Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 144, 21.12.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

am Ende des Jahres bin ich ratlos. Denn es faellt mir wirklich schwer, zu erkennen, was nun im Rueckblick das wichtigste war im Journalismus. Worauf kommt es wirklich an in unserer Zeit, wo stehen wir. Dabei ist genau das doch tagein tagaus unsere Aufgabe: immer zu sagen, was das wichtigste ist und war.

Am Montagabend, als ein LKW in den Weihnachtsmarkt raste und zwoelf Menschen mit sich riss, ist es den Medien relativ gut gelungen – zu sagen, was war.  Weil sie naemlich auch gesagt haben, was sie nicht wissen. Jede Krisenlage, jeder Grosseinsatz, jeder Anschlag ist eine Herausforderung fuer unsere Glaubwuerdigkeit.

Wir sind in einer Phase, in der wir uns viel mit unserem Beruf und dessen Bedeutung beschaeftigen. Denn uns wird ein Spiegel vor Augen gehalten, in dem wir uns allerdings nicht wiedererkennen moegen. Die Luegenpresse, das sind wir doch gar nicht! Aber der Begriff klebt seit nunmehr einigen Jahren an uns und verfolgt uns auf Schritt und Tritt. Vielleicht weniger, weil er uns immer wieder neu entgegengehalten wird, sondern weil wir selbst nicht aufhoeren, uns mit ihm zu beschaeftigen – zurecht! Weil wir nicht aufhoeren, uns den Kopf darueber zu zerbrechen, wie wir das Vertrauen der Leser, Zuschauer und Hoerer wieder zurueckgewinnen koennen. Wie wir wieder “glaubwuerdig” werden – denn wir sind uns doch ziemlich sicher, dass wir doch vor allem: glaubwuerdig sind!

Haette die Tagesschau ueber den mutmasslichen Vergewaltiger aus Freiburg berichten muessen, eben weil er ein Fluechtling ist? Oder hat die Tagesschau zu Recht nicht berichtet, weil es nur einer von vielen vergleichbaren Faellen war, dieses Mal eben der eines Fluechtlings. Die Tagesschau hat sich dazu ausfuehrlich und mehrfach erklaert. Aber sie kann vermutlich erklaeren, was sie will. Sie wird diejenigen, die davon ueberzeugt sind, dass hier absichtlich totgeschwiegen werden sollte, im Leben nicht ueberzeugen.

Wir werden die Menschen, die uns Journalisten verachten, derzeit nicht erreichen – auch mit Engelszungen nicht. Tatsaechlich gibt es wenig gesellschaftliche Beruehrungspunkte zwischen uns und denjenigen, die sich von uns abgewendet haben. In unserer journalistischen Blase und Mediengesellschaft sind wir doch meist weit weg von Wutbuergern, sogar von ganz normalen Buergern. Wahrscheinlich waren es auch nicht die Wutbuerger allein, die den ersten Schritt zur Distanz gemacht haben, sondern auch die Journalisten selbst.

Nehmen wir Trump. Viele Journalisten in Deutschland erklaerten sich nach dessen Wahl “unter Schock”. Diese Empathie und Sorge will ich niemandem absprechen.

Aber es ist auch sonderbar, dass Journalisten monatelang intensiv versuchen, alles Boese rund um Trump zu erklaeren und aufzuklaeren. Damit jeder versteht: Den darf niemand waehlen, Achtung! Und dann gewinnt er und dann sind wir “unter Schock”. Wohl auch, weil wir uns nicht erklaeren koennen, dass unsere Aufklaerungen alle nicht richtig angekommen sind. Wir haben es doch gesagt, wir wussten es doch besser, warum hoert uns denn niemand? Auch zur AfD haben viele Kolleginnen und Kollegen recherchiert und publiziert. Es hat nichts daran geaendert, dass sich diese Partei flaechendeckend etabliert hat. Wer hat sie gewaehlt? Unter anderem diejenigen, denen wir fremd sind – vielleicht auch, weil ihnen unsere ewige Besserwisserei, unser zuweilen wohl auch elitaeres Gehabe auf den Geist geht.

Wir bewerten viel und beschreiben weniger. Es gibt eigentlich vergleichsweise wenig Journalisten, die in ihrem Alltag viel mit verschiedensten Menschen zu tun haben, sie treffen, zuhoeren und die versuchen, ihr Leben zu verstehen. Die Gruende sind vielfaeltig, vor allem aber hat sich unsere journalistische Kultur geaendert: Vom Beobachten und Beschreiben zum schnellen Bewerten. Der wirtschaftliche Druck und Sparzwang ist dabei sicher unser groesstes strukturelles Problem.

Rechercheprogramm unterstützen auf betterplaceEs fehlt an unvoreingenommenen Recherchen und an der Finanzierung fuer ebendiese. Netzwerk Recherche will kuenftig mehr solcher unabhaengiger Recherchen mit Hilfe unseres Stipendienprogrammes ermoeglichen. In den vergangenen Jahren konnten wir unser Stipendienprogramm sukzessive ausbauen. Im 2015/2016 haben wir 19 Stipendien gefoerdert – die spannenden Ergebnisse finden Sie auf der nr-Website. Derzeit sind sieben weitere Recherchen in Arbeit – und neue Bewerbungen liegen bereits vor. Fuer einen Teil der Stipendien konnten wir Partner finden: die Olin gGmbH und die Karl-Gerold-Stiftung foerdern Umweltthemen bzw. reiseintensive Recherchen.

Wenn wir aber weiterhin alle Recherchen unterstuetzen wollen, die wir fuer foerderungswuerdig halten, brauchen wir zusaetzliche Mittel. Daher moechten wir Sie heute um Ihre Unterstuetzung bitten: Wenn jeder Newsletter-Abonnent mindestens 10 Euro spendet, koennten wir naechstes Jahr zusaetzliche 14 Stipendien vergeben!

Zum sofortigen Spenden bitte hier entlang:
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Uebrigens koennen Sie die Spende steuerlich geltend machen, da nr als gemeinnuetzig anerkannt ist. Ueber die Finanzierung unseres Vereins koennen Sie sich unter
http://nrch.de/transparenz informieren.

Wir freuen uns auf Ihren kleinen oder grossen Beitrag zu moeglichst grossen Recherchen!
Und jetzt wuenschen wir Ihnen frohe Feste und eine schoene mail-arme Zeit,

es gruessen
Julia Stein ,
Albrecht Ude

Tagesschau.de : Der Mordfall von Freiburg
http://blog.tagesschau.de/2016/12/04/der-mordfall-von-freiburg/

Das nr Stipendienprogramm:
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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 143, 29.11.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

fuer Monika Baeuerlein, CEO des US-amerikanischen Non-Profit-Magazins Mother Jones, war es nicht leicht, wenige Tage vor der Wahl in den Vereinigten Staaten nach Deutschland zu kommen. Weil ihr, der gebuertigen Muenchnerin, die Entwicklung des gemeinnuetzigen Journalismus in Deutschland am Herzen liegt, kam sie trotzdem: Als Keynote-Rednerin eroeffnete Monika Baeuerlein den “Tag des Non-Profit-Journalismus” Ende Oktober in Berlin, die juengste Fachkonferenz von Netzwerk Recherche.

Inzwischen haben die USA gewaehlt, Donald Trump wird Praesident. “This is a dark hour, and to say otherwise would be a lie”, schrieb Mother Jones in einem Kommentar zum Ausgang der Wahl. Welchen Anteil hatten die Medien am Erfolg von Donald Trump? Welche Zukunft hat der Watchdog-Journalismus in den USA? Diese Fragen muessen uns umtreiben, denn nicht ohne Grund hat die Journalistenorganisation Reporter ohne Grenzen den kuenftigen Praesidenten der USA nach seinem Wahlsieg umgehend aufgefordert, die Pressefreiheit zukuenftig zu respektieren. Das ist eine kleine Meldung, die das ganze Ausmass der Erschuetterung unserer Branche in ein paar Zeilen verdichtet.
Monika Baeuerlein hat die Fragen zur Freiheit und Verantwortung der Medien in ihrer Berliner Rede bereits aufgeworfen. “Dieser Wahlkampf zeigt uns, was passiert, wenn der Journalismus seine gemeinnuetzige Aufgabe, die er immer hatte, nicht mehr ausreichend wahrnehmen kann.” In den USA kompensieren hier und da Non-Profit-Medien die Defizite, indem sie Aufklaerung und investigative Recherchen in den Mittelpunkt ihrer Arbeit stellen. Viele von ihnen haetten allerdings nur wenige Mitarbeiter und ein schmales Budget, da gebe es “room to grow”, so Baeuerlein. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 142, 19.10.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

der Soziologe Wilhelm Heitmeyer hat vergangene Woche im “Freitag” den Aufstieg der Rechtspopulisten und das Zusammenspiel mit den Medien versucht zu erklaeren.

Laut Heitmeyer erklimmen AfD und Co. die erste Stufe ihres Erfolgs immer durch “Provokationsgewinne”. Was ist damit gemeint? Die Rechtspopulisten wissen sehr genau, wie sie provozieren muessen, damit wir Journalisten darauf anspringen und ueber sie berichten. Heitmeyer schreibt:

“Das entspricht der eigenen Verkaufslogik der Medien und die wird sich nicht aendern. Deshalb wird von den populistischen Mobilisierungsexperten sorgsam darauf geachtet, dass nicht ‘mehr vom gleichen’ geboten wird. Denn darauf reagieren Medien in der Regel nicht mehr. Stattdessen wird eine zunehmende sprachliche Aggression geboten, die spaeter – von welchen Akteuren auch immer – eingeloest werden muss, um nicht als ‘Maulhelden’ dazustehen.” Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 141, 26.09.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

vor kurzem jaehrte sich Angela Merkels Entscheidung, die Fluechtlinge vom Budapester Hauptbahnhof nach Deutschland zu holen – die Entscheidung fuehrte dazu, dass die Grenze monatelang offen war und im vergangenen Jahr wohl um die 800.000 Fluechtlinge nach Deutschland kamen.

Wie es dazu kam, haben etliche Medien aufgearbeitet: Schiffsungluecke auf dem Mittelmeer mit mehreren hundert Toten hatten die Oeffentlichkeit, Politiker und Journalisten aufgeschreckt. Dann wurden 70 Menschen von Schleusern in einen Kuehllaster gepfercht, sie erstickten qualvoll. Und es gab das kaum zu ertragende Bild des Fluechtlingsjungen Aylan Kurdi tot am tuerkischen Strand. Es schien damals, als koennten wir in Deutschland all das nicht ertragen, es war eine humanitaere Notwendigkeit zu helfen, auch den Menschen, die im Dreck am Bahnhof Keleti gestrandet waren.

Und heute?

Wir Journalisten berichten nun viel ueber die Fluechtlingsdebatte:
Wie die AfD die Zahl der Fluechtlinge fuer ihre Zwecke nutzt, wie CSU und Teile der CDU einen Kotau der Kanzlerin erzwingen wollen. Sie soll ihre Fluechtlingspolitik als Fehler bezeichnen, eine Abkehr auch in Worten vollziehen, denn in der Sache hat sie die Abkehr laengst vollzogen.

Wenig berichten wir ueber das Schicksal der Menschen, die heute aus Syrien fliehen. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 140, 17.08.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

ich wuenschte, es gaebe noch das Sommerloch. Denn in Zeiten des Sommerlochs war es doch einfacher, das Wichtige und Richtige vom Unwichtigen und Falschen zu trennen. Heute ist das nicht mehr so, denn es gibt schlicht keine Pause mehr. Weil sich eine solche Pause niemand mehr leisten kann. Weil eine solche Pause dem System widerspricht, in dem wir alle arbeiten.

Politiker lassen sich ihre Pausen moeglichst gar nicht erst anmerken: Kommentieren weiterhin, allzeit bereit, oder laden sich die Journalisten gleich direkt an ihren Urlaubsort ein. Als sei die mediale Praesenz die einzige Waehrung ihres politischen Geschaefts. Und die Medien koennen sich in Live-Ticker-Zeiten einen Stillstand oder eine Themenflaute noch viel weniger erlauben. Unsere digitale DNA macht ein Sommerloch unmoeglich.

Also laeuft die Maschine, tagein, tagaus. Und wir stuerzen uns auf das, was uns wichtig erscheint, natuerlich. Berichten in Echtzeit und nahezu ungefiltert ueber alles rund um die Amoklaeufe – und begeben uns dabei auch noch in einen medialen Wettkampf, wer die meisten Details zutage foerdert. Aus dem Privatleben des Amoklaeufers. Ueber die Verbindungen zum Terrorismus und zum IS. Oder ueber einige Jugendliche, die sich im Internet “auf das Morden vorbereiten” wie die FAS vor einigen Wochen in ihrem Aufmacher enthuellte. Was wir aber mit diesen zuweilen nur vermeintlich relevanten Recherchen bewirken, was fuer eine Aufmerksamkeit wir damit schaffen, darueber diskutieren wir wie immer erst hinterher. Immerhin tun wir es gerade jetzt ausgiebig und kontrovers. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 139, 25.07.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

es sind turbulente, auch erschuetternde Tage, die uns alle in den Wochen nach unserer Jahrestagung in Hamburg aufwuehlen: Attentat in Muenchen, Terror in Nizza, Putschversuch in der Tuerkei, toedliche Schuesse in den USA, der Dopingskandal in Russland oder das Erschrecken ueber die Gewalttat in einem Zug bei Wuerzburg. Und dazu die wichtigen, uns noch lange beschaeftigenden Themen wie Brexit, Fluechtlingspolitik, IS-Terror, Dieselaffaere, TTIP und viele mehr. Wir Journalisten sind gefordert. Wir muessen recherchieren, berichten, einordnen und sollen erklaeren, was manchmal nicht erklaerbar ist. Und das immer ganz schnell, bisweilen viel zu schnell.

Gleichzeitig kaempfen wir um unsere Glaubwuerdigkeit, sind konfrontiert mit Hetzparolen (nicht nur) im Netz, sorgen uns um Finanzierungsmodelle fuer den Journalismus der Zukunft.

Was also tun? Eigentlich ganz einfach: Unseren Job. Wissend, dass in all der Hektik auch Fehler passieren koennen – die wir dann auch transparent korrigieren sollten.
Wissend, dass viele unserer Arbeit misstrauen – aber da geht es manch anderer Berufsgruppe nicht anders. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 138, 27.06.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

wir erleben seit Jahren eine Krise nach der anderen. Krisenzeiten sind eigentlich gute Zeiten fuer Journalisten, weil die Menschen informiert sein wollen, wenn die Welt sich aendert. Doch der Journalismus steckt selbst in der Krise – in einer oekonomischen und in einer Vertrauenskrise. Das Geschaeftsmodell von immer mehr Printmedien zerbroeselt, ohne dass erkennbar waere, was an die Stelle des alten treten koennte. Gleichzeitig nehmen mehr Menschen als frueher uns Journalisten als Teil von “denen da oben” wahr und kuendigen ihr Interesse an unserer Arbeit.

“An der Grenze” heisst deshalb das Motto der Jahrestagung von Netzwerk Recherche, die in zwei Wochen wie immer auf dem Gelaende des NDR in Hamburg stattfindet.

“An der Grenze” waren manche von uns, die ueber Fluechtlingscamps und Fluchtrouten berichteten. An der Grenze der Ratlosigkeit sind manche Kollegen aber auch im Umgang mit den Rechtspopulisten der AfD. Viele Kolleginnen und Kollegen vor allem in Regional- und Lokalzeitungen schliesslich sind an der Grenze, was ihre Arbeitsbedingungen angeht. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 137, 25.05.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

in den vergangenen Monaten haben wir Journalisten viel ueber unsere Haltung debattiert, untereinander und auch mit Lesern, Hoerern und Zuschauern. Es ging um die Berichterstattung ueber Fluechtlinge und die Frage, wann es richtig und wichtig ist, Haltung zu zeigen. Es ging auch darum, ob eine politische Einstellung den Blick auf die Wirklichkeit verengen kann. Es gab die “Luegenpresse”-Choere und einen Vertrauensverlust in die Medien, leider bei mehr Menschen als den Pegida-Anhaengern.

Die Ankunft einer grossen Zahl von Fluechtlingen in Deutschland war eine besondere Situation, in der viele Journalisten auf neue Art und Weise ihre Rolle gesucht, ueberdacht und hinterfragt haben.

Es gibt aktuell ein weiteres, verwandtes Thema, das uns dazu bringt, ueber unsere Rolle nachzudenken: Wie umgehen mit Rechtspopulisten? Das ist kein Problem, das nur deutsche Journalisten haben: In den USA ist der republikanische Praesidentschaftsbewerber Donald Trump auf dem Vormarsch, in Oesterreich die rechte FPOe und in Deutschland ist die AfD bereits in acht Landesparlamenten vertreten.

Journalisten wurde bereits der Vorwurf gemacht, sie haetten geholfen, die AfD gross zu machen, schon weil deren Politiker haeufig in Talkshows eingeladen wurden. Also besser ignorieren?

Dass das keine Loesung ist, merkten Politiker der etablierten Parteien als sie vor den Landtagswahlen im Maerz TV-Gespraechsrunden mit AfD-Politikern boykottierten. Das kam beim Publikum nicht gut an. Auch die Strategie, AfD-Vertreter mit ‘knallhart’ gefuehrten Interviews entlarven zu wollen, funktionierte nur selten. Im Gegenteil, manchmal gewannen AfD-Leute noch Sympathien, weil sie von Journalisten so deutlich aggressiver angegangen wurden als andere Gespraechspartner. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 136, 21.04.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Hinter uns liegen verrueckte Tage: der islaendische Ministerpraesident ist zurueckgetreten. In England kaempft David Cameron um seine politische Zukunft. Gegen den argentinischen Praesidenten ermittelt die Staatsanwaltschaft. Die UEFA-Zentrale wurde durchsucht. In China arbeitet die Zensurbehoerde auf Hochtouren, damit niemand mitbekommt, dass die chinesische Elite zu den Stammkunden Mossack Fonsecas zaehlt, der nunmehr beruehmten Kanzlei in Panama. Und vermutlich war das noch lange nicht alles an Reaktionen und Ermittlungen, die die PanamaPapers hervorgerufen haben. Wahnsinn.

All das vollzog sich schlagartig, wie beim Domino. Ein Stein folgte auf den naechsten, schneller als man gucken konnte. Taeglich gab es neue Nachrichten zu dem Datenleck. Am allerschnellsten aber hatten sich die Kritiker zu Wort gemeldet. Die PanamaPapers waren noch nicht einmal 24 Stunden lang veroeffentlicht, da wurde schon gemeckert, ob das jetzt schon alles sei, warum es so intransparent laufe, warum nicht einfach alle Daten sofort vollstaendig veroeffentlicht wuerden, warum man ueberhaupt Namen nenne, warum, warum, warum. Auf dem direkten Weg erreichten uns diese Fragen allerdings nicht.

Zur Transparenz: Ich bin befangen, denn ich habe mit vielen anderen Kolleginnen und Kollegen mitgearbeitet an der Auswertung der PanamaPapers in Deutschland. Als ich die Kritik im Netz erst Tage spaeter realisierte, habe ich gestaunt: Wie schnell einige Kollegen in der Lage sind, ihr Urteil zu faellen. Wie reflexhaft in der Sekunde der Veroeffentlichung schon bewertet wird. Daumen hoch, Daumen runter. Es ist offenbar ein Wert, sofort alles besser zu wissen. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 135, 21.03.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

sind ja “nur” Umfragen, wird schon nicht so schlimm kommen. So dachten viele vor der Wahl am letzten Wochenende. Es kam, wir wissen es jetzt alle, noch schlimmer. Es sei ein Schock fuer die etablierten Parteien, ein Denkzettel, ein Fanal. So die Botschaft der Politik. Ratlosigkeit macht sich breit. Garniert mit wuetenden Kommentaren und gelegentlicher Nachdenklichkeit.

Was also tun? Diese Frage richtet sich nicht nur an die Politik, sondern auch an uns, die Medien. Wie umgehen mit einer Partei, deren Funktionaere und auch Waehler oftmals nicht nur die in der Verantwortung stehenden Parteien verachten, sondern auch uns als “Luegenpresse” beschimpfen. Oder – um es mit Frauke Petry zu sagen – als “Pinocchio-Presse”. Macht es nicht besser. Es bleibt perfide. Umso irritierender, dass ausgerechnet sie sich in festlicher Robe als Gast auf dem Bundespresseball praesentieren darf – umringt von Journalisten und im Blitzlichtgewitter der Fotographen. Vielleicht sollten auch einige von uns sich mal ueberlegen, mit wem man feiert, wem man eine solche Buehne bereitet. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 134, 24.02.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

diese Woche koennen wir alle ins Kino gehen und uns exakt 40 Jahre nach dem Watergate-Film “All the Presidents Men” erneut fuer einige Helden des investigativen Journalismus begeistern: “Spotlight” laeuft in Deutschland an, der Film ueber die investigative Einheit der US-Tageszeitung “Boston Globe”, die im Jahr 2001 damit begann, den Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche von Boston aufzudecken. Ausgehend von einer kleinen Nachricht ueber einen paedophilen Priester hat der neue Chefredakteur, der nicht mit den Honoratioren verbandelt war, das Spotlight-Team an die Recherche gesetzt. Die Reporter fanden nach langen Recherchen heraus, dass es nicht nur einen, sondern neunzig (!) Priester gab, die Kinder missbrauchten und die vom Bischof gedeckt wurden. Der “Globe” bekam dafuer im Jahr 2003 den Pulitzer Preis. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 133, 25.01.2016

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

als im vergangenen Sommer die Zahl der Fluechtlinge massiv zunahm und pro Tag mehrere Tausend Menschen ueber die Grenzen in Bayern kamen, stieg auch die Zahl der Leserbriefe, die Redaktionen von Tageszeitungen, Magazinen und Sendern erreichten. Die Schreiber warnten vor dramatischen Folgen einer massenhaften Einwanderung, der angeblichen Verantwortungslosigkeit Angela Merkels und kaum loesbaren Problemen mit den Neuankoemmlingen. Eine ganze Reihe dieser Briefe war unertraeglich im Ton. Der Vorwurf, den sie an uns, die Journalisten richteten, war es, dass wir diese Probleme verschweigen wuerden, oft tauchte das Wort Luegenpresse auf. Viele dieser Schreiber unterstellten, wir waeren ein PR-Kartell, dessen Ziel es sei, die Politik der Kanzlerin medial zu flankieren. Diese Briefe kamen offensichtlich nicht nur von Pegida-Freunden, sondern auch aus dem buergerlichen Leser- und Zuschauermilieu, immer wieder erreichten mich Briefe mit der Frage, warum wir Straftaten von Fluechtlingen verschweigen wuerden. Vielleicht noch besorgniserregender: Auch die andere Seite glaubte dies. In Hintergrundgespraechen lobten hohe Repraesentanten des Staates, wie verantwortungsbewusst es doch sei, dass Medien Straftaten ignorierten, bei denen Fluechtlinge als Vergewaltiger oder Gewalttaeter aufgefallen waren. Umfragen bestaetigen, dass ein erheblicher Teil unserer Leser das Vertrauen in unsere Objektivitaet verloren hat. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 132, 21.12.2015

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

Es fing schrecklich an, das journalistische Jahr 2015: am Morgen des 7. Januar riefen zwei schwerbewaffnete maskierte Maenner “Allah ist gross”, dann erschossen sie elf Menschen. Mit ihrem Kugelhagel beerdigten sie auf einen Schlag eine ganze Redaktion, sie quaelten ein ganzes Land und erschuetterten Journalistinnen und Journalisten weltweit. Ueberwaeltigend war die Solidaritaet mit Charlie Hebdo: “Je suis Charlie” – einer fuer alle, alle fuer einen! Aber die Wunde klafft bis heute – und keine Solidaritaet dieser Welt kann sie schliessen. Allenfalls uebertuenchen liessen sich die Schreckensmeldungen von damals, von neuen Nachrichten – so zynisch ist es. Weiterlesen

Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 131, 23.11.2015

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 130, 20.10.2015

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 129, 23.09.2015

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 128, 26.08.2015

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 127, 24.07.2015

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 126, 29.06.2015

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 125, 26.05.2015

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 124, 20.04.2015

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 123, 18.03.2015

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 122, 19.02.2015

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 121, 16.01.2015

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 120, 18.12.2014

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 119, 19.11.2014

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 118, 20.10.2014

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 117, 19.09.2014

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 116, 28.08.2014

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Newsletter Netzwerk Recherche, Nr. 115, 24.07.2014

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