NR-Werkstatt „Wie wir an Informationen kommen – Praxishandbuch zum Recht auf Auskunft und Akteneinsicht“

Als 26. Ausgabe in der Reihe der NR-Werkstätten ist die Publikation „Wie wir an Informationen kommen. Praxishandbuch zum Recht auf Auskunft und Akteneinsicht” im Juli 2024 erschienen. Diese ermutigt Journalist:innen, ihre Auskunftsrechte selbstbewusst gegenüber öffentlichen Stellen durchzusetzen.

Der erste Abschnitt, verfasst von Dr. Manfred Redelfs, bietet einen Überblick über die wichtigsten Rechtsgrundlagen, darunter das Landespressegesetz, das Umweltinformationsgesetz und das Informationsfreiheitsgesetz. Der zweite Abschnitt enthält praktische Beispiele und Erfahrungsberichte verschiedener Autor:innen, die zeigen, wie diese Gesetze in der journalistischen Praxis angewendet werden können.

Das Handbuch ist im Rahmen des Projekts „Fragen und Antworten – Auskunftsrechte kennen & nutzen“ entstanden, gefördert durch das Programm „Starke Strukturen für unabhängigen Journalismus“ der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien.

Die NR-Werkstatt 26 Wie wir an Informationen kommen kann als pdf heruntergeladen werden.

Strafrechtsreform zur Abschaffung von § 353d Nr. 3 StGB

Gemeinsame Stellungnahme der Organisationen:

Der Koalitionsvertrag der Regierungsparteien enthält den Auftrag, das Strafgesetzbuch systematisch auf Handhabbarkeit, Berechtigung und Wertungswidersprüche zu überprüfen. Dabei soll ein Fokus auf historisch überholten Straftatbeständen, der Modernisierung des Strafrechts und der schnellen Entlastung der Justiz liegen.1 Das Bundesministerium der Justiz hat kürzlich Eckpunkte für die anstehende Reform vorgelegt. 2 Jedenfalls an einer Stelle enthält der Vorschlag aus Sicht der Unterzeichnenden eine erhebliche Lücke: Der Gesetzgeber sollte die Reform zur Abschaffung von § 353d Nr. 3 StGB nutzen, jedenfalls aber den Straftatbestand an die zwingenden Vorgaben des Grundgesetzes und der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) anpassen und eine Ausnahme für Medienschaffende vorsehen. Die Norm richtet sich nach ihrer Entstehungsgeschichte in erster Linie gegen die Presse, wird schon seit langem kritisiert und aktuell im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Gerichtsbeschlüssen zur Letzten Generation diskutiert.3 Weiterlesen

Nach EuGH-Urteil: Zugang zu Transparenzregistern wiederherstellen!

Als Folge eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs von vergangener Woche schließen mehr und mehr Staaten die Öffentlichkeit vom Zugang zu Transparenzregistern aus – auch Deutschland. Das behindert die Arbeit von Journalist*innen massiv, die bisher mit Hilfe dieser Register ermitteln konnten, wem ein Unternehmen wirklich gehört.

„Der Zugang zu Transparenzregistern ist ein wichtiges Werkzeug des investigativen Journalismus. Gerade bei Recherchen zu Geldwäsche und Korruption sind diese Register oft die einzige rechtssichere Möglichkeit zu belegen, wer hinter einem bestimmten Unternehmen steckt“, sagt der Erste Vorsitzende von Netzwerk Recherche e. V., Daniel Drepper. „Wir fordern deshalb von der Bundesregierung, dass Journalist*innen auch in Zukunft Zugriff auf diese Daten erhalten.“ Weiterlesen

Bundestransparenzgesetz: Bündnis übergibt Entwurf an die Bundesregierung

Genau zehn Jahre nach der Einführung des bundesweit fortschrittlichsten Transparenzgesetzes in Hamburg hat ein zivilgesellschaftliches Bündnis, dem auch Netzwerk Recherche angehört, seinen Entwurf für ein Bundestransparenzgesetz vorgelegt. Der IT-Beauftragte der Bundesregierung und Staatssekretär im Innenministerium Markus Richter nahm den Gesetzentwurf des Bündnisses am 6. Oktober 2022 entgegen.

„In Sachen Transparenz und Informationsfreiheit hinkt der Bund den Ländern deutlich hinterher“, sagt Daniel Drepper, Vorsitzender des Netzwerk Recherche. „Bislang ist das Informationsfreiheitsgesetz für Bürger*innen und Journalist*innen abschreckend. In der Praxis merken wir jeden Tag, wie weit wir von einer echten Informationsfreiheit entfernt sind. Bisher ist zu diesem demokratisch wichtigen Vorhaben aber offenbar nichts passiert, deshalb greifen wir der Regierung gerne unter die Arme“, sagt Drepper. Mit dem Entwurf sollen Behörden verpflichtet werden, von sich aus Informationen wie Gutachten und Studien oder Verträge der öffentlichen Hand online zu veröffentlichen.

Dem Bündnis sei es wichtig gewesen, einen Entwurf aus der Zivilgesellschaft vorzulegen. „Das Transparenzgesetz ermöglicht die wirksame Kontrolle der Exekutive“, erklärt Arne Semsrott von der Transparenzplattform FragDenStaat. Es sei daher wichtig für die Demokratie, dass die Transparenzregeln nicht von der Ministerialbürokratie selbst kämen. „Die Erfahrungen aus Hamburg zeigen aber auch, dass die Behörden selbst von klaren Transparenzregeln profitieren.“ Weiterlesen

FragDenStaat überprüft Einhaltung von Regierungsversprechen – NR ist dabei!

Die Auskunftsrechteplattform FragDenStaat schaut der Regierung mit dem neuen Koalitionstracker auf die Finger – und wir machen mit. Welche Vorhaben setzt die Ampel-Koalition um? Wo wird gebremst? Auf der Plattform lassen sich die Fortschritte in 13 Themenbereichen verfolgen.

Netzwerk Recherche nimmt in Kooperation mit FragDenStaat zwei Punkte in den Blick: Zum einen das angekündigte Bundespressegesetz, das die presserechtlichen Auskunftsansprüche regeln soll. Zum anderen beobachten wir, wie die Ampel die im Koalitionsvertrag angekündigte Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus schaffen will.

 

Open Data in Schleswig-Holstein: Gesetzesvorschlag der Landesregierung zu halbherzig

Die Regierungskoalition aus Union, Grünen und FDP in Schleswig-Holstein plant die Verabschiedung eines Open Data-Gesetzes. Allerdings fällt die Vorlage sehr zögerlich aus, wie Netzwerk Recherche in einer ausführlichen Stellungnahme für die schriftliche Landtagsanhörung moniert. Der Journalistenverband hat sich dabei auf seine Kernkompetenz konzentriert, nämlich die Regelung des Zugangs zu Verwaltungsinformationen, bei Ausklammerung der technischen Aspekte zur IT-Infrastruktur. Weiterlesen

Aufruf: Lobbytransparenz schaffen

Gemeinsam mit mehr als 50 zivilgesellschaftlichen Organisationen fordert Netzwerk Recherche strengere Lobbyregeln. Der Appell richtet sich an die Parteien im Bundestagswahlkampf. Bisher benachteiligte Interessen müssten stärker in politische Entscheidungen einbezogen, der Einfluss finanzkräftiger Interessen begrenzt werden, heißt es in dem heute veröffentlichten Aufruf „Gemeinwohl stärken – Lobbytransparenz schaffen“. An der Initiative von LobbyControl beteiligen sich Organisationen aus den Bereichen Klima-, Umwelt- und Naturschutz, Entwicklungszusammenarbeit, Verbraucherschutz, Tierschutz, Seenotrettung, Demokratieförderung, Digitalrechte sowie Kinderhilfswerke und Sozialverbände. Unterzeichnet haben u.a. der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), Campact, Oxfam, Mehr Demokratie, der Sozialverband Deutschland, das Deutsche Kinderhilfswerk, der Deutsche Tierschutzbund und der Deutsche Naturschutzring.

Aus Sicht der Organisationen sind mehr Transparenz und ein fairer Interessenausgleich „notwendiger als je zuvor“, um gesamtgesellschaftliche Herausforderungen wie die Klimakrise und die Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen.
Konkret fordert das Bündnis die Parteien auf, drei Maßnahmen in einen neuen Koalitionsvertrag aufzunehmen:

  • Lobby-Fußspur für alle Gesetze: Ministerien sollen verpflichtet werden, bei Gesetzentwürfen alle Lobby-Einflussnahmen zu dokumentieren, um eine aufgeklärte öffentliche Debatte und parlamentarische Entscheidung zu ermöglichen.
  • Reform der Parteienfinanzierung: Großspenden sorgen für ungleiche Einflussmöglichkeiten auf politische Entscheidungen. Parteispenden und Parteisponsoring müssen deshalb begrenzt und die Offenlegungsschwellen für Spenden drastisch gesenkt werden. Anonyme Wahlkampffinanzierung muss unterbunden werden.
  • Offenlegung von Lobbykontakten: Exklusiv-Veranstaltungen der Bundesregierung mit Industrie-Lobbyist:innen wie der „Autogipfel“ müssen endgültig der Vergangenheit angehören. Um sicherzustellen, dass Zivilgesellschaft und Wissenschaft bei wichtigen Zukunftsfragen mit am Tisch sitzen, müssen Mitglieder der Bundesregierung verpflichtet werden, ihre Lobbykontakte offenzulegen, wie es für EU-Kommissionsmitglieder bereits Standard ist.

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„Glauben Sie nie dem Archivar“

Panel „Recherchen im Gestern – Wie man historische Themen anpackt“ mit Henning Sietz, Moderator Egmont R. Koch, Rosalia Romaniec und Ingolf Gritschneder (v.l.n.r., Foto: Sebastian Stahlke)

Wie wühlt man sich durch unsauber archivierte Akten, wie kommt man an Zeitzeugen? „Recherche im Gestern“ ist kein angestaubtes Thema, sondern aktuell und gefragt wie nie. Die freien Journalisten Ingolf Gritschneder, Rosalia Romaniec und Henning Sietz berichteten von ihren Recherchen zur Zeitgeschichte.

Fast wäre seine Recherche schon am Archivar gescheitert. „Alle zwei Jahre kommt ein Journalist und fragt danach. Haben wir aber nicht“, hieß es beim Staatsarchiv in München, in dem eigentlich Akten über ein Attentat auf Adenauer im Jahr 1952 lagern sollten. Henning Sietz, als freier Journalist vor allem für die FAZ und DIE ZEIT unterwegs, war in einer Jahreschronik auf eine Notiz über das Attentat gestolpert. „Man wusste nichts darüber und das hat natürlich mein Interesse geweckt“, erzählt Sietz.

Er wälzte alte Zeitungen. Die Berichterstattung über die für Adenauer bestimmte Paketbombe, die im Polizeipräsidium München beim Versuch der Entschärfung explodierte und den Sprengmeister in den Tod riss, war nur kurz ein Thema. Sietz suchte nach den Ermittlungsakten zum Fall. Doch im Staatsarchiv München konnte man ihm nicht helfen, auch aus dem Adenauer-Haus in Bonn kam zunächst nichts Verwertbares. Doch nachträglich trudelte ein Brief ein mit einem Dokument, auf dem der Name des damaligen Ermittlungsleiters stand. Sietz machte ihn ausfindig – und der wiederum wusste noch genau, wie er die Akte damals beschriftet hatte: nicht mit „Attentat auf Adenauer“, sondern mit „Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz“. So kam Sietz doch noch an die Polizeiakte und machte aus dem Fall ein Buch. „Glauben Sie dem Archivar nie, wenn er sagt, dass er die Akte nicht hat“, resümiert Sietz. Im Staatsarchiv München treffe an manchem Tag gern mal ein ganzer Möbelwagen neuer Akten ein. „Die meisten Archivare können gar keinen Überblick über ihre riesigen Bestände haben.“ Weiterlesen

„Lasst euch nicht bange machen!“

Panel „Das Schweigen der Ämter II: Praxisberichte und Tipps zum Auskunftsrecht“ mit Hans-Wilhelm Saure, Stefan Wehrmeyer, Sebastian Mondial und Moderator Manfred Redelfs (v.l.n.r., Foto: Wulf Rohwedder)

Wie Journalisten Informationen bei Behörden einholen können: Drei Praxisbeispiele

Die Internetseite von Stefan Wehrmeyer raubt Ministerialbeamten vermutlich den Schlaf. Mit „Frag den Staat“ hat der freie Journalist eine Plattform geschaffen, die Bürgern ermöglicht Informationen zu bekommen. Wehrmeyer hilft ihnen beim Quengeln und Nachhaken. Und das lohnt sich. Über 3000 Anfragen stehen mittlerweile auf dem Portal. Auch jene, die nicht von offizieller Seite beantwortet wurden, können für Journalisten interessant sein. So kann „Frag den Staat“ zur Themen-Fundgrube werden.

„Wir versuchen, ein offenes Archiv zu sein, und kämpfen dafür, Dokumente zu veröffentlichen“, sagt Wehrmeyer über seine Seite, die Nutzern hilft Zugang zu Informationen zu bekommen und Anfragen an Behörden zu stellen. Er erkennt aber auch ein Problem: „Oft fehlt Bürgern die Kraft auf Auskunftsanspruch zu klagen oder sich die Informationen auf anderen Wegen zu beschaffen.“ Weiterlesen