Anfang April machte der „Gong“ seinem Namen wirklich alle Ehre. Renommierte Auslandskorrespondenten des ZDF, darunter Alexander von Sobeck (Paris), Klaus Prömpers (Wien) und Ruprecht Eser (London) hatten der sonst biederen Programmzeitschrift einen echten Knüller geboten. Ihre Hauptkritik: Außenpolitik sei „nur noch selten prime-time-fähig.“ Selbst einstige Aushängeschilder wie das „auslandsjournal“ sind im ZDF nur noch im Randprogramm zu finden.
Auch andere Mitarbeiter/innen der Auslands-Ressorts klagen seit Jahren zunehmend über das Ghetto der Nichtbeachtung der wichtigen Auslandsberichterstattung. Ihre Hauptkritik: Ressourcen und Kompetenzen würden nicht ausreichend abgerufen. Die Programmverantwortlichen halten dagegen und führen den zunehmenden Quotendruck ins Feld: „Eine Auslandsberichterstattung, die nicht von vielen Zuschauern gesehen wird, verliert an öffentlich-rechtlichem Wert,“ so ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender. Er hält die Zeit der „diplomatischen Korrespondenten“ ebenso vorbei, wie das „klassische Feature.“ (vgl. FR, 14.4.08)
Um die Debatte zu versachlichen und argumentativ zu fundieren, veröffentlicht Netzwerk Recherche e. V. in seiner Reihe „nr-dossier“ eine Analyse von Lutz Mükke, der zu diesem Themenfeld promoviert.
Folgende Fragen stehen auf der Tagesordnung:
- Was sind die Gründe für die Veränderungen in der Auslandsberichterstattung?
- Königshäuser gegen Kriegsgebiete: Welche Themen stehen heute auf der agenda?
- Welche Unterschiede gibt es im print-Bereich und den elektronischen Medien?
- Warum steckt das „Ausland“ in der Aufmerksamkeitsfalle der Planer und des Publikums?
- Welche Folgen hat es, wenn wichtige Sendungen und Dokumentationen an die Programmränder geschoben werden?
- Wer bestimmt die Relevanz von internationalen Ereignissen? Wie entstehen „blinde Flecke“ und wann sind Vorgänge „SNG-fähig“?
- Wie beeinflussen Geheimdienste, Militär und PR-Diplomaten die internationale Berichterstattung
„Der Trend geht zum Generalisten und Feuerwehrmann“
Ein Dossier zum Zustand der deutschen Auslandsberichterstattung
von Lutz Mükke
Inhalt
- Auslandsjournalismus: Rasante Veränderungen 2
Korrespondentennetze: Globaler Nutzwertjournalismus 2
Hochbeschleunigte Berichterstattung und zurückbleibender Journalismus 4
Bedenkliche Entwicklungen: Virtueller Journalismus im ARD-Hörfunk 5
Ortsmarken – Relikte einer vergangenen Zeit? 7
Im Wandel: Journalistische Rollenverständnisse 7
Themenmakler: Journalisten als Verkäufer 9
Vernachlässigt: Hintergründige Recherchen 10
Konzepte und Planungen: Korrespondenten selten gefragt 11
Der Bruch: Ulrich Tilgner und das ZDF 12
Afghanistan: Propaganda und Ignoranz 12
Personalkarussell: Auswahlkriterien für Auslandskorrespondenten 13
In der Kritik: Hofberichterstatter und Parachuter 15
Boulevardisierung: Quoten und Entgrenzungen 16
Gesteuert: Auslandsberichterstattung und PR 19
Operation Balkan: PR-Agenturen als Kriegshetzer 20
Demokratieexport: Revolutionslyrik statt Recherche 21
Camouflage: Soldaten als Entwicklungshelfer? 22
Thesen und Empfehlungen 23
Ausgewählte Literatur 25
Lutz Mükke : Was wissen wir noch vom Weltgeschehen?
Über die Krise des Auslandsjournalismus und die notwendige Differenzierung in der aktuellen “Qualitätsdiskussion” – 2008
(PDF-Datei, 27 S., 530 KB)