Datum: Mittwoch, 12.02.2020, 18 Uhr
Ort: taz, Friedrichstraße 21, 10969 Berlin
Veranstalter: Netzwerk Recherche / taz Panter Stiftung

Thema: Die Polizei als Freund und Helfer der Presse?

In sozialen Netzwerken ist die Polizei selbst zum Reporter geworden. So mancher Social-Media-Account von Polizeien hat mehr Follower als die Lokalzeitungen Abonnent*innen. Polizist*innen selbst entscheiden, was sie schneiden, wie sie eine Meldung framen, ob jemand Täter*in oder Tatverdächtige*r genannt wird. Immer wieder übernehmen Redaktionen Meldungen der Polizei ungeprüft – und nicht selten entpuppen die sich später als nicht zutreffend.

Die Polizei genießt als Quelle besondere Autorität. Und dafür gibt es auch gute Gründe. Wem soll man glauben können, wenn nicht einmal dem, den man im Kindesalter als ‘Freund und Helfer’ vorgestellt bekommt? Das Narrativ: Die Polizei schützt die Schwachen, macht den Betrüger dingfest und verteidigt diejenigen, denen Unrecht und weh getan wird. Und: Die Polizei lügt nicht.

Der Haken: Oft funktioniert das nicht. Zuletzt haben die Ereignisse rund um Silvester in Connewitz in Leipzig einmal mehr verdeutlicht: Die Polizei ist kein neutraler Beobachter. Und das zeigt sich gerade in den Fällen, in denen die konkrete Wahrheit zum Nachteil des polizeilichen Image – und dabei auch von Interessen Dritter werden könnte.

Doch was ist die Polizei dann, wenn es um Nachrichten geht? Ist sie noch privilegierte Quelle? Lügt sie vorsätzlich? Und: Wie sieht sie uns, Journalistinnen und Journalisten, die kritische Öffentlichkeit?

Wir sprechen darüber, wie man Meldungen der Polizei kritisch einordnet, welche Gesprächspartner*innen welche Interessen haben und wie Statistiken eine Geschichte erzählen. Wir geben einen Überblick über den Status quo der neuen Polizeigesetze, sprechen über journalistisches Arbeiten bei Demonstrationen, Kundgebungen und Protesten. Wir versuchen, Aussagen von Innenpolitiker*innen kritisch zu hinterfragen. Und wir fragen uns, wie die Polizei uns eigentlich wahrnimmt: Was können wir tun, um einander nicht im Weg zu stehen – und auch dem Rechtsstaat nicht?

Nach einem rund 45-minütigen Einführungsvortrag ist Zeit für Fragen, Erfahrungsaustausch und Kennenlernen. Unsere Referenten beobachten und analysieren Agieren und Öffentlichkeitsarbeit der Polizei seit Jahren aufmerksam.

Aiko Kempen: Der Leipziger Journalist und Reporter hat mit seinen Recherchen maßgeblich dazu beigetragen, dass die sächsische Polizei ihre Darstellungen revidieren musste. Er schreibt für das Leipziger Stadtmagazin “Kreuzer” sowie für taz, Tagesspiegel, VICE und andere.

Marcus Engert: Recherchiert und berichtet seit Jahren über Polizeigewalt und irreführende Öffentlichkeitsarbeit von Polizeibehörden. Er ist Senior Reporter im Deutschland-Büro von BuzzFeed News.

 

Der nr-Stammtisch ist offen für alle Interessierte, eine nr-Mitgliedschaft ist also keine Voraussetzung.