„I want to show it“

Panel „Echter als echt“ mit Jan Feindt und Josh Neufeld (Foto: Franziska Senkel)

Echter als echt: Comics als Medium für harte Geschichten.

„Comics Journalism“ – der Name ist Programm. In Deutschland sind in einem Comic verpackte journalistische Recherchen bisher allerdings kaum zu finden. Anders in Amerika: dort taugt das Format sogar zum Bestseller.

Ende August 2005 richtete der Hurrikan Katrina in den USA erhebliche Schäden an. Die Auswirkungen auf fünf Bürger New Orleans hat Josh Neufeld in einem ungewöhnlichen Format erzählt: in einem journalistischen Comic. Für „A.D.: New Orleans After the Deluge“ sammelte der Amerikaner Fakten rund um „Katrina“. Anhand von Berichten aus Zeitungen, Magazinen und Blogs rekonstruierte er die Geschehnisse in der Stadt; er sprach ausführlich mit den späteren Protagonisten seines Comics und bekam von ihnen Fotos. Zudem hatte er als freiwilliger Helfer in den Wochen nach dem Sturm auch seine eigenen Erfahrungen vor Ort gemacht. 2007 begann Neufeld dann, diese Informationen in Zeichnungen festzuhalten. Diese wurden zunächst als Web-Comic im Smith Magazine (http://www.smithmag.net/afterthedeluge/) veröffentlicht, 2009 dann auch als Buch herausgebracht. Weiterlesen

Die Möglichmacher

Panel „Stipendium zur Geschichte“ mit Egmont R. Koch, Kristina Milz und Michael Billig (v.l.n.r.; Foto: Sebastian Stahlke)

Drei Geschichten, drei Förderungen: Durch das Stipendium von Netzwerk Recherche verwirklichten diese Journalisten ihre Ideen.

Mal eben nach Quatar fliegen und sich die Wohnsiedlungen der Arbeiter anschauen, die dort für deutsche Firmen schuften? Das schien der Journalistin Kristina Milz zuerst unmöglich. Als Praktikantin des Magazins „Zenith“ musste sie sich deshalb etwas einfallen lassen, um ihre Recherche zu finanzieren. Sie bewarb sich für ein Stipendium von Netzwerk Recherche – und saß nur wenige Wochen später im Flieger.

Unbürokratisch und unmittelbar soll die Unterstützung für Journalisten sein. Kristina Milz sagt: „Ohne das Stipendium hätte ich die Menschenrechtsverletzungen in Quatar nicht so konkret mit Beispielen belegen können.“ Nr-Stipendienbeauftragter Egmont Koch geht es dabei nicht nur um Geld. Er stellt Recherchierenden auch Mentoren an die Seite, die helfen, beraten und begleiten. Wann immer eine Geschichte eine neue Wendung nimmt oder überraschende Recherchehindernisse auftauchen, ist der Mentor da. Weiterlesen

Journalismus aus dem Vogelhaus

An der Brille, im Post-Paket oder im Röhrenfernseher: Immer häufiger setzen Journalisten bei der Recherche technische Geräte wie versteckte Kameras oder GPS-Tracker ein. Auch Mirko Mikelski und Christian Salewski setzen auf Gadget-based reporting. Sie berichten von ihren Erfahrungen und erklären, worauf man achten muss.  Weiterlesen

Mobile Reporting – eine Anleitung zum trimedialen Arbeiten mit dem Smartphone

Panel „Mobile Reporting – Trimedial arbeiten mit dem Smartphone” mit Marcus Bösch (Foto: Sebastian Stahlke)

Wie kann ich mit dem Smartphone Fotos, Audios und Videos aufnehmen? Welche Programme gibt es? Welche Schnittsoftware sollte ich verwenden? Marcus Bösch gibt Antworten.Marcus Bösch ist Mr. Mobile Reporting. Nach einem trimedialen Volontariat bei der Deutschen Welle arbeitet er als freier Redakteur, Autor und Dozent. Er ist Geschäftsführer des Game-Studios „The Good Evil“ und entwickelt News Games. Seine Empfehlungen in aller Kürze:

Die Voraussetzungen:

  • Externe Akkus verwenden und Batterien, um dauerhaft Energie zu haben
  • Strom checken
  • Internetempfang
  • Auf Datentarif achten
  • Zwei Smartphones sind besser als eines.

Die Qualität: Weiterlesen

„Glauben Sie nie dem Archivar“

Panel „Recherchen im Gestern – Wie man historische Themen anpackt“ mit Henning Sietz, Moderator Egmont R. Koch, Rosalia Romaniec und Ingolf Gritschneder (v.l.n.r., Foto: Sebastian Stahlke)

Wie wühlt man sich durch unsauber archivierte Akten, wie kommt man an Zeitzeugen? „Recherche im Gestern“ ist kein angestaubtes Thema, sondern aktuell und gefragt wie nie. Die freien Journalisten Ingolf Gritschneder, Rosalia Romaniec und Henning Sietz berichteten von ihren Recherchen zur Zeitgeschichte.

Fast wäre seine Recherche schon am Archivar gescheitert. „Alle zwei Jahre kommt ein Journalist und fragt danach. Haben wir aber nicht“, hieß es beim Staatsarchiv in München, in dem eigentlich Akten über ein Attentat auf Adenauer im Jahr 1952 lagern sollten. Henning Sietz, als freier Journalist vor allem für die FAZ und DIE ZEIT unterwegs, war in einer Jahreschronik auf eine Notiz über das Attentat gestolpert. „Man wusste nichts darüber und das hat natürlich mein Interesse geweckt“, erzählt Sietz.

Er wälzte alte Zeitungen. Die Berichterstattung über die für Adenauer bestimmte Paketbombe, die im Polizeipräsidium München beim Versuch der Entschärfung explodierte und den Sprengmeister in den Tod riss, war nur kurz ein Thema. Sietz suchte nach den Ermittlungsakten zum Fall. Doch im Staatsarchiv München konnte man ihm nicht helfen, auch aus dem Adenauer-Haus in Bonn kam zunächst nichts Verwertbares. Doch nachträglich trudelte ein Brief ein mit einem Dokument, auf dem der Name des damaligen Ermittlungsleiters stand. Sietz machte ihn ausfindig – und der wiederum wusste noch genau, wie er die Akte damals beschriftet hatte: nicht mit „Attentat auf Adenauer“, sondern mit „Vergehen gegen das Sprengstoffgesetz“. So kam Sietz doch noch an die Polizeiakte und machte aus dem Fall ein Buch. „Glauben Sie dem Archivar nie, wenn er sagt, dass er die Akte nicht hat“, resümiert Sietz. Im Staatsarchiv München treffe an manchem Tag gern mal ein ganzer Möbelwagen neuer Akten ein. „Die meisten Archivare können gar keinen Überblick über ihre riesigen Bestände haben.“ Weiterlesen

Die gefallenen Engel

Panel „Die Entlarvung des ADAC – Wie Journalisten einen Giganten stürzten“ mit Uwe Ritzer und Julia Stein (Foto: Benjamin Richter)

Sprach man in den letzten Jahren vom ADAC, so sprach man von einem Club mit 19 Millionen Mitgliedern. Knapp 25 Prozent der deutschen Bevölkerung also. Eine Marke, der man blind vertraute: Wenn der ADAC sagte, der Kindersitz sei sicher, dann war er das auch. Der Autoclub war wie Nivea, er brauchte keine Marketingstrategie. Wer mit dem Auto liegen blieb, konnte sicher sein, dass die Gelben Engel kommen und helfen.

Nach den Enthüllungen der letzten Monate ist dieses blinde Vertrauen in den ADAC deutlich erschüttert, sagen zwei Journalisten, die die Aufdeckungen ins Rollen gebracht haben. Auf der nr-Tagung in Hamburg erzählen Uwe Ritzer und Bastian Obermayer (beide Süddeutsche Zeitung) vom Beginn ihrer Recherchen, der Informantensuche und warum sie selbst mit der heftigen Reaktion der Medienöffentlichkeit nicht gerechnet haben. „Mit der ganzen Seite Drei der SZ war uns schon klar, dass die Geschichte Aufmerksamkeit bekommt. Aber es waren keine Breaking News, die dringend auf die erste Seite gehört hätten“, sagt Uwe Ritzer. Weiterlesen

Ein Leben in Heimlichkeiten

Panel „Von wegen normal! – Hitzlspergers Coming-Out in den Medien” mit Moritz Müller-Wirth, Moderatorin Caren Miosga, Carolin Emcke und Thomas Krüger (v.l.n.r., Foto: Raphael Hünerfauth)

Es war ein Sonntag, als der ehemalige Fußball-Nationalspieler Thomas Hitzlsperger den damaligen Feuilleton-Chef der ZEIT, Moritz Müller-Wirth, um ein Gespräch bat. Der Spieler, damals beim VfL Wolfsburg, offenbarte dem Journalisten an diesem Tag seine Homosexualität – und den Plan, sie irgendwann öffentlich machen zu wollen. Eine Wahnsinnsstory, auf die Medien seit Jahren gewartet hatten.

Müller-Wirth weiht seine Kollegin Carolin Emcke ein. Beide raten Hitzlsperger von einem öffentlichen Coming-Out ab. „Solange nicht geklärt war, ob er persönlich und professionell abgesichert ist, wollten wir das nicht publik machen“, sagt Müller-Wirth heute. In Großbritannien habe sich damals ein junger Spieler aus der Premier League zu seiner Homosexualität bekannt. „Er wurde anschließend so massiv gemobbt, dass er sich das Leben nahm“, begründet Emcke die Vorsicht. Weiterlesen