Datum: Montag, 04.10.2010
Gastredner: Hermann-Josef Tenhagen (Chefredakteur “Finanztest”)

Ist der Wirtschaftsjournalismus nach der Krise unabhängiger und besser geworden? Nein, lautete die Antwort des Wirtschaftsjournalisten Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur des Magazins “Finanztest”. Die Redaktionen seien ausgedünnt, die Wirtschaftspresse in der Dauerkrise: Schon vor der Krise sei die Branche abhängig von Anzeigen gewesen, die nach der Krise nicht mehr in diesem Volumen zurückgekommen seien. Zugleich fehle es an kritischer Recherche: Die Unternehmens- und Finanzberichterstattung gehe kaum über den Tag hinaus, viele Finanzjournalisten beherrschten offenbar kaum mehr das Einmaleins.
Aber: Wirtschaftsjournalisten hätten es ungleich schwerer, investigativ zu recherchieren, hielten die zahlreichen Stammtisch-Gäste dagegen. Denn anders als im Politikjournalismus herrsche in der Wirtschaft kein Verständnis von Öffentlichkeit und öffentlichem Interesse, es sei schwieriger, an die Akteure und Informanten heranzukommen.
Unsinn, so das Argument von Prof. Dr. Thomas Leif, 1. Vorsitzender des Netzwerk Recherche, die Informanten seien auch in der Finanzwelt die gleichen: die Geschassten, Gehassten und Frustrierten.
Es war eine lebhafte Debatte bis spät in die Nacht. Zu den Gästen des Berliner Stammtischs zählten u.a. der Publizist Dr. Hans-Jürgen Arlt, der Schriftsteller Johannes K. Soyener sowie Wenzel Michalski, Direktor von Human Rights Watch Germany.