecht geben. Jede Journalistin, jeder Journalist – so die Forderung – muss das Recht haben, frei und ohne Angst berichten zu koennen. Seit es den Tag der Pressefreiheit gibt, werden wir einmal im Jahr darauf gestossen, wo dieses Menschenrecht missachtet wird oder wo es besonders gefaehrdet ist. Dieses Jahr ist eines der unheilvolleren Jahre. Auch oder gerade weil wir an Deniz Yuecel denken. Aber je schlechter die Nachrichten an diesem Tag, desto groesser auch die Dringlichkeit, die Pressefreiheit, dort, wo sie nicht gefaehrdet ist, auch zu nutzen! Naemlich bei uns. Vor der eigenen Haustuer. In der eigenen Redaktion. Gerade weil wir in Deutschland, einem Paradies der Pressefreiheit, leben! Weiterlesen

    Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 147, 24.03.2017

    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

    es sind absurde, auch verstoerende Zeiten: Die dpa-Journalistin Kristina Dunz stellt auf der Pressekonferenz von Donald Trump und Angela Merkel in Washington zwei kritische Fragen – und wird dafuer von vielen Medien gelobt, im Netz gar richtig gefeiert.

    Deniz Yuecel stellt im Februar 2016 auf einer Pressekonferenz von Angela Merkel und dem tuerkischen Ministerpraesidenten Ahmet Davutoglu in Ankara ebenfalls kritische Fragen. Er wird deshalb von der tuerkischen Regierung und ihren regierungstreuen Medien heftigst attackiert, geraet endgueltig ins Visier. Das Ergebnis ist bekannt: Seit Wochen sitzt er im Gefaengnis.

    Seine erste Festnahme erfolgte bereits im Juni 2015 – ebenfalls wegen kritischer Fragen. Er hatte sie auf einer improvisierten Pressekonferenz am tuerkisch-syrischen Grenzuebergang Akcakale gestellt. Auf Anordnung des Gouverneurs der Provinz wurde er danach – zusammen mit drei anderen Journalisten – verhaftet.

    Ermutigend zumindest, dass sich (nicht nur in Deutschland) so viele doch sehr unterschiedliche Verlage und Sender fuer die Freilassung von Deniz Yuecel engagieren. Und auch die deutsche Regierung lautstark protestiert.

    Ermutigend auch, dass dabei immer wieder an die vielen anderen Journalisten nicht nur in der Tuerkei erinnert wird, die in vielen Laendern verfolgt, verhaftet oder gar ermordet werden. Und noch etwas ist gerade in diesen Tagen ermutigend: Dass es hierzulande Journalisten gibt, die sich in Organisationen wie (nicht nur) “Reporter ohne Grenzen” engagieren. Die sich immer wieder weltweit auch um das Schicksal all jener Kollegen kuemmern, die gerade nicht in den Schlagzeilen sind, die aber ihre Freiheit, ihr Leben riskieren, weil sie Journalisten sind, weil sie Fragen stellen. Wir alle sollten solche Organisationen mehr unterstuetzen und deren Arbeit nicht nur routiniert zur Kenntnis nehmen. Weiterlesen

    Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 146, 15.02.2017

    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

    gelegentlich sieht man die Gegenwart klarer, wenn man in die Vergangenheit blickt. Volker Ullrich von der “Zeit” hat das dieser Tage getan und beschrieben, wie deutsche Journalisten im Jahr 1933 die Ernennung Adolf Hitlers zum Reichskanzler kommentiert haben. Die Parallelen zu heute sind frappierend: Die meisten Medien rieten zum “ruhigen Abwarten”, Hitler werde sich einhegen lassen, das neue Amt werde einen maessigenden Einfluss ausueben.

    Theodor Wolff zum Beispiel, Chefredakteur des “Berliner Tageblatts” und einer der hellsichtigsten Koepfe seiner Zeit (nach dem auch heute noch ein renommierter Journalistenpreis benannt ist), schrieb am 31. Januar 1933: Die Deutschen seien stolz auf “die Freiheit des Denkens und des Wortes”, deshalb werde sich “seelischer und geistiger Widerstand” regen und Hitler in die Schranken weisen. Der Chefredakteur der arbeitgebernahen “Deutschen Allgemeinen Zeitung”, Fritz Klein, schrieb: Der Fuehrer der NSDAP muesse nun beweisen, “ob er das Zeug zum Staatsmann besitzt”. Die meisten dachten und schrieben, die konservativen Buendnispartner haben ihn im Griff, man solle sich von Hitlers radikaler Rhetorik nicht blenden lassen. Selbst der Centralverein deutscher Staatsbuerger juedischen Glaubens erklaerte, nun gelte “ganz besonders die Parole: Ruhig abwarten!”

    Die Diplomaten lagen kaum weniger daneben. So erklaert der US-amerikanische Generalkonsul in Berlin, George S. Messersmith, dass die Hitlerregierung nur eine Uebergangserscheinung hin zu stabileren politischen Verhaeltnissen darstelle. Dem franzoesischen Botschafter Andre Francois-Poncet erschien der neue Reichskanzler gar “matt und mittelmaessig”, eine Art Miniaturausgabe Mussolinis. Weiterlesen

    Neuer Name, neue Förderung: Refugee Reporter heißt jetzt Newscomer

    Das mit einem Grow-Stipendium für Gründer im gemeinnützigen Journalismus ausgezeichnete Projekt „Refugee Reporter“ hat einen neuen Namen: NEWSCOMER. „Mit diesem Namen wollen wir die Augenhöhe zwischen etablierten und neuangekommenen Journalistinnen und Journalisten im Lokaljournalismus in unserem Projekt einfangen. Wir wollen ausdrücken, dass die NEWSCOMER für uns mehr als Menschen mit einer Fluchtgeschichte sind. Wir sind schon jetzt gespannt auf viele Geschichten vom Ankommen in der neuen Heimat“, sagt Jessica Schober, freie Journalistin aus München.

    Jessica Schober bei der Pitchveranstaltung im Oktober 2016Jessica Schober, die das Projekt beim Pitch in Berlin im Oktober 2016 beim Tag des Non-Profit-Journalismus präsentiert hat, hat inzwischen ein vierköpfiges Team gebildet. Zu den Gründern gehören nun auch Thaer Abughoush, Übersetzer und Webseitenentwickler mit jordanisch-palästinensischem Fluchthintergrund, Patrick Bauer, freier Reporter für Print und Video, der für die Agentur ZEITENSPIEGEL-Reportagen arbeitet, sowie Ann-Kathrin Seidel, Politikredakteurin beim RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) in Hannover. Gemeinsam wollen sie das Mentoringprogramm für geflüchtete Lokaljournalisten erarbeiten.

    Mehr zum Projekt: http://nrch.de/pitch

    Unterstützt werden sie dabei nicht nur durch Netzwerk Recherche e.V., sondern nun auch durch das Stipendienprogramm ANKOMMER. Perspektive Deutschland, das von der KfW Stiftung und die Social Impact gGmbH angeboten wird. Im Rahmen dieses Programms werden sozialunternehmerische Initiativen, die Menschen mit Fluchthintergrund einen besseren Zugang zu Bildungsangeboten und zum Arbeitsmarkt verschaffen, gefördert: https://socialimpactstart.eu/teams…

    Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 145, 20.01.2017

    ## Inhaltsverzeichnis.
    Abschnitt Eins: In Eigener Sache
    02: nr-Jahrestreffen am 9./10. Juni in Hamburg
    03: Keine freie Hand fuer BND im neuen Bundesarchivgesetz!

    Abschnitt Zwei: Veranstaltungen
    04: Umfrage: Will die Bevoelkerung mehr Massenueberwachung?
    05: Workshop “RADO – Ran an die Ostsee”
    06: DFN-Workshop “Sicherheit in vernetzen Systemen”
    07: Integration durch Medien – Aufgabe oder Auslaufmodell? Jahrestagung des Netzwerks Medienethik
    08: “Alphabet des Ankommens” – Workshop Comicjournalismus in Hamburg
    09: Surveillance Studies Preise
    10: Suchmaschinen-Kongress 2017
    11: Dataharvest / EIJC 2017

    Abschnitt Drei: Nachrichten
    12: Spendenaktion und Crowdfunding-Projekt fuer Honkonger Snowden-Helfer
    13: Security Without Borders will Journalisten und Menschenrechtlern helfen
    14: US-Medien ruesten auf
    15: US-Stiftungen profitieren indirekt von Trump-Wahl
    16: Zwei neue Reuters-Publikationen
    17: Konzernatlas von Germanwatch zum Download
    18: OBS-Festrede von Mely Kiyak

    Abschnitt Vier: Seminare, Stipendien, Preise
    19: Vorschlaege fuer die Dart Awards gesucht
    20: Theodor-Wolff-Preis 2017: Populismus
    21: Journalismfund foerdert grenzueberschreitende Recherchen
    22: Recherchepreis Osteuropa
    23: Seminare mit Recherchebezug

    Abschnitt Fuenf: Pressespiegel
    24: Journalismus
    25: “Fake-News”
    26: Journalismus und PR
    27: Informationsfreiheit
    28: Bundesarchivgesetz
    29: Ueberwachung

    30: Link-Index
    31: Technische Hinweise
    32: Impressum

    Nr. 145 vom 20.01.2017

    Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 144, 21.12.2016

    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

    am Ende des Jahres bin ich ratlos. Denn es faellt mir wirklich schwer, zu erkennen, was nun im Rueckblick das wichtigste war im Journalismus. Worauf kommt es wirklich an in unserer Zeit, wo stehen wir. Dabei ist genau das doch tagein tagaus unsere Aufgabe: immer zu sagen, was das wichtigste ist und war.

    Am Montagabend, als ein LKW in den Weihnachtsmarkt raste und zwoelf Menschen mit sich riss, ist es den Medien relativ gut gelungen – zu sagen, was war.  Weil sie naemlich auch gesagt haben, was sie nicht wissen. Jede Krisenlage, jeder Grosseinsatz, jeder Anschlag ist eine Herausforderung fuer unsere Glaubwuerdigkeit.

    Wir sind in einer Phase, in der wir uns viel mit unserem Beruf und dessen Bedeutung beschaeftigen. Denn uns wird ein Spiegel vor Augen gehalten, in dem wir uns allerdings nicht wiedererkennen moegen. Die Luegenpresse, das sind wir doch gar nicht! Aber der Begriff klebt seit nunmehr einigen Jahren an uns und verfolgt uns auf Schritt und Tritt. Vielleicht weniger, weil er uns immer wieder neu entgegengehalten wird, sondern weil wir selbst nicht aufhoeren, uns mit ihm zu beschaeftigen – zurecht! Weil wir nicht aufhoeren, uns den Kopf darueber zu zerbrechen, wie wir das Vertrauen der Leser, Zuschauer und Hoerer wieder zurueckgewinnen koennen. Wie wir wieder “glaubwuerdig” werden – denn wir sind uns doch ziemlich sicher, dass wir doch vor allem: glaubwuerdig sind!

    Haette die Tagesschau ueber den mutmasslichen Vergewaltiger aus Freiburg berichten muessen, eben weil er ein Fluechtling ist? Oder hat die Tagesschau zu Recht nicht berichtet, weil es nur einer von vielen vergleichbaren Faellen war, dieses Mal eben der eines Fluechtlings. Die Tagesschau hat sich dazu ausfuehrlich und mehrfach erklaert. Aber sie kann vermutlich erklaeren, was sie will. Sie wird diejenigen, die davon ueberzeugt sind, dass hier absichtlich totgeschwiegen werden sollte, im Leben nicht ueberzeugen.

    Wir werden die Menschen, die uns Journalisten verachten, derzeit nicht erreichen – auch mit Engelszungen nicht. Tatsaechlich gibt es wenig gesellschaftliche Beruehrungspunkte zwischen uns und denjenigen, die sich von uns abgewendet haben. In unserer journalistischen Blase und Mediengesellschaft sind wir doch meist weit weg von Wutbuergern, sogar von ganz normalen Buergern. Wahrscheinlich waren es auch nicht die Wutbuerger allein, die den ersten Schritt zur Distanz gemacht haben, sondern auch die Journalisten selbst.

    Nehmen wir Trump. Viele Journalisten in Deutschland erklaerten sich nach dessen Wahl “unter Schock”. Diese Empathie und Sorge will ich niemandem absprechen.

    Aber es ist auch sonderbar, dass Journalisten monatelang intensiv versuchen, alles Boese rund um Trump zu erklaeren und aufzuklaeren. Damit jeder versteht: Den darf niemand waehlen, Achtung! Und dann gewinnt er und dann sind wir “unter Schock”. Wohl auch, weil wir uns nicht erklaeren koennen, dass unsere Aufklaerungen alle nicht richtig angekommen sind. Wir haben es doch gesagt, wir wussten es doch besser, warum hoert uns denn niemand? Auch zur AfD haben viele Kolleginnen und Kollegen recherchiert und publiziert. Es hat nichts daran geaendert, dass sich diese Partei flaechendeckend etabliert hat. Wer hat sie gewaehlt? Unter anderem diejenigen, denen wir fremd sind – vielleicht auch, weil ihnen unsere ewige Besserwisserei, unser zuweilen wohl auch elitaeres Gehabe auf den Geist geht.

    Wir bewerten viel und beschreiben weniger. Es gibt eigentlich vergleichsweise wenig Journalisten, die in ihrem Alltag viel mit verschiedensten Menschen zu tun haben, sie treffen, zuhoeren und die versuchen, ihr Leben zu verstehen. Die Gruende sind vielfaeltig, vor allem aber hat sich unsere journalistische Kultur geaendert: Vom Beobachten und Beschreiben zum schnellen Bewerten. Der wirtschaftliche Druck und Sparzwang ist dabei sicher unser groesstes strukturelles Problem.

    Rechercheprogramm unterstützen auf betterplaceEs fehlt an unvoreingenommenen Recherchen und an der Finanzierung fuer ebendiese. Netzwerk Recherche will kuenftig mehr solcher unabhaengiger Recherchen mit Hilfe unseres Stipendienprogrammes ermoeglichen. In den vergangenen Jahren konnten wir unser Stipendienprogramm sukzessive ausbauen. Im 2015/2016 haben wir 19 Stipendien gefoerdert – die spannenden Ergebnisse finden Sie auf der nr-Website. Derzeit sind sieben weitere Recherchen in Arbeit – und neue Bewerbungen liegen bereits vor. Fuer einen Teil der Stipendien konnten wir Partner finden: die Olin gGmbH und die Karl-Gerold-Stiftung foerdern Umweltthemen bzw. reiseintensive Recherchen.

    Wenn wir aber weiterhin alle Recherchen unterstuetzen wollen, die wir fuer foerderungswuerdig halten, brauchen wir zusaetzliche Mittel. Daher moechten wir Sie heute um Ihre Unterstuetzung bitten: Wenn jeder Newsletter-Abonnent mindestens 10 Euro spendet, koennten wir naechstes Jahr zusaetzliche 14 Stipendien vergeben!

    Zum sofortigen Spenden bitte hier entlang:
    http://nrch.de/woohoo17

    Uebrigens koennen Sie die Spende steuerlich geltend machen, da nr als gemeinnuetzig anerkannt ist. Ueber die Finanzierung unseres Vereins koennen Sie sich unter
    http://nrch.de/transparenz informieren.

    Wir freuen uns auf Ihren kleinen oder grossen Beitrag zu moeglichst grossen Recherchen!
    Und jetzt wuenschen wir Ihnen frohe Feste und eine schoene mail-arme Zeit,

    es gruessen
    Julia Stein ,
    Albrecht Ude

    Tagesschau.de : Der Mordfall von Freiburg
    http://blog.tagesschau.de/2016/12/04/der-mordfall-von-freiburg/

    Das nr Stipendienprogramm:
    http://nrch.de/stipendien

     

    ## Inhaltsverzeichnis. Weiterlesen

    Transparenz ist Bürgerrecht

    Initiative Transparenzklagen.de setzt Informationsfreiheit durch

    Berlin, 3. Dezember 2016. Die Initiative Transparenzklagen.de, ein Gemeinschaftsprojekt der Gesellschaft für Freiheitsrechte und der Open Knowledge Foundation, wird künftig die gerichtliche Durchsetzung von Auskunftsansprüchen gegen Behörden und sonstige staatliche Institutionen unterstützen. Damit soll den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes und der Länder zu mehr Wirksamkeit verholfen und auf diese Weise die demokratischen Mitwirkungsrechte der Bürger gestärkt werden.

    In Ergänzung zur Plattform von FragDenStaat.de, über die bereits jetzt Auskunftsanfragen an Behörden gerichtet werden können, wird Transparenzklagen.de ausgewählte Anträge, die nicht oder nicht im gebotenen Umfang beantwortet wurden, gerichtlich weiterverfolgen. Die damit verbundenen Kosten werden im Rahmen von Patenschaften übernommen, außerdem organisiert Transparenzklagen.de die Rechtsvertretung, das heißt, für die einzelnen Verfahren werden jeweils kompetente Rechtsanwälte ausgewählt.

    Um die Übernahme eine Patenschaft kann sich jeder bewerben, dessen Antrag auf Auskunft nach den Informationsfreiheitsgesetzen des Bundes oder eines Landes abgelehnt wurde – unabhängig davon, ob es sich um eine Privatperson, einen Journalisten/eine Journalistin oder einen Verein beziehungsweise Verband handelt. Ausgewählt werden die Fälle dann unter dem Gesichtspunkt der strategischen Rechtsverfolgung, das heißt, das Verfahren muss über den konkreten Fall hinaus grundsätzliche Bedeutung haben. Bisher wurde beispielsweise für eine Klage gegen das Bundesministerium für Gesundheit auf Herausgabe einer Liste der von ihr registrierten Top Level Domains die Patenschaft übernommen.

    Die Finanzierung der Initiative erfolgt durch Spenden und die Förderung durch die Bewegungsstiftung Außerdem unterstützt die Rudolf Augstein Stiftung das Projekt im Rahmen der Kampagne „Informationen befreien“, die über das Thema Informationsfreiheit und über die Nutzung und Durchsetzung von Informationsfreiheitsrechten aufklärt.

    Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 143, 29.11.2016

    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

    fuer Monika Baeuerlein, CEO des US-amerikanischen Non-Profit-Magazins Mother Jones, war es nicht leicht, wenige Tage vor der Wahl in den Vereinigten Staaten nach Deutschland zu kommen. Weil ihr, der gebuertigen Muenchnerin, die Entwicklung des gemeinnuetzigen Journalismus in Deutschland am Herzen liegt, kam sie trotzdem: Als Keynote-Rednerin eroeffnete Monika Baeuerlein den “Tag des Non-Profit-Journalismus” Ende Oktober in Berlin, die juengste Fachkonferenz von Netzwerk Recherche.

    Inzwischen haben die USA gewaehlt, Donald Trump wird Praesident. “This is a dark hour, and to say otherwise would be a lie”, schrieb Mother Jones in einem Kommentar zum Ausgang der Wahl. Welchen Anteil hatten die Medien am Erfolg von Donald Trump? Welche Zukunft hat der Watchdog-Journalismus in den USA? Diese Fragen muessen uns umtreiben, denn nicht ohne Grund hat die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen den kuenftigen Praesidenten der USA nach seinem Wahlsieg umgehend aufgefordert, die Pressefreiheit zukuenftig zu respektieren. Das ist eine kleine Meldung, die das ganze Ausmass der Erschuetterung unserer Branche in ein paar Zeilen verdichtet.
    Monika Baeuerlein hat die Fragen zur Freiheit und Verantwortung der Medien in ihrer Berliner Rede bereits aufgeworfen. “Dieser Wahlkampf zeigt uns, was passiert, wenn der Journalismus seine gemeinnuetzige Aufgabe, die er immer hatte, nicht mehr ausreichend wahrnehmen kann.” In den USA kompensieren hier und da Non-Profit-Medien die Defizite, indem sie Aufklaerung und investigative Recherchen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Viele von ihnen haetten allerdings nur wenige Mitarbeiter und ein schmales Budget, da gebe es “room to grow”, so Baeuerlein. Weiterlesen

    nr-Stammtisch Berlin: Julian Heißler zu Internet-Recherche

    Datum: Mittwoch, 30. November 2016 ab 19 Uhr
    Gastredner: Julian Heißler, ARD-Hauptstadtstudio
    Thema: Internet-Recherche
    Ort: Correctiv (Singerstr. 109, 10179 Berlin).

    Wir möchten Sie herzlich zur nächsten nr-Diskussionsrunde in Berlin einladen. Unser Gesprächspartner am Mittwoch, dem 30. November (ab 19 Uhr), ist Julian Heißler.
    Das Internet bietet eine Vielzahl neuer Quellen, die Journalisten bei ihrer Recherche helfen können. Schon mit Google und Facebook lassen sich neue Ansprechpartner und Ansatzpunkte finden, die offline viel schwerer zu erkennen oder zugänglich sind. Davon profitieren nicht nur die Kollegen aus den Investigativressorts, sondern auch Politikjournalisten.

    Der Stammtisch ist offen für alle Interessierte, eine nr-Mitgliedschaft ist also keine Voraussetzung. Weitere Informationen zu den Stammtischen erhalten Sie hier.

    Weitere Festnahmen von Journalisten in der Türkei

    can_duendarMurat Sabuncu, Chefredakteur der regierungskritischen türkischen Tageszeitung Cumhuriyet und Nachfolger von Can Dündar, ist nach Angaben des Blattes selbst und der staatliche Nachrichtenagentur Anadolu zusammen mit weiteren Journalisten festgenommen worden. Netzwerk Recherche fordert ihre Freilassung. Weitere Informationen hier.

    Jetzt die Petition „Für Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei“ von Reporter ohne Grenzen, Börsenverein des Deutschen Buchhandels und PEN-Zentrum Deutschland unterzeichnen.

    nr-Stammtisch Berlin: Silke Burmester – die „Queen der Kolumnen“

    Datum: Mittwoch, 26. Oktober 2016 ab 19 Uhr
    Gastrednerin: Silke Burmester, freie Journalistin, Kolumnistin und Autorin
    Thema: Wie wirkt sich eine ständige Präsenz mit einer Kolumne auf die journalistische Arbeit aus
    Ort: Correctiv (Singerstr. 109, 10179 Berlin)

    Silke Burmester sei die „Queen der Kolumnen“, so das vom NDR verliehenes Etikett für die Journalistin, die auch Kolumnen für u.a. Spiegel Online (bis März 2014) und das medium magazin (bis 1/2014) verfasste. Für ihre feministische und kritische Sicht wurde sie von Gegnern auch als „Hasspredigerin“ bezeichnet. Sie erhielt für Ihre journalistische Arbeit mehrere Preise, engagiert sich für freien Journalismus und ist Mitglied bei „Pro Quote“ und „Freischreiber“. Weiterlesen

    Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 142, 19.10.2016

    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

    der Soziologe Wilhelm Heitmeyer hat vergangene Woche im “Freitag” den Aufstieg der Rechtspopulisten und das Zusammenspiel mit den Medien versucht zu erklaeren.

    Laut Heitmeyer erklimmen AfD und Co. die erste Stufe ihres Erfolgs immer durch “Provokationsgewinne”. Was ist damit gemeint? Die Rechtspopulisten wissen sehr genau, wie sie provozieren muessen, damit wir Journalisten darauf anspringen und ueber sie berichten. Heitmeyer schreibt:

    “Das entspricht der eigenen Verkaufslogik der Medien und die wird sich nicht aendern. Deshalb wird von den populistischen Mobilisierungsexperten sorgsam darauf geachtet, dass nicht ‘mehr vom gleichen’ geboten wird. Denn darauf reagieren Medien in der Regel nicht mehr. Stattdessen wird eine zunehmende sprachliche Aggression geboten, die spaeter – von welchen Akteuren auch immer – eingeloest werden muss, um nicht als ‘Maulhelden’ dazustehen.” Weiterlesen

    Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 141, 26.09.2016

    Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

    vor kurzem jaehrte sich Angela Merkels Entscheidung, die Fluechtlinge vom Budapester Hauptbahnhof nach Deutschland zu holen – die Entscheidung fuehrte dazu, dass die Grenze monatelang offen war und im vergangenen Jahr wohl um die 800.000 Fluechtlinge nach Deutschland kamen.

    Wie es dazu kam, haben etliche Medien aufgearbeitet: Schiffsungluecke auf dem Mittelmeer mit mehreren hundert Toten hatten die Oeffentlichkeit, Politiker und Journalisten aufgeschreckt. Dann wurden 70 Menschen von Schleusern in einen Kuehllaster gepfercht, sie erstickten qualvoll. Und es gab das kaum zu ertragende Bild des Fluechtlingsjungen Aylan Kurdi tot am tuerkischen Strand. Es schien damals, als koennten wir in Deutschland all das nicht ertragen, es war eine humanitaere Notwendigkeit zu helfen, auch den Menschen, die im Dreck am Bahnhof Keleti gestrandet waren.

    Und heute?

    Wir Journalisten berichten nun viel ueber die Fluechtlingsdebatte:
    Wie die AfD die Zahl der Fluechtlinge fuer ihre Zwecke nutzt, wie CSU und Teile der CDU einen Kotau der Kanzlerin erzwingen wollen. Sie soll ihre Fluechtlingspolitik als Fehler bezeichnen, eine Abkehr auch in Worten vollziehen, denn in der Sache hat sie die Abkehr laengst vollzogen.

    Wenig berichten wir ueber das Schicksal der Menschen, die heute aus Syrien fliehen. Weiterlesen

    nr-Stammtisch Berlin: Horand Knaup über politische Berichterstattung

    Wie wird Politik gemacht? Wie kommt es in den Ministerien, im Kanzleramt und im Bundestag zu welchen Entscheidungen? Welche Unterschiede gibt es zwischen der Bonner und der Berliner Republik und warum hat der politische Journalismus an Durchschlagskraft verloren? Horand Knaup ist seit vielen Jahren ganz nahe dran am Politikbetrieb. Er berichtet aus dem »Maschinenraum der Macht«: Seit 1998 gehört er dem Hauptstadtbüro des Spiegels an – mit einer Unterbrechung von 2008 bis 2013. In jenen Jahren arbeitete er als Afrika-Korrespondent in Nairobi.

    Wir wollen mit ihm über den Wandel von der Bonner zur Berliner Republik und den Rahmenbedingungen für politische Berichterstattung sprechen. Der Berliner Stammtisch findet am Mittwoch, dem 28. September 2016 ab 19 Uhr im Recherchebüro von Correctiv statt (Singerstraße 109, 10179 Berlin). Weiterlesen

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